Mittwoch, 24. Januar 2018

Hat Davos noch Gestaltungsmacht?


Das Weltwirtschaftsforum in Davos steht dieses Jahr unter dem Motto "Für eine gemeinsame Zukunft in einer zerrütteten Welt". Ob die hier versammelten Schlüsselakteure aus Wirtschaft und Gesellschaft Gutes für die Zukunft des Planeten bewirken können, da sind sich Europas Journalisten uneinig. Eindeutig aber ist für sie: Seit den Anfängen von Davos hat sich so einiges verändert.
DAILY SABAH (TR)

Das Gemeinsame wird eher weniger

Das Motto des Gipfels wird sich nur schwer verwirklichen lassen, prophezeit Daily Sabah:
„Es ist schon paradox, wie ausgerechnet die aufstrebenden Wirtschaftsmächte, die aus dem Marktsozialismus kommen, sich die konventionellen und auf neoliberaler Integration fußenden Wirtschaftsideale von Davos zu eigen machen. Was auch immer die Weltmächte hier offiziell verlautbaren, die entscheidenden Wirtschaftsakteure wissen eines: Sie müssen ihre Konzerne auf eine Welt vorbereiten, in der es mehr Protektionismus geben wird, mehr Spannungen zwischen regionalen Blöcken, mehr Rivalität zwischen China und den USA, und ein komplexes Netzwerk wechselnder bilateraler Bündnisse. Eine gemeinsame Zukunft zu schaffen wird immer schwieriger.“
Sadık Ünay
Teilen auf
Zum Originalartikel
 
LA REPUBBLICA (IT)

Freihandel und Nationalismus gehen zusammen

Das Weltwirtschaftsforum lehrt, dass alte Gewissheiten in der heutigen Wirtschaftsordnung nicht länger gelten, so La Repubblica:
„Jahrzehntelang gab sich der Westen der Illusion hin, außerhalb freier politischer Systeme gebe es auch keine freie und florierende Wirtschaft. Aber gestern erschien Indiens Premier Narendra Modi in Davos mit einer anderen Philosophie. ... Hier kam [mit Modi] die größte Demokratie der Welt nach Davos - eine Demokratie, die in einer Weise in den Nationalismus abzudriften droht, dass die ganze Region alarmiert ist. Sie kommt und wirbt für einen freien Markt, für die Globalisierung. … Als Modi auf Hindi zu sprechen begann, griffen hunderte Hände hektisch [für die Übersetzung] nach ihren Kopfhörern. Eine Szene, die symbolisch für eine Welt steht, die nur schwer begreifen kann, dass ihr sicher geglaubtes Zentrum sich verliert.“
Tonia Mastrobuoni
Teilen auf
zur Homepage
 
LE TEMPS (CH)

Davos kann Weichen für die Zukunft stellen

Davos kann dabei helfen, zu einem neuen Gesellschaftsvertrag zu kommen, glaubt Stéphane Benoit-Godet, Chefredakteur von Le Temps:
„Viele hatten gehofft, dass die Technologie ein neues Paradigma schafft: dass Wissen allen zur Verfügung steht. Dieses Projekt ist gescheitert. Die Technologie ist nicht mehr die Lösung, sondern ein weiteres Problem. Die Firmen, die die Welt der Innovationen bestimmen, zwingen ihre Mitglieder zum Konsens, fördern den suchthaften Konsum ihrer Produkte, stören die Debatte. ... Wie bündelt man also die Energien, um zu einer nachhaltigen Entwicklung zu kommen, die die individuellen Freiheiten respektiert? ... Es ist Zeit für einen neuen Gesellschaftsvertrag. Und Davos ist einer der Orte, wo dieser definiert wird.“
Stéphane Benoit-Godet
Teilen auf
Zum Originalartikel

Keine Kommentare: