Samstag, 24. April 2021

Robert Habeck

 https://www.zeit.de/2021/17/robert-habeck-gruene-bundestagswahl-klimapolitik-corona/komplettansicht


In dem Interview hat Habeck meiner Meinung nach mehrmals der Versuchung widerstanden, in Fettnäpfchen zu treten. Was er gesagt hat, scheint mir auch in Kenntnis, dass die Entscheidung so lange vorher getroffen war, schlicht sehr nahe an dem, was ich annehme, was er gegenwärtig denken muss.
Ich persönlich wäre auf die rhetorische Frage hin: "Ist es nicht am Ende doch bei Ihnen und der CDU ein ähnlicher Prozess gewesen, dass da nämlich zwei Züge aufeinander zugerast sind?" völlig außerstande gewesen, nicht daran zu erinnern, dass dass die Interviewerinnen selbst seinen Satz zitiert hatten: "Wenn Annalena Baerbock den Anspruch als Frau erhebt, dann wird sie es." Das sei doch genug Beweis dafür, dass er die Weiche, dass es nicht zum Zusammenstoß kommen könne, bereits gestellt gehabt habe. 
Statt dessen sagt er: "wenn eine schwierige Entscheidung getroffen ist, hängt es in der Tat wesentlich daran, ob derjenige, der es nicht geschafft hat, die Entscheidung mitträgt. Das ist die Grundlage für Einvernehmen auch in schwierigen politischen Prozessen". Ob das ein Vorwurf gegen Baerbock war, wissen vielleicht nur die beiden. Dann brauchte er die Schweigepause, um ihr etwas reinzuwürgen. Wenn's das nicht war, hat er die Zeit vielleicht gebraucht, um sich immer wieder zu sagen: "Mach jetzt nicht den Besserwisser!"

Donnerstag, 22. April 2021

euro|topics: Klimawandel: Weltpolitik mit neuem Ehrgeiz?

 

Zum Tag der Erde am 22. April warten dieses Jahr mehrere weltpolitische Schwergewichte mit ambitionierten Ankündigungen auf. Bis 2030 will die EU beim CO2-Ausstoß nun 55 Prozent statt 40 Prozent gegenüber 1990 einsparen, und US-Präsident Biden hat 40 Staats- und Regierungschefs zu einem Klimagipfel eingeladen, um mit globalen Emissionszielen nachzulegen. Für Europas Presse braucht es aber noch mehr.

MILLIYET (TR)

Es geht nur gemeinsam

Die Erklärung der USA und Chinas, zur Bekämpfung des Klimawandels zusammenarbeiten zu wollen, ist ein Meilenstein, jubelt Milliyet:

„Seit Joe Biden zum neuen Präsidenten der USA gewählt wurde, färbte sich nicht nur das Weiße Haus grün. China ist sofort auf den Zug mit aufgesprungen. ... Noch wichtiger ist, dass die beiden Länder nun zusammen agieren. Denn das, was die Länder allein zur Bekämpfung der Klimakrise tun können, ist sehr begrenzt. Dieser Kampf hat nur Sinn, wenn er global stattfindet. ... Kurz gesagt, ob Sie es glauben oder nicht: Die Dinge ändern sich radikal. Umweltpolitik beginnt die Welt zu dominieren.“

Verda Özer
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IRISH EXAMINER (IE)

Gefährlicher als die Pandemie

Der Kampf gegen den Klimawandel sollte genau so forsch wie der gegen Covid betrieben werden, findet Irish Examiner:

„Wenn wir unsere Reaktion auf die Pandemie als Mikrokosmos für eine Antwort auf den Klima-Kollaps betrachten, dann können wir eine Menge lernen. Wir haben schnell und entschieden reagiert, aber das Ausmaß des Klimawandels ist für uns nicht nachvollziehbar und so stecken wir hier immer noch in der Phase vor den Masken und dem Lockdown. Mehr als drei Millionen Menschen sind wegen Covid-19 gestorben, aber viele, viele Menschenleben mehr stehen wegen des Klima-Kollapses auf dem Spiel. Wir müssen auf diese Zahlen und die großen, aber ungleich verteilten Gefahren angemessen reagieren. Schließlich gibt es keinen Impfstoff gegen den Klimakollaps.“

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DE STANDAARD (BE)

Mut zu konkreten Maßnahmen, bitte!

Schöne Worte und ferne Zielwerte sind nicht genug, murrt De Standaard:

„Wenn die Weltführer es ernst meinten mit dem Klimaschutz, könnten sie vereinbaren, sich gemeinsam für eine globale CO2-Steuer einzusetzen. Am besten verbunden mit einer CO2-Grenzsteuer für diejenigen, die nicht mitmachen wollen. ... Aber außer der EU will das keiner. Sowohl Xi Jinping als auch Bidens Klimapapst John Kerry sprachen sich dagegen aus. Dennoch: Wenn die großen Drei sich darauf einigen könnten, müsste der Rest der Welt folgen. Für so eine Absprache braucht man keinen zweitätigen Klimagipfel. Fünf Minuten politischer Mut reichen aus. “

Ruben Mooijman
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PÚBLICO (PT)

Soziale Verträglichkeit nicht vergessen

Pedro Marques, EU-Abgeordneter der portugiesischen Sozialisten, mahnt in Público:

„Es ist wichtig zu erkennen, dass dieser Klimawandel anspruchsvolle Veränderungen mit sich bringt, die brutale Auswirkungen auf das Leben der Menschen haben werden. ... In Portugal beispielsweise können wir durch die Schließung des Wärmekraftwerks in Sines verstehen, worum es geht. Wenn dieser Übergang nicht fair ist, besteht das ernsthafte Risiko, dass er nicht stattfindet, wie dies in Frankreich mit den Gelbwesten der Fall ist. Deshalb müssen wir weniger wohlhabende Familien unterstützen, solide soziale Antworten in den betroffenen Gebieten schaffen und neue Investitionen und Arbeitsplätze fördern. Grüne Arbeitsplätze sollten die Regel sein.“

Pedro Marques
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NRC HANDELSBLAD (NL)

Zurück zur alten Normalität

Die Niederlande untersuchen seit Februar in Feldversuchen, wie Menschenansammlungen trotz Pandemie ermöglicht werden können. Dass zu diesen "Fieldlab Events" auch Urlaubsreisen nach Rhodos und Gran Canaria gehören, stimmt Floor Rusman in ihrer Kolumne in NRC Handelsblad nicht gerade optimistisch:

„Die alte Normalität, als Urlaub selbstverständlich bedeutete, in die Sonne zu fliegen. Unterdessen werden die Niederlande selbst zum Sonnenland, denn die Erwärmung der Erde setzt sich fort. ... Der Staat hat die Chance verpasst, ein Statement zu setzen. Man hätte sagen können: Der erste Fieldlab-Urlaub geht mit einem Elektro-Bus in die Eifel, auch ein Super-Urlaubsziel! Nur: Der Staat will gar nicht, dass wir weniger fliegen. Sonst hätte er ja auch in etwas anderes investiert als in eine Fluggesellschaft.“

Floor Rusman
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Donnerstag, 15. April 2021

euro|topics: Afghanistan: Die US-Truppen gehen, die Angst bleibt

 

US-Präsident Joe Biden verschiebt den endgültigen Abzug der US-Truppen aus Afghanistan. Sein Vorgänger Trump hatte mit den Taliban den 1. Mai 2021 als Frist vereinbart. Diese ersetzt Biden nun durch den 11. September - 20. Jahrestag der Terroranschläge von New York und Washington. Ein Datum mit Symbolkraft – das aber nicht über das Scheitern des Westens in Afghanistan hinwegtäuschen kann, wie Kommentatoren erklären.

TVXS (GR)

Es gibt noch Tausende Bin Ladens

Für den EU-Abgeordneten Stelios Kouloglou (Syriza) steht der US-Abzug für das Scheitern der Nahost-Politik der USA. Er schreibt auf Tvxs:

„Wir feiern Bin Ladens Ermordung und vergessen dabei, dass sich Tausende von Bin Ladens in der Nachbarschaft befinden. … Übrig bleibt eine kleine Truppe, die die US-Botschaft bewacht. Alles, was sie tun kann, falls die Taliban die Hauptstadt besetzen, ist, die Botschaft mit einem Hubschrauber zu evakuieren, wie 1975 in Saigon. Trump hatte zuvor eine Einigung mit den Taliban erzielt, ein weiterer Beweis für ihre Macht. Nach der Ankündigung der leichten Verzögerung des Abzugs [Trump hatte einen Abzug im Mai in Aussicht gestellt] drohen sie sogar, den Waffenstillstand nicht einzuhalten und nicht an der bevorstehenden Friedenskonferenz in Istanbul teilzunehmen, die von Erdoğan veranstaltet wird.“

Stelios Kouloglou
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LE FIGARO (FR)

Zurück in die Steinzeit, auf in den nächsten Krieg

Das Scheitern Washingtons und der Nato überlässt das Feld den Taliban, bedauert Le Figaro:

„Von den westlichen Einsatzkräften befreit, werden sie das Land sicher bald wieder unter ihre Kontrolle bringen und die Menschenrechte - insbesondere die der Frauen - in die Steinzeit zurückkatapultieren. ... Diese Niederlage ist auch unsere - nämlich die der Nato, unter deren Flagge Frankreich vor seinem Rückzug 2012 bis zu 4.000 Soldaten einsetzte. Und sie bereitet den nächsten Afghanistan-Krieg vor: einen Bürgerkrieg zwischen lokalen Machthabern, die bereits ihre Privatarmeen in Stellung bringen, und einen ferngesteuerten Antiterrorkrieg mit Drohnen. ... Wie bereits der Rückzug aus dem Irak 2012 gezeigt hat, verabscheut die Region das Vakuum. Zumindest dürfte der Westen für eine gewisse Zeit vom naiven Traum eines Demokratieexports geheilt sein.“

Philippe Gélie
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DAGENS NYHETER (SE)

Taliban werden keine Stabilität schaffen

Einen Teufelskreis nach dem Abzug fürchtet Dagens Nyheter:

„Die Taliban sind kaum eine monolithische Organisation. Wenn der äußere Feind verschwindet, könnten die Fraktionen sich gegenseitig bekämpfen. Warlords, die auf Geographie, ethnische Minderheiten oder Clans angewiesen sind, werden ihre eigenen Ambitionen haben. Als die sowjetische Besatzung Ende der 1980er Jahre endete, ließ die westliche Welt Afghanistan alleine. Im Ergebnis wurde es zum Todesreich der Taliban. Wenn die US- und Nato-Streitkräfte das Land verlassen, müssen irgendwie neue Mittel gesucht werden, um es zu unterstützen und aufzubauen. Andernfalls entsteht ein weiterer Teufelskreis.“

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LA REPUBBLICA (IT)

Terrorismus muss heute anders bekämpft werden

Für die USA ist offenbar das Ende einer Ära gekommen, in der der Krieg gegen den Terror geografisch eingegrenzt schien, analysiert Kolumnist Paolo Garimberti in La Repubblica:

„[Der US-Einmarsch] war die Antwort auf den 11. September, basierend auf der Überzeugung, dass die Taliban in Afghanistan das Zentrum waren, von dem aus der dschihadistische Angriff auf den Westen ausging. ... Biden sagt, dass diese Strategie keinen Sinn mehr hat. Nicht nur, weil es andere Bedrohungen gibt, etwa durch China und Russland. Sondern auch, weil eine neue Phase im Kampf gegen den dschihadistischen Terrorismus eingeleitet werden muss. ... Was von Al-Qaida oder der IS-Miliz übrig geblieben ist, ist zwischen Asien und Afrika verstreut und stellt neue Herausforderungen dar, denen mit traditionellen Armeen und klassischen Kriegen nicht begegnet werden kann.“

Paolo Garimberti
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