Mittwoch, 24. Januar 2018

Besorgnis über türkische Offensive in Syrien

Nach ihrem Einmarsch in Nordwestsyrien stoßen die türkischen Truppen auf Gegenwehr der Kurdenmiliz YPG. Tausende Menschen sind bereits vor der Militäroffensive geflohen, Hunderttausende sitzen jedoch in Afrin fest. Der UN-Sicherheitsrat hatte sich nicht zu einer Erklärung zu der Offensive durchringen können. Europas Kommentatoren zeigen sich angesichts der Ereignisse regelrecht fassungslos.
THE INDEPENDENT (GB)

Gefährliche Arroganz

Der Angriff auf die syrischen Kurden ist in jeder Hinsicht kontraproduktiv, schimpft The Independent:
„Die türkische Invasion in Syrien wird mit Sicherheit zu mehr Gewalt führen: gegen türkische Zivilisten im Inland und gegen türkische Streitkräfte im In- und Ausland. Ankara unterliegt dem Irrglauben, dass die Kurdenfrage mit Gewalt und im Zusammenspiel mit fragwürdigen Partnern gelöst werden kann - ganz gleich, wie groß die Auswirkungen auf die langfristigen Beziehungen zur Nato und den USA sind. Das als Hasardspiel Erdoğans zu bezeichnen, wäre noch zu schmeichelhaft, weil es ihm rationales Handeln unterstellen würde. Tatsächlich handelt es sich bei seinem Vorgehen um einen gefährlichen Akt der Arroganz, der an Hirnlosigkeit grenzt.“
Zum Originalartikel
Teilen auf
VEČERNJI LIST (HR)

Greift Erdoğan mit Putins Erlaubnis an?

Perplex zeigt sich Večernji list angesichts türkischer Medienberichte, wonach sich Ankara vor dem Einmarsch die Erlaubnis des Kreml holte:
„Alternative Medien in der Türkei schrieben vor der Offensive auf Afrin, dass die Operation schon lange geplant war und Präsident Erdoğan offen drohte, die 'Terroristen in diesem Teil Syriens dem Erdboden gleich machen zu wollen'. Laut türkischen Experten wartete Ankara nur auf grünes Licht aus Moskau, um die gut geplante Operation zu starten. Als Beweis nennen sie den Überraschungsbesuch des türkischen Stabschefs und Geheimdienstchefs in Moskau, bei dem die Offensive auf Afrin Thema war. Es scheint höchst bizarr, dass der Chef der zweitgrößten Nato-Armee zu Konsultationen nach Moskau reist und dies wegen des Starts einer Operation in einem Drittland.“
Marina Šerić
Teilen auf
zur Homepage
TAGESSCHAU.DE (DE)

Deutsche Panzer haben in Syrien nichts zu suchen

Dass die Türkei offenbar deutsche Panzer gegen die Kurden einsetzt, findet tagesschau.de schwer erträglich:
„Rüstungslieferungen an Nato- und EU-Länder galten bisher als weitgehend unproblematisch. Schließlich versteht sich die Nato als eine Wertegemeinschaft. Doch die türkische Militärintervention zeigt einmal mehr, dass die Vorstellungen, was Recht und was Unrecht ist, auch im westlichen Bündnis sehr weit auseinandergehen. ... [F]ür solche völkerrechtswidrigen Offensiv-Operationen waren die Waffenlieferungen nicht gedacht. Doch die Bundesregierung ist machtlos und muss nun tatenlos zusehen, wie mit deutschen Waffen der Syrien-Konflikt weiter eskaliert. .... Rüstungsexporte müssen noch stärker als bisher hinterfragt werden - auch Lieferungen an Nato-Länder.“
Andreas Flocken
Teilen auf
Zum Originalartikel

"Recep Erdogan hat wohl so viel für eine freidliche Lösung des Kurdenkonflikts getan wie kein anderer Regierungschef vor ihm." (Zitat aus der FAZ von 2013)

Das sollten wir nicht vergessen, auch wenn der Gedanke unerträglich erscheint, dass eine Verstärkung der deutschen Leopard 2 Panzer, die an die Türkei geliefert wurden, in den Koalitionsgesprächen nicht ausdrücklich ausgeschlossen werden könnte.

Keine Kommentare: