Dienstag, 30. November 2021

euro|topics: Omikron: Braucht es neue Corona-Strategien?

 

Mehrere Staaten haben mit Reisebeschränkungen darauf reagiert, dass die neue Corona-Variante Omikron auch in Europa nachgewiesen wurde. Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC fürchtet, dass die bisherigen Vakzine gegen Omikron deutlich weniger wirksam sein könnten. Noch ist aber wenig über die Mutation bekannt. Europas Presse schwankt zwischen Entschlossenheit und Fatalismus.

LA STAMPA (IT)

Die Spielräume existieren

Wenn wir dem Virus nicht hinterherlaufen wollen, müssen wir vorausschauend handeln, mahnt die Virologin Antonella Viola in La Stampa:

„Indem wir zum Beispiel aus einer globalen Perspektive heraus beurteilen, wie die uns zur Verfügung stehenden Impfstoffe am besten eingesetzt werden können, das heißt, ob es dringender ist, die 20-Jährigen in Europa mit drei Dosen zu impfen oder dafür zu sorgen, dass das Virus weniger in der Welt zirkuliert. Oder indem wir um eine vorübergehende Aussetzung von Patenten bitten, damit wir mehr produzieren und alle Bedürfnisse ohne allzu viele Kompromisse befriedigen können. Oder indem wir die Militärausgaben für Solidarität verwenden und Impfstoffe für diejenigen kaufen, die sie sich nicht leisten können, statt neuer Waffen.“

Antonella Viola
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DE VOLKSKRANT (NL)

Zuviel für einen Gesundheitsminister allein

Es braucht endlich Maßnahmen, die der Dimension der Pandemie gerecht werden, fordert De Volkskrant:

„Wir brauchen eine Anstrengung vergleichbar mit den Deltawerken [riesige Hochwasserschutzanlagen]. Zunächst muss die Kapazität auf den Intensivstationen stark erhöht werden, um zu verhindern, dass die Niederlande jedes Mal zu schnell in den Lockdown müssen. ... Wir brauchen unkonventionelle Maßnahmen. Das ist teuer, aber das sind die Lockdowns auch. ... Wahrscheinlich gelingt das nur, indem man Sonderbeauftragte mit deutlichen Zuständigkeiten anstellt und weitgehenden Vollmachten, die außerhalb der existierenden Entscheidungsstrukturen arbeiten können.“

Pieter Klok
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SÜDDEUTSCHE ZEITUNG (DE)

Moralisches Versagen der Reichen

Es ist kein Zufall, dass die neue Corona-Variante ausgerechnet im südlichen Afrika auftaucht, empört sich die Süddeutsche Zeitung:

„Seit Monaten redet der reiche Norden von globaler Solidarität, davon, dass die Pandemie erst vorbei sei, wenn sie überall besiegt ist. In Subsahara-Afrika sind aber nach wie vor erst wenig mehr als fünf Prozent der Menschen geimpft ... . [D]ie niedrige Impfquote [liegt vor allem] daran, dass die reichen Länder die Dosen lange gehortet haben, und die armen wenig bis nichts abbekamen. ... Es ist ein moralisches Versagen von Gesellschaften, die anderen so oft schulmeisterlich sagen, was sie falsch machen. Hätte Südafrika früher genug Impfstoffe bekommen, wäre die Mutante möglicherweise nicht entstanden.“

Bernd Dörries
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NOVI LIST (HR)

Alles zurück auf Anfang

Jetzt braucht es Vorsicht und mehr Informationen, schreibt Novi list:

„Werden die Staaten wieder massenhaft Lockdowns und Restriktionen starten müssen, wie im Frühling vergangenen Jahres, als sie aus Angst vor dem Unbekannten keinen anderen Ausweg sahen? Diese Frage treibt im Moment nicht nur die Bürger um, sondern auch Experten und Politiker. Noch weiß niemand, welche gesundheitlichen Folgen Omikron hervorruft, da die Wissenschaftler noch nicht genügend Informationen haben. ... So lange man das nicht herausfindet, ist die Vorsicht der Experten und Mediziner - die die Maßnahmen gegen die neue Virusvariante verstärken - vollkommen gerechtfertigt.“

Branko Podgornik
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KARAR (TR)

Gift für die Wirtschaft

Schon die ersten Meldungen über Omikron haben der Wirtschaft deutlichen Schaden zugefügt, beobachtet Karar:

„Allein die Möglichkeit neuer Lockdown-Maßnahmen sorgte dafür, dass der Ölpreis an einem Tag um zehn Prozent fiel. Die Erwartung, dass das Verbrauchervertrauen mit der Verschärfung der Epidemie sinkt, die Produktion verlangsamt wird und damit die Energienachfrage sinkt, haben diesen Preisrückgang verursacht. ... Können diese Erwartungen Wirklichkeit werden? Den ersten Verlautbarungen nach zu urteilen ist die Lage nicht rosig. Es ist als wären wir in einem Teufelskreis: Die Impfquote nimmt zu, die Epidemie verlangsamt sich. Doch während sich die Räder der Volkswirtschaften wieder zu drehen beginnen und wir von Normalisierung reden, taucht eine neue Variante auf und wir fangen wieder von vorne an.“

Oğuz Demir
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Donnerstag, 25. November 2021

euro|topics: Was Europa vom Ampel-Koalitionsvertrag hält

 

In Deutschland hat die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Er beinhaltet unter anderem die Erhöhung des Mindestlohns und die Beschleunigung des Kohleausstiegs. Außerdem soll die gesetzliche Rente künftig auch über den Kapitalmarkt finanziert werden. Europas Presse erörtert, was von der neuen Regierung zu erwarten ist.

OUEST-FRANCE (FR)

Neues Gleichgewicht

Ouest-France sieht den neuen Koalitionsvertrag als gute Basis für die europäische Zusammenarbeit:

„Was Europafragen betrifft, wird der am Mittwoch veröffentlichte Koalitionsvertrag das Lager von Emmanuel Macron zufriedenstellen, da die neue Koalition einige französische Ideen teilt. Transnationale Listen bei den Europawahlen, ein Initiativrecht des Europäischen Parlaments, Reformen auf Grundlage der Konferenz zur Zukunft Europas, Achtung der Rechtsstaatlichkeit. Die neue Regierung ist bereit, Vertragsänderungen vorzunehmen und die strategische Souveränität Europas voranzubringen. Die Vorbehalte der CDU gegenüber vielen dieser Themen scheinen überwunden zu sein - zumindest auf dem Papier.“

Laurent Marchand
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EL MUNDO (ES)

Kommt wieder diese orthodoxe Sparpolitik?

El Mundo macht Christian Lindner als Finanzminister Sorgen:

„Die deutsche Politik zeichnet sich seit langem durch einen Pragmatismus aus, der es ihr nicht nur ermöglicht, solide Koalitionen zwischen Parteien aus sehr unterschiedlichen Spektren zu schmieden, sondern auch ihre Regierungen mit außergewöhnlicher Stabilität und Effizienz auszustatten. ... Der Schlüssel dazu ist das Finanzministerium, das der Vorsitzende der Liberalen, Christian Lindner, übernehmen wird. Dies ist eine Botschaft an die EU-27 als Ganzes: Es ist an der Zeit, über eine Rückkehr zur wirtschaftlichen Orthodoxie nachzudenken. Im [spanischen Regierungssitz] Moncloa gibt es Grund zur Sorge.“

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THE SPECTATOR (GB)

Auf die Kriechspur verbannt

Die neue Regierung wird Deutschland nicht die Wirtschaftsreformen bringen, die das Land so dringend braucht, fürchtet The Spectator:

„Wir sind an das Klischee gewöhnt, dass Deutschland führende Kraft der Eurozone mit der mächtigsten Wirtschaft sei. ... Und doch ist diese Ansicht zunehmend veraltet. Deutschland droht, zur schwächsten der großen Volkswirtschaften des Blocks zu werden. Dabei wird sich die Macht unweigerlich von Berlin nach Paris und Rom verlagern. Früher oder später werden die Deutschen einen Kanzler wählen, der die Wirtschaft reformiert und wieder in Gang bringt. Olaf Scholz wird das nicht sein - und auch nicht die zänkische Koalition, die er vorgestellt hat. Sie wird das Land auf die Kriechspur verbannen.“

Matthew Lynn
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LA REPUBBLICA (IT)

Historische Schuld hinter sich lassen

Berlin muss vor allem geopolitisch mehr Farbe bekennen, fordert La Repubblica:

„Es sollte die Aufgabe Deutschlands sein, über die Schattenlinie der historischen Schuld zu springen, indem es ein halbes Jahrhundert 'unantastbaren' Pazifismus zu den Akten legt. Und die Führung eines Europas übernimmt, das seine Aufgabe in einer Welt neu definieren muss, die sich von der Welt nach dem Zweiten Weltkrieg völlig unterscheidet. … Vor allem kann sich die künftige deutsche Regierung nicht darauf beschränken, als unflexibler Hüter der europäischen Verträge im Namen der Wirtschaft aufzutreten, wenn doch das Schicksal Europas heute unwiderruflich vom Primat der Geopolitik abzuhängen scheint.“

Angelo Bolaffi
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JUTARNJI LIST (HR)

Durch Krisen beschleunigt

Jutarnji list begrüßt die schnellen Verhandlungen und erinnert an die verschiedenen Probleme, mit denen sich Europa konfrontiert sieht:

„Die Krise des Gesundheitswesens tobt durch Europa und droht mit einem neuen Schlag gegen die Wirtschaft. Eine geschäftsführende Regierung hat da nur begrenzte Befugnisse. Der Winter klopft an die Tür und die Energie-Lage in Europa ist bedroht. ... Wladimir Putin rasselt mit den Waffen an der ukrainischen Grenze und spielt Psychokrieg mit den USA, während Europa beobachtet und nicht weiss, was tun. ... Paris und Rom wollen die Schuldengrenze auf 100 Prozent des Bruttoinlandsproduktes anheben. Und die deutsche Ampel-Koalition einigte sich, Verschuldung auf lokalem Niveau zu stoppen. Es gibt keine Zeit zu verlieren.“

Željko Trkanjec
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