Dienstag, 22. Dezember 2009

Was man von Medienmeldungen zu halten hat

Es war klar, mit der Konjunktur würde es aufgrund der Finanzkrise bergab gehen.
Die Politik steuerte energisch gegen. Leider nicht mit Investitionen oder mit der Förderung umweltfreundlicher Autos, sondern mit der Abwrackprämie, die die Konjunkturflaute etwas nach hinten verschob. Immerhin das Ärgste war durch Bankenrettung und Konjunkturmaßnahmen verläufig abgewndet.
Dann kamen die Jubelmeldungen: Banken wieder in Form, können Boni zahlen, Expertenstimmung geht ständig aufwärts. Es folgte die Wahl und trotz des schreckerregend unsinnigen Programms der Steuerverschwendung für die FDP-Klientel, das die Schulden vergrößert und die Zukunftsaussichten noch schwärzer erscheinen lässt, kamen die stolzen Meldungen vom Weihnachtsgeschäft: Volle Zufriedenheit.
Wenn die Konsumenten gegen jede Voraussicht ein Jahr lang alles getan haben, die Konjunktur zu stützen, müssen sie wenigstens nach Weihnachten wieder Luft zu holen versuchen. So deutet die Vorausschau der Gesellschaft für Konsumforschung einen Rückgang um drei Zehntelpunkte an.
Die Meldung dazu lautet: Sparsame Konsumenten würgen Aufschwung ab.
"Traue keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast!" Leider stammt die Aussage nicht von Churchill, aber auch die Behauptung, Goebbels habe ihm den Ausspruch zugeschrieben ist nicht belegt. Trotzdem geht beides weiter fleißig durch die Medienwelt.

Dienstag, 15. Dezember 2009

FDP für mehr Polizeirechte

Liberal war einmal. Jetzt ist die hessische FDP im Zuge des Bündnsses Hahn-Koch für mehr Polizeirechte und weniger Datenschutz.

Dienstag, 8. Dezember 2009

Klimakriege

Nicht nur in Darfur zeigen sich schon die Auswirkungen des Klimawandels in rücksichtsloser Beseitigung derer, die einen am Zugang zu Wasser, Land und Ressourcen behindern.
Welzer weist auch auf Europa hin:
Zur Kategorie der falschen Alternativen zählt zweifellos auch die Frage, ob man die zahlreicher werdenden Umwelt- und Klimaflüchtlinge in Drittländern zwischenlagern oder im Meer ertrinken lassen soll; hier entfalten die Sachzwänge ihre totalitäre Logik, und es ist deutlich auszusprechen, dass diese Menschen zurückgeschickt werden oder sterben, weil man in den Schengenländern übereingekommen ist, dass man sie nicht haben will. Das ist keine moralische Aussage, sondern eine empirische. Wenn man bei sicherheitspolitischen Entscheidungen für einen solchen Umgang mit Menschen keine moralischen Dissonanzen verspürt, kann man ohne weiteres dabei bleiben, sie nicht hereinzulassen.

Harald Welzer: Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird, Bonn 2008, S.262f.

Sonntag, 29. November 2009

Bundeswehr

Arbeitsminister Franz Josef Jung musste wegen seiner Leistungen als Verteidigungsminister zurücktreten, die im Verschweigen dessen, was die Öffentlichkeit hätte wissen sollen, bestand. Dabei ist seine bundespolitische Karriere doch gerade auf seinen Leistungen in diesem Fach aufgebaut. Denn wie wäre die CDU-Spendenaffäre für Roland Koch ausgegangen, wenn Jung gesagt hätte, was er über Kochs Rolle in dieser Affäre wusste!
1966 schrieb Heinrich Böll in seinem "Brief an einen jungen Nichtkatholiken" (er war an Günter Wallraff gerichtet) noch davon, wie "schändlich" es sei, wenn Katholiken das Fliegen junger Piloten mit dem Starfighter rechtfertigen.
Und er lobte die "großartigen Theologen" Rahner, Ratzinger und Küng, doch deren Theologie könne auf deutschem Boden nicht Wurzeln fassen, so lange dieser "mit politischem Gehorsam gedüngt" sei.
Wie klingt seine Klage heute, wo der "großartige" Theologe Papst geworden ist und katholische Verteidigungsminister kriegsähnliche Zustände am Hindukusch rechtfertigen.
Dabei sollte doch durch die Studentenbewegung von 1968, das Ende des CDU-Staates und die erste erfolgreiche deutsche Revolution von 1989/90 so vieles sich zu mehr Freiheitlichkeit und mehr Partizipation verändert haben.

Sonntag, 18. Oktober 2009

Links

Atomkraft macht Klimakiller billiger (Da die Emissionszertifikate im Überschuss vorliegen werden, sinken die Preise dafür. Es gibt keinen Anreiz mehr CO2 einzusparen.)


Budesbankpräsident Weber warnt vor ungerechtfertigten Geldausschüttungrn der Banken.


MOGiS

Diskussion über Löschung von Wikipediaartikel zu MOGiS


Kritiker der Wikipedia sind aufgerufen, bei der Anarchopedia mitzuarbeiten.

Was ist Wissenschaftlichkeit?

Samstag, 10. Oktober 2009

Obamas Todesurteil?

Große amerikanische Präsidenten leben gefährlich. Abraham Lincoln und John F. Kennedy wurden ermordet. Schwarze Amerikaner, die für Bürgerrechte eintreten, leben gefährlich. Martin Luther King wurde ermordet.
Zwei Jahre vor seiner Ermordung wurde Martin Luther King mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Ich gebe zu, mein erster Gedanke war nur Überraschung, als ich von der Auszeichnung hörte. Dann folgten Ungläubigkeit und Genugtuung. Konnte wirklich wahr sein, dass Obama, auf dem so viele Erwartungen ruhen und dem Schritt für Schritt mehr in den Weg gelegt wird, so dass seine Ziele immer noch schwerer erreichbar scheinen, dass dieser vom Scheitern Bedrohte ausgezeichnet wurde? Wofür eigentlich? Doch nur für sein Wollen. Nur für die unglaubliche Energieleistung, aus dem verhassten Weltdiktator USA wieder einen Sympathieträger zu machen.
Und dann die Genugtuung: Ja, auch wenn seine Gesundheitsreform zunächst nicht durchkommen wird, obwohl die Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung die Ziele befürwortet, obwohl viele seiner Anhänger von ihm abfallen, weil er nicht in einem halben Jahr gut machen konnte, was in acht Jahren Bush-Herrschaft verdorben wurde, sein Einsatz wird anerkannt.
Erst als ich die die Welle von Hohn und Hass, die durch die Preisverleihung ausgelöst wurde, wahrnahm, wurde mir klar, welche Gefahr mit diesem Preis sich enorm vergößert hat.
Dass seine Dankesrede herausstellen würde, dass die Verleihung für ihn überraschend sei und er das Gefühl habe, sie nicht verdient zu haben, war zu erwarten. Denn es war klar, dass das die Meinung sehr vieler Menschen, wenn nicht die der Mehrheit sein werde. Dass er die Verleihung als verstärkte Herausforderung an alle sehe, sich den Weltproblemen zu stellen, liegt in der Logik der vielen Reden, in denen er betont, dass nur gemeinsame Anstrengung aller Parteien die Lösung näher bringen könne.
Es fällt aber auf, wie oft der versierte Redner bei seinem kurzen Statement auf sein Manuskript sah. Natürlich muss er seine Worte wägen; aber im Grunde liegt das, was er zu sagen hat, doch auf der Linie dessen, was er immer und immer wieder vertreten hat. Warum diese Unsicherheit?
Michelle und Barack Obama kennen die amerikanische Geschichte und die amerikanische Gegenwartssituation weit besser als ich. Michelle hat schon früh - recht sachlich - von dem hohen Attentatsrisiko gesprochen, dem er sich mit seiner Kandidatur für die Präsidentschaft aussetzte. Sie wussten weit besser als ich, welcher Hass ihnen entgegenschlägt.
Diese kurze Rede Obamas kam von einem Mann, der sich klar war, dass seine Überlebenschance durch diese Entscheidung eines norwegischen Komitees weiter verringert wurde, der aber die Chance, dass die Entscheidung die Verwirklichung mancher seiner Ziele erleichtern könnte, unbedingt nutzen will.
In den USA überleben manche zum Tode Verurteilte ihr Urteil um Jahrzehnte. Obama hat eine reelle Chance, noch lange für seine ehrgeizigen Ziele arbeiten zu können.

Sonntag, 27. September 2009

Bundestagswahlergebnis 2009

Vorläufig festzuhalten: Die größten Stimmengewinne liegen bei der FDP, bei der Partei, deren Strategie in die Finanzkrise geführt hat.
FDP und CDU/CSU haben zusammen vermutlich 48,4% der Stimmen, die abgegeben wurden, erhalten. Das sind bei einer progostizierten Wahlbeteiligung von 72% rund 35% der Wahlberechtigten. Das ist eine klarere Legitimation für eine schwarz-gelbe Regierung, als sie üblicherweise in denmokratisch regierten Ländern von der Regierung erreicht wird.
Das Ergebnis ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass viele frühere SPD-Wähler von der wenig sozialen Politik der SPD in der zweiten Amtsperiode der Regierung abgeschreckt worden sind und dass die SPD noch immer ihr Vertrauen nicht wieder gewonnen hat. Man darf annehmen, bei vielen eher im Gegenteil.
Das Ergebnis ist auch darauf zurückzuführen, dass viele Wähler mit der Großen Koalition unzufrieden waren und wieder klarere Fronten wünschten. Das darf man gewiss von den Wählern annehmen, die mit der Erststimme eine Unionspartei und mit der Zweitstimme FDP wählten, aber sicher auch bei den Wählern der Linken und wohl auch bei vielen der Grünen.
Ich teile nicht die Hoffnung derer, die glauben, dass die Politik, die uns mit Schwarz-Gelb bevorsteht (nicht zu Unrecht Warnfarben), bei der Mehrheit der Wahlberechtigten zur Einsicht führen wird, dass bei dieser Wahl die falsche Entscheidung getroffen wurde. Wenn das so einfach wäre, hätte die Finanzkrise nicht zu einer Zunahme der FDP-Stimmen geführt.
Allerdings bin ich der Meinung, dass die Zeit gekommen ist, wo man in Diskussionen deutlicher, als die meisten von uns es bisher getan haben, darauf hinweist, für wessen Interessen die jeweiligen Regierungsentscheidungen gut sind und wofür nicht.

Ich sehe eine Zunahme der Arbeitslosigkeit und parallel einen Anstieg der Börsenkurse voraus. Daneben befürchte ich eine ganze Reihe von Fehlentscheidungen. So ist zu befürchten, dass das deutsche Engagement für Regelungen, die kommende Finanzkrisen unwahrscheinlicher machen und die Fehlentwicklungen zumindest abschwächen noch eiter rzurückgehen.
Allerdings hat es in der deutschen Geschichte schon weit schlimmere Wahlentscheidungen gegeben. Und die Tatsache, dass eine ostdeutsche Frau Bundeskanzlerin sein wird, hat an Gewicht dadurch gewonnen, dass man weiß, dass sie durchaus regieren und auf dem internationalen Parkett auch für internationale Interessen eintreten kann.

Freitag, 25. September 2009

Privater Beitrag zum Klimaschutz

Bei Lebensmitteln macht der Verbrauch fossiler Energie auf dem Einkaufsweg des Käufers mehr aus als der des Produkts. Dennoch sind mit wenigen Ausnahmen wie Salat aus dem Treibhaus regionale Produkte klimafreundlicher als nationale und diese wiederum klimafreundlicher als überseeische. Das ergab eine Studie. Zu den Ausnahmen gehören freilich auch Brotfabriken, bei denen die Energieeinsparung wegen der Ofengröße mehr ins Gewicht schlägt als der Aufwand für den etwas weiteren Transport als beim kleinen Bäcker.

Insgesamt dürfte freilich die Zunahme des Versandwesens aufgrund von Kauf übers Internet einen wichtigeren Einfluss auf die Gesamtenergiebilanz haben als eine Einzelentscheidung für ein energietechnisch gesehen klimafreundlicheres Lebensmittel.

Donnerstag, 24. September 2009

Bundeswehreinsatz im Innern fällig?

FDP-Generalsekretär Niebel nennt Oskar Lafontaine "saarländischer Taliban".
Wie lange wird es wohl dauern, bis er zusammen mit Schäuble den Bundeswehreinsatz im Innern gegen Lafontaine fordert?

Dienstag, 15. September 2009

Zur Entwicklung des Welthandels

Schiffe liegen in großem Stil still. Nicht genügend Fracht.

Samstag, 12. September 2009

Demonstration für Freiheit des Internets

Eine Demonstration für Datenschutz und Freiheit des Internet ist angesagt.
Natürlich darf das Internet kein rechtsfreier Raum sein. Aber das gilt auch für die Benutzer des Internet. Und angesichts der ungemein schlechten Vorbereitung der Internetsperren gegen Kinderpornographie muss man an der Kompetenz der Gesetzesformulierer zweifeln.
Ich bin weit davon entfernt, die Piratenpartei wählen zu können; aber sie formuliert tatsächlich Interessen, die in der gegenwärtigen Politikszene unterzugehen drohen. So wie es einst die APO tat. Die ganz erheblichen Unterschiede zwischen den beiden sind zu vielfältig, als dass ich sie alle aufzählen könnte.

Donnerstag, 27. August 2009

Mittwoch, 26. August 2009

Skandale

Dienstwagen bei Ulla Schmidt, Gesetzesformulierung durch Private bei zu Guttenberg, Geburtstagsparty für Ackermann von Merkel.
Es ist schwer vorstellbar, dass das in der Regierung nicht völlig normale Routine ist.

Der Skandal ist, dass es zwischen den Parteien außer den Linken keine Differenzen über die Lösung von Finanz- und Wirtschaftskrise gibt, weil sie offenbar alle keinen Plan haben, auf Sicht fahren, für die Lösung der Krise einzig auf die vertrauen, die die Krise verursacht haben.
Der Skandal ist, dass die Bundesregierungen den Artikel 109 des Grungesetzes jahrelang missachtet haben und so nicht nur das außenwirtschaftliche Gleichgewicht, sondern auch die soziale Balance sträflich beseitigt haben.

Dienstag, 25. August 2009

Geld für Überproduktion?

Nach der hochproblematischen Abwrackprämie, deren Aufgabe auch von einer wirklichen Umweltprämie hätte erfüllt werden können, soll nach dem Willen einiger CDU- Und SPD-Politiker eine Förderung des Ankaufes von Jahreswagen treten.
Offenkundig haben viele in der Krise nicht nur nichts gelernt, sondern sogar noch einen Teil ihres Verstandes verloren.
Mehr brauche ich nicht zu kommentieren. Beim Link auf den ZEIT-Artikel findet man die Argumentation.

Dienstag, 18. August 2009

Wunschzettel oder Einkaufszettel?

Die Zusammenarbeit von Politikern und Lobbyisten bei der Erstellung von Gesetzen ist genauso sinnvoll wie der Wunschzettel, den Kinder vor Weihnachten fürs Christkind schreiben.
Bei aller Empathie der Eltern, die Kinder wissen meist selbst am besten, was sie sich wünschen.
Entsprechend sollten Regierungsvertreter sorgfältig auf Lobbyisten hören, damit sie wissen, was in den Augen dieser Fachleute das Wünschenswerteste für die Branche ist. Natürlich sollten sie sich genau überlegen, aus welchen Gründen die Branche das wünscht und ob die Ziele der Branche mi9t denen der Politik übereinstimmen.
Wenn Wirtschaftsminister zu Guttenberg sich von Linklaters Gesetze formulieren lässt, hat er freilich nicht nur den Wunschzettel, sondern gleich den Einkaufzettel schreiben lassen.
Solche Eltern könnten ihren Kindern gleich Geld schenken.

Samstag, 8. August 2009

Afghanistan

Ich war sehr gegen den Afghanistankrieg, ich hielt ihn für den ersten ganz großen Fehler, den Bush nach dem 11.9.01 begangen hat. Ich bin aber mit Obama der Meinung, dass er Afghanistan und Pakistan so destabilisiert hat, dass man versuchen muss, wie im Irak eine Grundstabilität zurückzugewinnen, wenn man nicht die Verantwortung für Millionen von Toten übernehmen will.
Wann Obama diesen Versuch, weil hoffnungslos, abbrechen muss, vermag ich nicht zu entscheiden.

Es war Unsinn, den Einmarsch in Afghanistan mit der Möglichkeit der Einführung von Mädchenbildung begründen zu wollen. Die Zusammenarbeit mit den USA genau dann abzubrechen, wenn sie endlich (!) zu einem multilateralen Konzept übergehen, wäre ein Schlag gegen jede internationale Zusammenarbeit.

Sonntag, 12. Juli 2009

Blühende Landschaften

Als Helmut Kohl vor nun knapp 20 Jahren für den Osten Deutschlands "blühende Landschaften" versprach, da war das klassischer Populismus: man verspricht der Bevölkerung etwas, von dem man weiß, dass es nicht einzulösen ist.
Oskar Lafontaine hat damals realistisch von den Kosten der Einheit gesprochen und die Wahlen verloren.
Wenn die Linke gegenwärtig manche Forderungen stellt, von denen sie nicht weiß, wie sie eingelöst werden sollen, ist das etwas anderes. In der gegenwärtigen Situation weiß man oder sollte man wenigstens wissen, dass die Linke ihr Programm nicht ohne Abstriche durchsetzen kann. Das heißt, sie tritt wie die Grünen bei ihrer Gründung an, eine Politik durchzusetzen, die sie aus eigener Kraft nicht durchsetzen kann und von der sie weiß, dass sie nur wird verwirklicht werden können, wenn die anderen Parteien sich darauf zu bewegen.
Ein populistisches Element bleibt freilich erhalten: Wenn die anderen Parteien dasselbe versprechen wie die Linke, damit die keine Stimmen bekommt, dann kann die Situation entstehen, dass der Wähler Angebote erhält, die ihm ohne Abstriche realisierbar erscheinen, weil ja viele Parteien sich darin einig sind.

Dienstag, 30. Juni 2009

Lissabonvertrag mit Grundgesetz vereinbar

Das Bundesverfassungsgericht hat zwar gewisse Forderungen nach stärkerer Beteiligung des Bundestages bei Entscheidungen gestellt, aber im Prinzip den Lissabonvertrag als mit dem GG vereinabr erklärt.
Relativ kritisch äußern sich zur Entscheidung die Nachdenkseiten.

Freitag, 19. Juni 2009

Barroso und europäische Öffentlichkeit

Ich habe nichts gegen Barroso, das dürfte freilich auch damit zusammenhängen, dass ich viel weniger über seine politische Rolle weiß als über die von Merkel und Steinmeier.

Aber unabhängig von meinem Urteil über Barroso freut es mich, dass es über ihn Streit gegeben hat. Die Grünen - und wie man hört auch die deutsche Gruppe innerhalb der Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) - sprechen sich gegen seine Wiederwahl aus. Das ist gut, weil man endlich einmal in den Topnachrichten etwas über Parteienstreit innerhalb der Europäischen Parlaments hört.
Dass das Parlament die Kommission kontrolliert, kann mich als Bürger noch nicht motivieren, zur Wahl des Europäischen Parlaments hinzugehen. Denn diese Aufgabe wird es so und so erfüllen, unabhängig von seiner Zusammensetzung. Erst wenn ich merke, dass die unterschiedlichen Fraktionen deutlich unterschiedliche Ziele haben und evtl. Koalitionen gegen meine Interessen gebildet werden, werde ich ernsthaft motiviert.

Dass ich persönlich aus politischer Überzeugung auch dann wähle, wenn ich nicht glaube, mit meiner Stimme einen belangvollen Einfluss auszuüben, ist eine andere Sache. Für die Motivation der Bürger ist nötig, dass es einen wichtigen Unterschied macht, welche Partei sie wählen.
Nur deshalb konnte die Piratenpartei anlässlich Zensurursula schlagartig so viel Zulauf gewinnen.

Sonntag, 24. Mai 2009

Transparentes Regierungshandeln?

Obama hat sich jetzt open government vorgenommen. Ein vorbildliches Ziel.
Ob er sich übernimmt?

Donnerstag, 21. Mai 2009

Direkte Demokratie?

Von der Heinrich-Böll-Stiftung ausgehend ist ein Verein für Mehr Demokratie entstanden. So sehr ich dafür bin, so skeptisch bin ich auch wieder. An die Stelle der Vormundschaft (vgl. Kant:Was ist Aufklärung?) durch die Repräsentanten der Parteien tritt evtl. die Vormundschaft der Aktivisten. In Umweltfragen - und damit auch in Sachen Entscheidung für rigorose Einschränkung des Rohstoffverbrauchs - halte ich es für nötig, weil das repräsentative System die Mahnungen von "Grenzen des Wachstums" (1972) in den 37 Jahren seit damals allzu unvollständig aufgenommen hat und die Zeit gewaltig drängt.
Sonst fragwürdig: Es wird an der Mehrheit vorbei entschieden. Was wichtig wäre: eine neue Belebung der Diskussion in der öffentlichen Meinung.
Ohne Öffentlichkeit keine Demokratie.
Aber auch hier ist differenzierter Blick nötig. Die Diskussion ist ja nicht tot und totale Aufklärung unmöglich. Basisaktivisten können bei der Belebung helfen.

Donnerstag, 7. Mai 2009

Anlass zu Hoffnung

Ich würde Clinton wählen, wegen der Sicherheit. Denn John F. Kennedy, das Vorbild, mit dem Obama verglichen wird, hat sich außenpolitisch erst nach den Fehlern von Schweinebucht und Vietnam sowie dem gefährlichen Spiel in der Kubakrise von 1962 mit seiner Entspannungspolitik Meriten erworden. Hillary Clinton hat zusammen mit ihrem Mann schon aus vielen Fehlern lernen können. Da ist außenpolitisch Solides zu erwarten, auch wenn sie sich gehütet hat, den Riesenfehler des Irakkriegs je als solchen zu bezeichnen.
Ich hoffe, dass ich die Gelegenheit bekomme, Obama und Clinton vergleichen zu können. Und natürlich, dass ich nicht Recht behalte, wenn es Obama wird.
So habe ich am 8. Februar 2008 geschrieben. Ich hätte nicht gedacht, dass ich beide Kandidaten an der Regierungsarbeit erleben würde und Clinton gerade da, wo sie mir am wichtigsten erschien.
Genauso wie ich im Sommer 1989 die Botschaftsflüchtlinge aus der DDR nicht für ein wesentliches, eine neue Entwicklung ankündigendes Phänomen hielt. Man darf also hoffen.
So hoffe ich auf einen steigenden Einfluss von attac, von Politkampagnen über Wikis, Blogs, Soziale Netzwerke und Microblogging und über Aufrufe, die per E-Mails organisiert werden.

Obama lässt Fotos auf Flickr stellen

Es sind nicht Roosevelts Kamingespräche, dafür soll man den Eindruck haben, ihn zu begleiten. Nach Twitter nutzt Obama jetzt auch Flickr, manchmal auch mit dem Touch ins Voyeurhafte wie hier mit Hillary Clinton.

Samstag, 4. April 2009

Obamas Talent

Obama jedoch, das wurde in Straßburg mehr als deutlich, ist tatsächlich ein Ausnahmetalent, auch in der internationalen Politik. Merkel und Sarkozy jedenfalls schulden ihm seit dem Gipfel einen großen Gefallen.
So Spiegel-online über Obamas Telefongespräch mit Erdogan, das in letzter Minute doch noch Rasmussen als Nato-Generalsekretär möglich machte.
Wichtig erscheint mir vor allem, was Spiegel-online vorher über Obama anmerkt:
Er selber gratulierte am Ende des Gipfels Rasmussen und bezeichnete ihn als idealen Kandidaten.
Über seine eigene Rolle sagte er nichts. Sympathisch zurückhaltend dankte er der Türkei für ihre Bedenken, die "wichtig" gewesen seien.
In Ermangelung einer anderen Person, der man zutraut, die Welt aus Finanz- und Wirtschaftskrise herauszuführen, und vor der Folie von George W. Bush wirkt er für viele wie ein Messias. Wenn er in der schweren Krise Erfolge erzielen will, ist er auch auf ein sehr positives Image angewiesen; aber es wird ihm nicht nur angetragen, er braucht es nicht nur, sondern versteht auch die Balance zwischen Imagepflege und Großsprecherei zu wahren.
Es fällt schwer, seine Hoffnungen nicht primär auf ihn, sondern allein auf die Überzeugungskraft von Tatsachen und Argumenten sowie auf die Einsicht der anderen Spitzenpolitiker zu setzen. Man hat zu wenige Beispiele dafür, und Obama hat bisher nur wenige Fehler gemacht.

Mittwoch, 4. März 2009

Web 2.0 als "Webciety" auf der CeBIT

Es kann nicht geleugnet werden, dass Web 2.0, das dialogfähige, kontaktstiftende Internet, Fortschritte macht. Sie liegen freilich nicht auf dem kommenziellen Bereich. Trotzdem wird Web 2.0 unter dem Namen Webciety auf der CeBIT als der kommende große Geschaftstrend herausgestellt. heise online bemerkt dazu:
"Die neue Offenheit der CeBIT für Web 2.0 hängt vielleicht auch damit zusammen, dass die allgegenwärtige Wirtschaftskrise der größten Computermesse der Welt zusetzt und deutlich weniger Aussteller nach Hannover gekommen sind als noch im vergangenen Jahr."

Mittwoch, 4. Februar 2009

Bürgerportal

Sichere E-Mails, die bis zu einem gewissen Grade Briefe wirklich ersetzen können, will der Staat über ein Bürgerportalgesetz ermöglichen. Ein interessantes Konzept.

Montag, 19. Januar 2009

Historische Rollen

So wie Lloyd George die historische Rolle zugefallen ist, die liberale Partei Großbritanniens zu spalten und damit ihrer politischen Bedeutungslosigkeit entgegenzuführen (übrigens unter tätiger Mithilfe des zwischen Konservativen und Liberalen hin und her wechselnden Churchill), so könnte es dem etwas merkwürdig einander unterstützenden Zusammenwirken von Gerhard Schröder, Lafontaine und Ypsilanti gelungen sein, die historische Rolle zu übernehmen, die SPD zu spalten und das notwendige Umsteuern zu ökologisch nachhaltiger Wirtschaftspolitik zu diskreditieren.
George W. Bushs historische Rolle ist schon jetzt klar zu erkennen: Er hat den Boden für die Präsidentschaft eines Präsidenten bereitet, der mehr als Schwarzer denn als Weißer erlebt wird und der es als seine historische Rolle ansieht, die Gegensätze zwischen Weiß und Schwarz in den USA zu überbrücken. Und es ist ihm gelungen, in kürzester Zeit die historisch einmalige Rolle der USA als einzige Supermacht (als Hypermacht) zu diskreditieren.

Während es bei Lloyd George eines überragenden politischen Talents bedurfte, die Liberalen zu spalten, reichte bei Schröder und Lafontaine zur Parteispaltung aus, dass sich zwei Bündnispartner mit entgegengesetzten politischen Zielen zusammengetan hatten.
Die Diskreditierung ökologisch nachhaltiger Wirtschaftspolitik wird primär von neoliberalen Politikern und kurzsichtigen Managern angestrebt. Es steht zu hoffen, dass Weltfianz- und -wirtschaftskrise dem Versuch ein Ende bereiten. Doch Yplsilantis Serie von Ungeschicklichkeiten, die das für ihre Politik notwendige Zusammengehen traditioneller und neuer Linker verhinderten, ist es zuzuschreiben, dass trotz der Finanzkrise noch einmal wirtschaftspolitische Verblendung den Sieg davontragen konnte.

George W. Bush hat für seine historische Leistung natürlich Helfer gehabt: Die Neokonservativen, die im Bündnis mit religiösem Obskurantismus eine angebliche Sendung Amerikas zur gewaltsamen Durchsetzung von Demokratie propagierten, um sie zur Energiesicherung in neoimperialistischer Manier zu nutzen. Vor allem aber das ungewöhnliche politische Talent Obamas, dem es gelang, für seine Politik des sozialen Ausgleichs mehr Spenden zu sammeln als Hillary Clinton in ihrer Rolle als Frau eines erfolgreichen ehemaligen Präsidenten. Und dann allen Fallstricken zu entkommen, die auf dem Weg zur Präsidentschaft einem Schwarzen drohen.
Dass Bush vermutlich dauerhaft nicht als schlechtester Präsident der USA der Geschichte eingehen wird, verdankt er einer Reihe ungewöhnlich unfähiger US-Präsidenten der 19. Jahrhunderts. Dass er zumindest schlechtester US-Präsident des 21. Jahhunderts bleiben wird, ist angesichts der anstehenden Weltprobleme dringlich zu wünschen.

Donnerstag, 8. Januar 2009

Es gibt nicht "den" Wähler

In der ZEIT vom 8.1.2009 baut Bernd Ulrich einen Mythos auf, um die Verantwortung von der politischen Elite, Politikern, Journalisten und mehr und mehr Wirtschaftsfuntionören, abzuwälzen: den Wähler.
In den letzten Absatz versteckt er dann das Eingeständnis, dass es "den" Wähler genauso wenig gibt wie "den" Kunden oder "den" Journalisten. Zur politischen Willensbildung der Wähler beizutragen ist Aufgabe der Parteien (Art.21 GG) und - selbstgewählt - Aufgabe der Journalisten. Nicht "der" Wähler hat 1953 und 1957 den Weg zum 3-Parteien-System geebnet, sondern die wirtschaftliche Gesundung, ob man sie Marshallplan, Ludwig Erhard, Konrad Adenauer oder sonst jemandem zuschreiben will. Nicht "der" Wähler hat die Grünen und die Linken gegründet, sondern die etablierten Parteien haben durch beharrliche Ignorierung der Interessen eines erheblichen Anteils der Wähler erreicht, dass trotz 5%-Klausel neue Parteien erst in die Landtage, dann in Regierungen und Bundestag kamen. "Verantwortungswähler" haben erst eine Chance, wenn die Mehrzahl der Politiker und der Journalisten verantwortlich handelt.

Mittwoch, 7. Januar 2009

Nahostkonflikt

Amos Oz hat zu recht immer wieder darauf hingewiesen, dass im Nahostkonflikt beide Seiten im Recht sind und es falsch ist, aus verkürzter europäischer Sicht, der einen wie oder der anderen Seite Recht zu geben.
Jetzt spricht er, ohne von seinem früheren Urteil abzurücken, häufiger davon, dass beide Seiten im Unrecht sind.
Zu recht.

Freitag, 2. Januar 2009

Schwierigkeiten beim Umdenken

Die Hoffnungen, dass viel Information über Umweltverschmutzung, Rohstoffknappheit und Klimawandel der folgenden Generation hilft, energischer als bisher die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, könnte trügen. Es gibt nämlich auch den entgegengesetzten Effekt:

"Eine Studie mit mehreren Generationen kalifornischer Fischer hat gezeigt, dass die jüngsten das geringste Problembewusstsein hatten, was Überfischung und Artensterben anging - sie hatten nämlich kaum eine Vorstellung davon, dass es dort, wo sie ihre Netze auswarfen, jemals mehr und andere Fische gegeben hatte. Solche "shifting baselines" Veränderungen von Wahrnehmungen und Werten parallel zu sich wandelnden Umwelten, gibt es auch im sozialen Bereich" (Harald Welzer im Spiegel vom 29.12.2008, S. 132)
Als Beispiel führt er die Akzeptanz der Einschränkungen, der Enteignung und dannder Deportation von Juden an. Die nächste Stufe wurde beschritten, als man sich an die vorige bereits gewöhnt hatte.

Dazu eine Stelle bei bei Ludwig Marcuse, immerhin Jude und so weit in die besseren Gesellschaftskreise integriert, dass er den Sohn Wilhelms II. mit Spitznamen nennen durfte, zu seiner Reaktion auf die Straßenkämpfe von 1930-1933:
"Es war ein Kalter Bürgerkrieg, der sich von Monat zu Monat erwärmte. Doch war man so anpassungsfähig, daß mit der Zeit auch das Knallen den übrigen Umwelt-Geräuschen eingeordnet wurde."
Auch er gewöhnte sich, statt wegen des bereits herrschenden Antisemitismus überwachsam zu sein.