Samstag, 20. Januar 2018

Schwere und leichte Entscheidungen

Die Verantwortung für den Tod eines Menschen zu übernehmen, den man schätzt und der nichts weniger wünscht, als zu sterben, ist gewiss nicht leicht. Helmut Schmidt hatte - zum Glück für ihn - die Entscheidung schon abstrakt gefällt, bevor sie sich ihm bei der Entführung Hanns Martin Schleyers konkret stellte.
Sein Leben auf das Spiel zu setzen, um das Leben eines anderen zu retten, angesichts der großen Gefahr, dass am Ende beide umkommen, mag in einer konkreten Augenblicksentscheidung - etwa, wenn jemand ins Wasser springt, um das Leben seines Hundes zu retten - leicht fallen.
Unter der Herrschaft des Naziterrors Juden Schutz zu bieten, wenn man das Grauen der Konzentrationslager schon kennt, ist nur für Menschen mit sehr starken Überzeugungen keine schwere Entscheidung.
Sein eigenes Leben und das Leben vieler Unbekannter einzusetzen, um die Ehre seines Landes zu retten, wie es Widerstandskämpfer tun, setzt die Bereitschaft, Schuld auf sich zu nehmen, voraus. Mancher folgt dabei einer Ideologie, andere - wie etwa Bonhoeffer - einer Abwägung von Schuld gegen Schuld.
Helmut Kohl hätte die Einigung Deutschlands wohl ebenso überzeugt vorangetrieben, wenn er auch die negativen Folgen gekannt hätte.
Michail Gorbatschow am Beginn seines Weges wohl eher nicht. Aber beiden half die Überzeugung, für große Werte zu kämpfen.
Christian Lindner, der FDP-Vorsitzende, dessen Vorname mit immer wieder entfällt, hätte seine Entscheidung wohl noch frohgemuter getroffen, wenn er gewusst hätte, welche Schwierigkeiten er seine politischen Gegner in der SPD bringen würde.

Weshalb Gegner und Befürworter einer großen Koalition innerhalb der SPD Entscheidungen zu treffen haben, die nicht nur von ihren Überzeugungen, sondern auch sehr von ihrem aktuellen Informationsstand abhängen und demgemäß leicht oder sehr schwer fallen werden und viele hoffen lassen, nicht entscheiden zu müssen, will ich später behandeln.
Es so differenziert zu behandeln, wie es das verdiente, wird mir freilich nicht so bald gelingen.
Freilich nach der Entscheidung wird es die meisten nicht mehr interessieren.
Nur so viel schon jetzt: Es gibt gute Gründe für beide Entscheidungen und wohl noch bessere, die Entscheidung nicht gleich zu Anfang in die Hände der Parteimitglieder zu legen.
Das sage ich, obwohl ich der Meinung bin, dass die Mitglieder voraussichtlich mehrheitlich die meiner Meinung nach falsche Entscheidung treffen werden.


Sonderparteitag der SPD: Gut für das Land
"Die SPD zerreißt es vor der Entscheidung für oder gegen eine neue große Koalition. Dafür hat sie nicht Häme verdient, sondern Dank: Endlich wird wieder gestritten." (ZEIT online 21.1.18)

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