Interview mit Marcus Böick
"[...] Die Treuhandanstalt ist so etwas wie eine erinnerungskulturelle "Bad Bank" der Wiedervereinigung. Ein Ort, oder eine Institution, bei der sich gerade die negativen Erfahrungen vieler, vor allem älterer Ostdeutscher im Umbruchsprozess abgelagert haben.
Die Treuhandanstalt ist bis heute eine Art negativer Mythos oder Symbol für all das, was nach 1990 falsch gelaufen ist. Diese grundsätzliche Erfahrung, fremdbestimmt, von außen, von oben herab quasi durch Manager, durch Politiker abgewickelt worden zu sein. Die einzelnen Berufsbiografien wurden entwertet.
Das ist was anderes, wenn Sie in Westdeutschland oder mit jüngeren Ostdeutschen sprechen. Hier modifiziert sich das Bild schon deutlich. Aber die Treuhandanstalt ist nach wie vor ein zentrales Symbol für die Schattenseiten der Wiedervereinigung. [...]"
Das ist was anderes, wenn Sie in Westdeutschland oder mit jüngeren Ostdeutschen sprechen. Hier modifiziert sich das Bild schon deutlich. Aber die Treuhandanstalt ist nach wie vor ein zentrales Symbol für die Schattenseiten der Wiedervereinigung. [...]"
Rezension: DIETMAR SÜSS: Anstalt der Abenteurer in SZ vom 9.7.18:
"Seit Wochen schon hatten sie gekämpft. Jetzt griffen die Kumpel des Kaliwerkes „Thomas Müntzer“ in Bischofferode zur letzten Waffe: Sie begannen einen Hungerstreik gegen die Privatisierung ihres Betriebes. Am 1. Juli 1993 war der Traum von den „blühenden Landschaften“ in dem kleinen thüringischen Dorf ausgeträumt. 81 Tage hungerten die Arbeiter, begleitet von wachsender, bald auch internationaler Aufmerksamkeit und Solidaritätskampagnen. Am Ende jedoch war alles vergeblich.
Hintergrund für die Schließung waren die Fusionspläne der deutschen Kaliindustrie, bei der es um Milliarden ging. [...] Eigentlich eine „alltägliche“ Geschichte in den Wendejahren. Womit niemand jedoch gerechnet hatte, war der massive Protest, die Demonstrationen und Erstürmungsversuche der Treuhandzentrale. Die Bilder von den ausmergelten Arbeitern, die sich mit ihren geschwächten Körpern dem westdeutschen „Privatisierungsmonster“ entgegenstellten, gingen um die Welt und erinnerten daran, wie sehr die vordem bejubelte deutsch-deutsche Einheit in die Krise geraten war.[...]"
Die kriminelle Energie der Treuhand von Arno Widman FR 1.3.2015:
"Man kann die kriminelle Energie, die die Treuhand an sich zog, kaum überschätzen. Mit dem Ende der DDR wurde ihr gesamtes Volksvermögen verramscht – die Treuhand half mit, wo sie konnte."
"Negative Folgen der Treuhand sollen aufgearbeitet werden", FR, 24.9.18, S. 5:
Die Aufarbeitung ist nicht einfach; denn die Akten umfassen 43 Regalkilometer und "Im Übrigen habe die Treuhand chaotisch gearbeitet und entsprechend chaotische Akten hinterlassen."
Wikipedia: Treuhandanstalt; ab 1.1.1995: Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS)
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