Montag, 17. September 2018

euro|topics: Wie hat die Finanzkrise die Welt verändert? - Zur Situation Europas

Die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers vor zehn Jahren löste einen Schock in der Finanzwelt aus. In der Folge brach die Konjunktur weltweit ein, Staaten verschuldeten sich massiv und der Euro geriet in Schwierigkeiten. Während einige Kommentatoren besorgt auf kommende Krisen schauen, sind andere sicher, dass die Welt heute besser vor solchen geschützt ist.
JUTARNJI LIST (HR)

Systemwechsel ist bisher ausgeblieben

Mit gemischten Gefühlen, blickt Jutarnji list auf die Lehman-Pleite und deren Auswirkungen:
„Die positive Seite der Geschichte, die mit Lehman begann und - sagen wir - mit dem Auslaufen des Kreditprogramms für Griechenland endete, ist, dass man sehr viel vorsichtiger geworden ist. Neue Finanzregeln in den USA und der EU geben den Banken erheblich weniger Freiraum, um im Trüben zu fischen. Die große Finanzkrise hinterlässt aber noch eine unbeantwortete Frage: Ist die Zeit reif für eine Weltordnung, die nicht vor allem 'finanzzentriert' ist? Die populistischen Bewegungen, deren Aufstieg wir gerade beobachten, sind nämlich das direkte Resultat eines (bisher noch ruhigen) Aufstands derer, die sich in solch einem System unterjocht fühlen.“
Viktor Vresnik
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LE MONDE (FR)

Frustration nährt den Illiberalismus

Noch besorgter klingt das Fazit von Le Monde:
„Die amerikanischen Banken waren noch nie mächtiger, die Börsen vermerken ein Rekordhoch nach dem anderen. Die Reichen waren noch nie reicher. ... Das ist aber nicht das Entscheidende. Nach zehn Jahren des wirtschaftlichen Stillstands und der Sparpolitik haben sich die, die am schwersten an der Krise zu tragen haben, von den Eliten abgewandt und sich in die Arme derer geworfen, die versprechen, endlich die etablierte Ordnung zu stürzen. 2008 hat Zweifel geweckt an den Vorzügen der liberalen Demokratien, an der Effizienz der Grenzöffnung und daran, ob die Politik die Ungleichheit wirklich vermindern will. Seither speist die Frustration identitäre Forderungen, der Illiberalismus nimmt zu, die Globalisierung ist auf dem Rückzug. Das Vertrauen in das System ist zerbrochen.“
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DER TAGESSPIEGEL (DE)

Neue Krise wäre noch gefährlicher

Gerade Europa wird sich eine neue Krise nicht noch einmal leisten können, warnt der Tagesspiegel:
„Anders als vor zehn Jahren hätten die Notenbanker ihr diesmal kaum noch etwas entgegenzusetzen. Der Leitzins der Euro-Zone liegt bereits bei null Prozent: Ihn noch weiter zu senken, ist zwar theoretisch möglich. Nur hätte das krasse Folgen, etwa die, dass auch Kleinsparer von den Banken mit Minuszinsen bestraft würden. Politisch ist das mehr als heikel. Mit anderen Worten: Eine neue Krise ist möglich, doch es fehlen die Instrumente, um sie zu bekämpfen. Und diesmal kann niemand mehr überrascht tun und sagen, es habe ihn keiner gewarnt.“
Carla Neuhaus
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DAGENS NYHETER (SE)

Nicht auf Protektionismus setzen

Dagens Nyheter stellt entschieden fest, dass Nationalismus keinen Schutz vor einer neuen Finanzkrise bietet:
„Die Finanzkrise hat das Vertrauen der Menschen in das politische und wirtschaftliche Establishment geschwächt. Wenn Experten und Institutionen nicht erfolgreich sind, was können wir dann tun? Die Flüchtlingskrise 2015 hat die Zweifel genährt und Populisten den Weg bereitet. Marktwirtschaft und liberale Weltordnung waren in den letzten zehn Jahren schwach. Gleichzeitig aber war die internationale Zusammenarbeit ein wichtiger Bestandteil der Medizin gegen die Finanzkrise. Nationalismus und Protektionismus sind kein Impfstoff gegen eine neue Krankheit, sondern Gift.“
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Wie hat die Finanzkrise die Welt verändert?
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Juncker wünscht Europa mehr Mut
In seiner letzten Rede zur Lage der Union appelliert Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker unter anderem an das Selbstbewusstsein der EU. Europa müsse „weltpolitikfähig“ werden und sein Schicksal selbst in die Hand nehmen. Kommentatoren beschäftigen sich mit den aus ihrer Sicht drängendsten Problemen der EU.
SYDSVENSKAN (SE)

Freihandel mit Afrika ist richtiger Weg

Junckers Forderung nach besseren Handelsbeziehungen mit Afrika ist richtig, erklärt Sydsvenskan:
„Historisch gesehen waren die Beziehungen der EU zu Afrika kaum von Offenheit geprägt. Neben den direkten Zöllen auf afrikanische Waren haben die Agrarsubventionen der Union die Weltmarktpreise gedrückt, so dass die afrikanischen Landwirte nicht wettbewerbsfähig sind. ... Doch es wird Zeit, Chancen statt Probleme zu sehen. Ein verstärkter Handel mit afrikanischen Ländern kann die Migration über das Mittelmeer verringern. Freihandel mit Afrika bietet zudem die Möglichkeiten für die EU, ihre Position in der Weltwirtschaft zu stärken. ... 'Afrika braucht keine Wohltätigkeit, sondern eine echte und faire Partnerschaft. Und Europa braucht diese Partnerschaft ebenso', betonte Juncker. Diese Einsicht sollte umgehend zu einem großen Freihandelsabkommen führen.“
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MÉRCE (HU)

Nicht die Migranten sind das Problem

Die Flüchtlingsfrage ist nicht das größte Problem der EU findet János Kendernay, Mitglied des Vorstands der ungarischen Grünen, auf dem Portal Mérce:
„Europa ist aus dem Gleichgewicht geraten. Beim letzten Erweiterungsprozess ist die Zahl der Mitgliedsstaaten fast auf das Doppelte gestiegen. Die EU hat mehr als 10 Millionen neue Bürger, mit schwacher Wirtschaftsleistung und einige unterentwickelte Regionen 'dazugewonnen'. Die Spannungen zwischen Zentrum und Peripherie sind deutlicher geworden und das nicht nur in der Krise von 2008. Vor uns liegt ein neuer Berg an Problemen, den wir Freizügigkeit der Arbeitskräfte nennen, wobei wir in Wahrheit aber an das Absaugen von Arbeitskräften denken. Das ist nichts anderes als die Ausbeutung der Ressourcen von Europas Peripherie.“
János Kendernay
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LA REPUBBLICA (IT)

EU ist stärker als gedacht

Trotz des Brexit und einer dringend nötigen Reform der europäischen Währungsunion ist der spanische Journalist Xavier Vidal-Folch in seinem Gastbeitrag in La Repubblica optimistisch:
„Diejenigen, die dem Euro neue Lebenskraft verleihen wollen, werden sich nicht unterkriegen lassen von denjenigen, die an seinen aktuellen Unzulänglichkeiten festhalten wollen. ... Was den Brexit angeht, so hängt das Ergebnis vom Grad des Chaos in der britischen Politik ab. Doch scheint die Vernunft wieder über die Irrationalität zu siegen. Die Anhänger des soften Soft-Brexit haben eine Kampagne gegen die Verfechter eines harten Brexit gestartet. Es gibt Hoffnung auf längere Verhandlungen, und - wie wir wissen - hat die EU viele Erfahrung mit endlosen Verhandlungen und nächtlichen Absprachen.“
Xavier Vidal-Folch
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