Donnerstag, 27. September 2018

euro|topics: Wie soll die katholische Kirche in Sachen Missbrauch reagieren? - Zur Abstimmung über die Namensstreitlösung zwischen Mazedonien und Griechenland

Missbrauch: Wie muss katholische Kirche reagieren?
Eine von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebene und am Dienstag veröffentlichte Studie offenbart das ganze Ausmaß sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche in Deutschland. Mindestens 1670 Geistliche sollen sich zwischen 1946 und 2014 an Kindern und Jugendlichen vergangen haben. Kommentatoren skizzieren, wie die Kirche nun aufklären und aufarbeiten muss.
DER TAGESSPIEGEL (DE)

Kirche muss Tabula rasa machen

Nun muss die Kirche alle Verbrechen lückenlos aufklären und in einem schmerzhaften Prozess Vieles infrage stellen, fordert Der Tagesspiegel:
„Kardinal Reinhard Marx ... als Vorsitzender der Bischofskonferenz muss Ernst machen. Indem endlich ernsthaft über eine jahrtausendealte Machtstruktur und Sexualmoral gesprochen wird; indem endlich Schweigekartelle durchbrochen werden; indem endlich alles durchleuchtet und infrage gestellt wird: die Gemeinde- und Seelsorgearbeit, das Beichtgeheimnis - das die Weitergabe von Hinweisen verhindert hat -, der Zölibat. Geredet werden muss über Intransparenz, Hierarchie, Erniedrigung. Und zwar im Angesicht der Opfer. ... Die Kirche muss dafür ihre Archive öffnen, in den Bistümern wie in den Orden, überhaupt in allen Institutionen kirchlicher Trägerschaft wie Internaten, Schulen oder Heimen.“
Stephan-Andreas Casdorff
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DIE PRESSE (AT)

Zölibat hinterfragen

Entschiedenes Handeln fordert auch Kommunikationswissenschaftler Max Gottschlich in Die Presse:
„Die des sexuellen Missbrauchs schuldigen Kleriker müssen - entgegen der derzeitigen Praxis - sofort und ausnahmslos in den Laienstand versetzt und vor Gericht gestellt werden. Verdächtige Täter dürfen so lang keinen kirchlichen Dienst, in welcher Form auch immer, ausüben, so lang ihr Fall nicht geklärt wurde. Es stellt sich erneut und dringlich die Frage, ob Priestern der Zölibat nicht freigestellt werden sollte. Die Möglichkeit, die eigene Sexualität frei zu leben, ist auch keine Garantie gegen sexuellen Missbrauch, aber sie dürfte immerhin erheblich die Täterquote senken, wie die Studie der Deutschen Bischofskonferenz auch zeigt: Zwar machten sich 5,1 Prozent der Diözesanpriester des sexuellen Missbrauchs schuldig, aber 'nur' ein Prozent der Diakone.“
Maximilian Gottschlich
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LE MONDE (FR)

Missbrauch nicht herunterspielen!

Sexueller Missbrauch darf auf keinen Fall verharmlost werden, mahnt Stéphane Joulain, katholischer Priester und Psychotherapeut, in Le Monde:
„Einige Angehörige der Kirche wollen lieber nichts wissen und nichts hören. Sie glauben, dass sexueller Missbrauch 'doch gar nicht so schlimm ist'. Irrtum, er ist schlimm! Wenn ein Priester den Körper eines Kindes missbraucht, verletzt er es in dessen tiefstem Inneren. Er schließt es in Leid, Scham und Schweigen ein. Er stört sein Wachstum, seine Entwicklung und seine Beziehungen. Wenn ein Priester ein Kind missbraucht, verwehrt er ihm den Zugang zur Glaubensgemeinschaft, er hindert es daran, an das Leben, an sich selbst, an den Menschen, an die Liebe und an Gott zu glauben. Wenn ein Priester ein Kind missbraucht, missbraucht er das Heiligste auf dieser Welt: das Geschenk, das wir Leben nennen.“
Stéphane Joulain
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PRAVDA (SK)

Es geht um Macht, nicht um Sexualität

Franziskus hat davor gewarnt, Fehlverhalten ausschließlich nach heutigen Kriterien zu betrachten. Für Pravda ist dies die falsche Herangehensweise:
„Der Papst irrt, wenn er sagt, dass es ungerecht sei, alte Fälle sexuellen Missbrauchs nach heutigen moralischen Standards zu beurteilen. Darum geht es auch gar nicht. Sexuelle Gewalt ist eine Frage der Macht, nicht der Sexualität. Und im Falle der Kirche ist die Macht, die vom Priester missbraucht wird, institutionell. Es geht nicht nur darum, dass irgendein Pater XY 'es mit Kindern macht'. Es geht nicht nur um eine bestimmte Situation irgendwo im Pfarrgarten, sondern um die Macht der Kirche über die Menschen.“
Peter Javůrek
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Missbrauch: Wie muss katholische Kirche reagieren?
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Mazedonien: Abstimmung über Namensstreit-Lösung
Die Bürger der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien (Fyrom) entscheiden am Sonntag über den mit Athen ausgehandelten Kompromiss im Namensstreit, laut dem das Land bald Republik Nordmazedonien heißen soll. Voraussichtlich Anfang des kommenden Jahres stimmt das griechische Parlament über den Deal ab. Kommentatoren erläutern, was für alle Seiten auf dem Spiel steht.
DELO (SI)

Entscheidung zwischen Europa und dem Abseits

Beim Referendum am Sonntag geht es um viel mehr als nur den Namen, meint Tine Kračun, Direktor des slowenischen Think Tanks Institute for Strategic Solutions in Delo:
„Es ist vor allem ein Referendum darüber, ob Mazedonien seinen pro-europäischen Weg beschleunigen wird oder irgendwo im Osten ins Abseits gerät. Während sich die westlichen Staaten Mazedonien in der Nato wünschen, will auch Russland seinen Einfluss ausweiten. Russlands geostrategisches Interesse ist es, dass Mazedonien außerhalb der Nato bleibt. Auch China kann seine wirtschaftlichen Interessen leichter durchsetzen, wenn Mazedonien nicht Mitglied des euro-atlantischen Bündnisses ist.“
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FOKUS (MK)

Nicht denselben Fehler machen wie die Briten

Fokus vergleicht das Referendum über die Namensänderung mit der Brexit-Abstimmung:
„Nach dem Brexit stellte sich heraus, dass vor allem die älteren und weniger informierten Bürger, die anfälliger für Manipulationen und Falschinformationen waren, für das Ausscheiden aus der EU gestimmt haben. Anders als die Briten werden sich die Mazedonier den Luxus, es sich anders zu überlegen, nicht leisten können, weil Mazedonien weder die Größe noch die wirtschaftliche Macht Großbritanniens besitzt. … Wie auch immer man am 30. September abstimmen will, kommt es also darauf an, dass man es informiert tut. Die Bürger müssen sich über das Abkommen [mit Griechenland] informieren und dann entscheiden, ob es ihre Lebensqualität zum Positiven oder zum Negativen beeinflussen wird.“
Ida Protuger Welkowitsch
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KATHIMERINI (GR)

Tsipras' letzte Karte

Das Abkommen ist enorm wichtig für den griechischen Premier, erläutert Kathimerini:
„Tsipras achtet darauf, wie er heute [auf der internationalen politischen Bühne] wahrgenommen wird, und schaut auch auf den Tag danach. Dies könnte erklären, warum er an dem Abkommen festhält und seine Ratifizierung im griechischen Parlament vorantreibt. Er hat in der Vergangenheit nie wirklich gegen den Willen der Mehrheit gehandelt und weiß offensichtlich sehr gut, wie teuer der Deal für ihn werden kann. Da er aber bei vielen Linken nicht mehr gut ankommt und gegenüber den Finanzmärkten seinen Einfluss verloren hat, ist dies vielleicht die einzige internationale Karte, die er noch hat. Und er wird sie in den kommenden Monaten ausspielen.“
Alexis Papachelas
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Mazedonien: Abstimmung über Namensstreit-Lösung

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