Hauptfluchtursache: extreme Armut
"Es ist ein Teufelskreis: Armut führt zu Bürgerkrieg, und Bürgerkrieg führt zu Armut.
Die zivilen Konflikte in Afghanistan und Zentralafrika bedeuten, dass alle anderen Nachhaltigkeitsprojekte an diesen Orten auf Eis liegen. Terroristen nutzen Gegenden extremer Armut als Versteck." (S.288)
"Gegenwärtig leben wir in einer Periode relativen Weltfriedens, der ein Anwachsen des globalen Wohlstands ermöglicht hat. Noch nie war der Anteil der Menschen, die in extremer Armut gefangen sind, kleiner als heute.
Trotzdem sind davon noch mindestens 800 Millionen Menschen betroffen. Anders als beim Klimawandel brauchen wir hier keine Prognosen und Szenarien. Wir wissen, dass diese 800 Millionen Menschen gerade jetzt leiden.
Wir kennen auch die Lösungen: Frieden, Schule, allgemeine medizinische Grundversorgung, Elektrizität, sauberes Wasser, Toiletten, Verhütungsmittel und Kleinkredite, um Marktkräfte mit Anschubfinanzierungen auszustatten.
Um die Armut zu beenden, braucht es keine Innovationen. Es geht darum, die letzten Schritte erfolgreich umzusetzen, die auch überall sonst funktioniert haben. Und uns ist bewusst, dass je schneller wir handeln, desto kleiner die Probleme sein werden. Denn solange die Menschen in extremer Armut verharren, werden sie auch große Familien haben, und ihre Zahl dazu nehmen. Der letzten Milliarde diese Notwendigkeiten für ein würdiges Leben rasch bereitzustellen ist eine klare faktenbasierte Priorität." (S.289)
(Hans Rosling: Factfulness. Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist, 2018)
Nach allem, was wir über unsere Welt wissen, nach allen Nachrichten, die wir hören, ist die Hoffnung, extreme Armut besiegen zu können, illusionär.
Rosling hat aber aufgezeigt, dass überall. wo er Fragen zur gegenwärtigen Situation auf der Welt gestellt hat, die überwältigende Mehrheit sie negativer gesehen hat, als sie wirklich ist.
Seine überzeugende Erklärung dafür ist: In den letzten 30 Jahren haben wir immer wieder Katastrophenmeldungen** erhalten. Seit 2001 hat sich das noch verschärft.
Darüber sind die wesentlichen Verbesserungen des durchschnittlichen Lebensstandards auf der Welt völlig in den Hintergrund gedrängt worden.
Außerdem: Der Klimawandel ist seit Jahrzehnten bekannt und seit 1992 gibt es Anstrengungen, die Faktoren, die von Menschen beeinflusst werden können, einzudämmen.
Er ist aber immer weiter voran geschritten. Das führt zu einem Gefühl, dass man dieser Entwicklung hoffnungslos ausgeliefert wäre.
Es gibt aber gute Gründe anzunehmen, dass es gelingen kann, weltweite Umweltgefahren zu minimieren.
"Denn das ist uns bereits gelungen im Zusammenhang mit Ozonkillern und Blei im Benzin. Beides reduzierte die Weltgemeinschaft innerhalb von zwei Jahrzehnten auf fast null." (Rosling: Factfulness, S.288)
Das war möglich, denn es gab in diesem Bereich eine "globale Solidarität hinsichtlich der Bedürfnisse verschiedener Völker auf unterschiedlichen Einkommensstufen" (Rosling, S.288).
Was dazu geführt hat, ist eine Entwicklung, die wir in Europa meist mit Sorge sehen: die Abnahme der Kluft zwischen den reichsten Ländern und der Mehrzahl der ärmeren Länder. Weltweit führt das dazu, dass immer mehr Menschen auf der Welt die Möglichkeit sehen, dem Teufelskreis der Verelendung zu entgehen. (Trotz Syrien, Jemen, Afghanistan und all den schrecklichen Entwicklungen.)
Das erhöht die Chance auf eine weltweite Solidarität.* Und das wäre auch eine Chance, den unsinnigen Streit in Deutschland und Europa über den Umgang mit Flüchtlingen zu beenden. Wenn wir wirklich daran gehen, Fluchtursachen zu bekämpfen, dann brauchen wir nicht zu befürchten, dass wir mit den Fluchtfolgen in Europa nicht fertig werden. Freilich, ohne Solidarität wird das nicht gelingen.
*Wer annimmt, Seehofer oder Trump würden sie beseitigen, hat die Entwicklung der letzten 30 Jahre noch nicht nachvollzogen. - Auch wenn ihre Aktionen natürlich geeignet sind, Solidarität zu zerstören, wo sie vor kurzem noch selbstverständlich erschien.
** https://twitter.com/DejanFreiburg/status/1012788839482609669
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen