Donnerstag, 16. November 2017

Was bedeutet der Putsch in Simbabwe?



In Simbabwe hat das Militär in der Nacht zum Mittwoch die Macht übernommen und den 93-jährigen Präsidenten Robert Mugabe unter Hausarrest gestellt. Hintergrund ist ein Streit um seine Nachfolge. Die Militärführung beteuert, dass es sich nur um eine vorübergehende Machtübernahme handle. Europas Kommentatoren diskutieren, ob der Putsch möglicherweise ein Lichtblick für das Land ist.
HOSPODÁŘSKÉ NOVINY (CZ)

Notbremse gegen den Mugabe-Clan

Vage Hoffnung für Simbabwe sieht Hospodářské noviny:
„Wenn man demokratische Werte hochhält, dann ist ein Putsch eigentlich nichts, das man mit Beifall quittiert. Im Fall von Simbabwe erweckt er den Eindruck einer Notbremse, den das Militär gezogen hat. Gott sei Dank. Sollte die Armee die Mugabe-Bande, inklusive Mugabes Ehefrau, von der Macht entfernen, dann gibt sie dem Land die Chance auf einen Wandel. Die Chance, dass das Land bald von jemand anderem regiert wird - womöglich undemokratisch und autoritär, aber wenigstens nicht mehr so räuberisch, blutrünstig und verrückt. Von jemandem wie etwa Paul Kagame, dem Präsidenten von Ruanda. Obwohl der keine freie Presse und Opposition zulässt, herrschen dort Ruhe und für afrikanische Verhältnisse Fortschritt.“
Teodor Marjanovič
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FINANZ UND WIRTSCHAFT (CH)

Nun könnte der Weg frei sein für neue Kredite

Dass der Putsch die wirtschaftliche Lage in dem gebeutelten Land verbessert, hofft Finanz und Wirtschaft:
„Viele fürchten … eine Rückkehr der Hyperinflation. Nach der Abschaffung der völlig wertlosen Landeswährung 2009 wurde der US-Dollar eingeführt. Unterdessen hat der Devisenmangel die Importe auf ein Minimum zusammenschrumpfen lassen. Erst vor wenigen Wochen hatten Engpässe an Nahrungsmitteln und Benzin landesweit zu Panikkäufen geführt. Gleichzeitig sind die Preise massiv gestiegen. Im Oktober hatte die Regierung auf den Jahrestreffen von Weltbank und Internationalem Währungsfonds noch um einen abermaligen Schuldennachlass und neue Kredite für die ruinierte Wirtschaft gebettelt. Doch solange Mugabe das Sagen hatte, war daran nicht zu denken. Nach seinem überfälligen Abgang könnte sich dies nun ändern.“
Wolfgang Drechsler
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FRANKFURTER RUNDSCHAU (DE)

So schnell wie möglich Wahlen abhalten

Hin- und hergerissen ist der Afrika-Korrespondent der Frankfurter Rundschau, Johannes Dieterich, bei der Beurteilung der jüngsten Ereignisse:
„Tatsächlich kann ein Militärcoup auch mal das Leiden eines Volkes beenden: Der Putsch gegen den unsäglichen Präsidenten Robert Mugabe und dessen noch unsäglichere Frau Grace könnte weiteres Unheil von der südafrikanischen Staatsruine abwenden. ... Trotzdem ist eine derartige Lösung des Problems mit größten Gefahren verbunden. Denn jetzt haben die Militärs die Macht - und keiner kann sie zwingen, ihrer widerrechtlich errungenen Herrschaft wieder ein Ende zu machen. Allein an den 'humanitären' Usurpatoren liegt es nun, die Geschicke des Landes in die Hände wirklicher Volksvertreter zu legen. Simbabwe braucht Wahlen - so schnell wie möglich.“
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NRC HANDELSBLAD (NL)

Skrupellose Hardliner weiter an der Macht

NRC Handelsblad hingegen fürchtet, dass der Coup keine Verbesserung bringen wird:
„Die Putschisten sind dieselben mehr oder weniger kommunistischen militärischen Hardliner, die schon seit 1980 verantwortlich sind für Menschenrechtsverletzungen und maßlose Korruption in diesem afrikanischen Land. ... Offenbar geht es um einen Kampf zwischen zwei Fraktionen, die die Macht wollen, nachdem das hohe Alter und der schlechte Gesundheitszustand von Mugabe das natürliche Ende seiner Herrschaft eingeleitet haben. ... Für die Opposition bedeutet die Machtergreifung keine Verbesserung. Sie ist übrigens auch durch interne Probleme geschwächt. Die Bürger von Simbabwe können langfristig nur auf internationalen Druck auf Harare hoffen. ... Der muss vor allem von anderen afrikanischen Staaten kommen, zuallererst vom Nachbarland Südafrika.“
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UPSALA NYA TIDNING (SE)

Wird der Rausch der Rache verhindert?

Was nun mit dem abgesetzten Diktator passiert, beschäftigt Upsala Nya Tidning:
„Als nächstes wird sich wohl die Frage der Rache an Mugabe stellen, von den Angehörigen jener, die unter seinem beinahe 40 Jahre währenden Regime misshandelt, gefangen oder getötet wurden. Sie wollen nicht, dass er sein Leben, wie so viele andere afrikanische Diktatoren, bequem im Ausland beendet. Aber der Oppositionsführer Tendai Biti denkt da anders und sieht Singapur (wo die Mugabes viel Zeit verbracht haben) als ein mögliches Domizil. … Der Leitartikler des Guardian, Jonathan Freedland, glaubt, dass Biti sich Tunesien als Vorbild genommen hat, wo Ben Ali das Land verlassen hat und die Demokratie gekommen ist. Im Gegensatz zu Libyen, wo Gaddafi ermordet wurde - mit Chaos als Folge.“
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Was bedeutet der Putsch in Simbabwe?

Tendai Biti

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