Dienstag, 7. November 2017

Paradise Papers: Was tun gegen Steuervermeidung?

60 Milliarden Euro entgehen den EU-Staaten jährlich aufgrund von Strategien zur Steuervermeidung. Diese Berechnungen eines französischen Ökonoms wurden im Zuge der sogenannten Paradise Papers veröffentlicht. Für einige Kommentatoren ist die Erregung über Steuervermeidung lediglich ein Mittel, um Reiche und Unternehmen zu diskreditieren. Andere fordern, sich nicht nur zu empören.
THE DAILY TELEGRAPH (GB)

Kreuzzug gegen Reiche

Kapitalismuskritiker missbrauchen die Enthüllungen, um ihre von Neid erfüllte Agenda voranzutreiben, schimpft The Daily Telegraph:
„Das Meiste von dem, was bisher veröffentlicht wurde, erfüllt weder den Tatbestand einer unethischen noch einer illegalen Tat. Millionen von Menschen haben über Pensionskassen ihr Geld in Offshore-Fonds angelegt. ... So wie bei den Panama Papers treiben auch in diesem Fall antikapitalistische Aktivisten ihre eigene Agenda voran. Ihnen ist es ein Dorn im Auge, dass einige Menschen reicher sind als andere. ... Hier wird unter dem Vorwand eines großen moralischen Kreuzzugs versucht, legitimen Formen einer steuerschonenden Anlage ein Ende zu bereiten, damit in Zukunft der Staat entscheiden kann, wie Menschen ihr Geld investieren.“
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NEUE ZÜRCHER ZEITUNG (CH)

Steuerwettbewerb ist nicht kriminell

Offshore-Praktiken werden zu Unrecht verteufelt, findet die Neue Zürcher Zeitung:
„Offshore-Geschäfte sind in einer globalen Welt manchmal notwendig und manchmal Ausdruck von Missständen, kaum je aber deren Ursache. Die Suche nach Schutz vor Rechtswillkür, überbordender Bürokratie, übermässiger Besteuerung oder auch nach Privatsphäre zu verteufeln, greift deshalb zu kurz. Den internationalen Steuerwettbewerb anhand einiger missbräuchlicher Beispiele generell als kriminell hinzustellen, ist fahrlässig. Da sollte man sich von den allzu durchsichtigen, bestenfalls blauäugigen Motiven der selbsternannten Transparenz-Apologeten nicht in die Irre führen lassen. Standortwettbewerb, Schutz der Privatsphäre und ja, auch Offshore-Transaktionen, braucht es weiterhin.“
Peter A. Fischer
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BERLINGSKE (DK)

Gesetze an Moralvorstellungen anpassen

Die Debatte um Steuerpraktiken darf nicht auf der Ebene moralischer Empörung stehenbleiben, findet Berlingske:
„Die Diskussion um Steuerschlupflöcher muss auf der juristischen und politischen Ebene geführt werden, auch wenn man darüber moralisch natürlich debattieren kann. Wurde gegen Gesetze verstoßen? Ist die Gesetzgebung national und international ausreichend um gegenzusteuern? Abhängig von der politischen Einstellung gibt es unterschiedliche Moralvorstellungen. ... Man kann allerdings nicht verlangen, dass sich Unternehmen, Organisationen und Personen doppelten Maßstäben von sowohl Gesetz als auch Moral unterwerfen.“
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REPORTER (GR)

Die EU hinkt hinterher

Die EU hat es versäumt, ihren Institutionen die Kompetenzen für den Kampf gegen Steuervermeidung zu verleihen, schimpft Reporter:
„Wiederholt haben wir darüber berichtet, dass ein Ausschuss von 30 Europa-Abgeordneten die Enthüllungen der Panama Papers untersucht und nichts gefunden hat. Heute hat der 14. Vizepräsident des Europaparlaments und Syriza-Abgeordnete Dimitris Papadimoulis eine dringende Anfrage an die EU-Kommission gestellt und gefragt, was sie mit den jüngsten Enthüllungen zu tun gedenkt. Wahrscheinlich ist, dass die Kommission ihm antwortet, dass irgendein 30-köpfiger Fachausschuss das Thema für fünf Jahre untersuchen und dann eingestehen wird, sich in einer Sackgasse zu befinden. Was könnte sie auch anderes tun, da sie keine anderen Kompetenzen besitzt und die Geschichte uns gelehrt hat, dass die Betrüger den unzureichenden EU-Vorschriften immer ein Jahrzehnt voraus sind.“
Nikos Roussis
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L'ECHO (BE)

Steuerhinterziehung wird immer schwieriger

Im Kampf gegen Steuervermeidung gibt es noch viel zu tun, doch sind in den vergangenen Jahren auch beachtliche Fortschritte erzielt worden, wirft hingegen L'Echo ein:
„Seit der Finanzkrise von 2008 hat sich unter der Federführung der OECD eine weltweite Initiative gegen Steuerhinterziehung entwickelt. Seitdem wurden insbesondere im Bereich Datenaustausch Fortschritte gemacht. Seit September 2017 arbeiten 50 Staaten zusammen. Und rund ebenso viele Länder haben zugesichert, bis September 2018 dafür bereit zu sein. Dazu zählt Österreich, aber auch die Schweiz, die Verfechterin des Bankgeheimnisses, sowie bedeutende Finanzplätze wie die Bahamas. Der automatische Informationsaustausch ist auf dem besten Weg zum weltweiten Standard zu werden - 2008 war das noch völlig unvorstellbar.“
Jean-Paul Bombaerts
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