Dienstag, 28. November 2017

Glyphosat-Zulassung: Deutschland knickt ein



Das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat darf in der EU weitere fünf Jahre auf die Äcker gesprüht werden. Dafür votierten am Montag 18 von 28 Ländern - wobei Deutschland das Zünglein an der Waage war. Bislang hatte sich Berlin bei dem Thema enthalten, weil sich die große Koalition nicht einig war. Woher kommt der Kurswechsel und was bedeutet dies für die Verbraucher?
DIE TAGESZEITUNG TAZ (DE)

Agrarindustrie wird ewig dankbar sein

Die taz ist erzürnt über den Alleingang des CSU-Landwirtschaftsministers bei der Abstimmung in Brüssel:
„[D]ie Regularien der Bundesregierung [sind] klar: Wenn sich das Kabinett nicht einigen kann, muss sich Deutschland in Brüssel enthalten. Darüber hat sich Schmidt einfach hinweggesetzt - wohl in der Annahme, dass ihm die Dankbarkeit der Agrarindustrie mehr nützt, als ihm der Ärger der Bevölkerung schadet. … Wenn die SPD noch irgendeine Form der Selbstachtung hat, muss sie darauf bestehen, dass Schmidt als Minister zurücktritt, bevor auch nur ein weiterer Gedanke an eine neue Große Koalition verschwendet wird. Und wenn schon die Entscheidung auf EU-Ebene durch das dreiste Vorgehen des CSU-Manns gegen den erklärten Willen der SPD gefallen ist, müssen die Sozialdemokraten nun dafür sorgen, dass Glyphosat zumindest in Deutschland verboten wird.“
Malte Kreutzfeldt
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LA REPUBBLICA (IT)

Handstreich vor der Monsanto-Übernahme

Das Einknicken Berlins kommt nicht von ungefähr, mutmaßt La Repubblica:
„In Brüssel wird erzählt, dass Deutschland seine Meinung geändert habe, nachdem es Zusicherungen erhalten hatte, beim Schutz der Biodiversität und der Tiere sowie hinsichtlich der Einschränkungen der Anwendung von Glyphosat im privaten Bereich. Tatsache bleibt, dass die Enthaltung Deutschlands damit begründet war, dass es innerhalb der Regierung entgegengesetzte Meinungen gab. Doch derzeit ist diese Regierung nur noch für die Abwicklung der laufenden Geschäfte zuständig. Grund genug für böse Stimmen, von einem Handstreich zu sprechen: … Denn wer denkt bei Glyphosat nicht an den US-Konzern Monsanto, dessen Haupteinnahmequelle das Unkrautvernichtungsmittel ist? Soll nicht Monsanto von dem deutschen Konzern Bayer übernommen werden?“
Alberto D'Argenio
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WIENER ZEITUNG (AT)

Verbraucher müssen ihre Macht nutzen

Über den Einsatz von Glyphosat entscheiden auch die Verbraucher, betont die Wiener Zeitung:
„Sie können mit ihrer Marktmacht die Landwirtschaft zum Umdenken bewegen. Dass sie dabei höhere Preise in Kauf nehmen müssen, versteht sich von selbst. Gleichzeitig braucht es aber auch mehr Transparenz: Die Konsumenten haben ein Recht auf detaillierte Informationen, wie die Produkte, die auf ihren Tisch kommen, erzeugt worden und welche Chemikalien dabei zum Einsatz gekommen sind. In Österreich liegt - was Lebensmittel betrifft - das Qualitätsbewusstsein über dem EU-Schnitt, und auch bei Österreichs Landwirten gibt es ein überdurchschnittliches 'Bio'-Bewusstsein. Mit etwas Engagement könnte man das Land in eine glyphosatfreie Zone verwandeln.“
Thomas Seifert
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DIE PRESSE (AT)

Alles bleibt beim Alten

So wird in Europas Landwirtschaft kein Umdenken stattfinden, bedauert die Tageszeitung Die Presse:
„Es gibt eine Verlängerung, die wieder verlängert werden kann. Und es gibt keine Motivation für die Landwirte umzudenken, der aufwendigeren mechanischen Bearbeitung der Böden wieder den Vorzug zu geben. Es gibt keine Motivation, den natürlichen Kreislauf von Nützlingen und Schädlingen wieder herzustellen ... Es gibt letztlich keine Motivation, von agrarischen Radikalmethoden Abschied zu nehmen, Anreize für eine umwelt- und konsumentenfreundliche Lebens- und Futtermittelherstellung zu schaffen. Glyphosat bleibt und alles andere auch.“
Wolfgang Böhm
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