Samstag, 4. August 2018

Zu den Ursachen des Investitionsstaus

Aus dem Interview mit Stephan Schulmeister in der FR vom 4.8.18:

"Die Logik des Wertpapierhändlers lautet: Je mehr mein Handelspartner verliert, umso mehr gewinne ich. Ein Unternehmer dagegen kann niemals ein erfolgreiches Geschäft aufbauen nach der Devise 'Je schlechter es meinen Mitarbeitern oder Lieferanten oder Kunden geht, umso besser geht es mir'."

Beide Ansätze haben ihren ökonomischen Sinn, solange eine Regulierung der Finanzmärkte dafür sorgt, dass die Gewinnmarge bei Realinvestitionen höher liegt als die von Finanzinvestitionen. 

"Damit das System funktioniert, muss die erwartete Profitrate auf Reainvestitionen höher sein als die Zinsen – und zwar deutlich höher, da Investitionen in Maschinen oder Anlagen sehr riskant sind. Man kann sie nicht – wie Finanzwerte – von heute auf morgen verkaufen. [...]
Das System funktioniert in dem Moment nicht mehr, wenn der Renditevergleich von Real- zu Finanzanlage zu Gunsten der Finanzanlage ausfällt. Das ist seit den siebziger Jahren der Fall."

In den siebziger Jahren "war das Finanzkapital stark reguliert und daher als Anlagesphäre relativ unattraktiv. Weil der Realkapitalismus aber so erfolgreich war, schuf er immer mehr Vermögen. Um die Vermehrung dieser Vermögen zu erleichtern, wurde der Finanzsektor liberalisiert. Gleichzeitig wurde der Kampf gegen die Inflation zum zentralen Anliegen, also die Sicherung des Geldwertes und damit der Finanzvermögen."

Die Tatsache, dass Realinvestitionen so wenig attraktiv sind, führt zu Unsicherheiten am Arbeitsmarkt.

"Das ist ja der Nährboden des Rechtspopulismus."

mehr dazu:

Stephan Schulmeister: Mitten in der großen Krise. Ein "New Deal" für Europa (Kurzrezension: Wider den Finanzkapitalismus)

Stephan SchulmeisterKleines Organon des Finanzkapitalismus (PDF; 78 kB), dreiteilige Serie von Schulmeister im Standard, 24., 26. und 27. Mai 2006

http://www.fr.de/politik/rechtspopulismus-auf-der-ebene-der-logik-kommt-man-dem-nicht-bei-a-1366029



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