Dienstag, 12. Juni 2018

Europas Uneinigkeit über Flüchtlinge - Trump und Kim auf Kuscheklkurs? - euro|topics


Aquarius-Drama: Europas Poker um Flüchtlinge
Die neue Regierung in Spanien hat angeboten, das Rettungsschiff Aquarius mit 629 Flüchtlingen an Bord in einen Hafen einlaufen zu lassen. Die Überfahrt ist jedoch unter anderem wegen fehlender Vorräte heikel. Malta und Italien hatten tagelang gestritten und die Aufnahme des Schiffes jeweils verweigert. Für Kommentatoren manifestiert sich im Aquarius-Drama das ganze Scheitern von Europas Asylpolitik.
EL PAÍS (ES)

Spaniens linke Regierung kontert

Die positiven Signale der neuen Sánchez-Regierung kommen genau zur richtigen Zeit, lobt El País in seinem Leitartikel:
„Mit der Entscheidung, die 'Aquarius' mit 629 geretteten Flüchtlingen an Bord in Valencia aufnehmen zu wollen, stellt sich die spanische Regierung hinter diejenigen, die der Meinung sind, dass die humanitäre Rettung in der Not Vorrang hat und dass es eine Alternative gibt zu der von den Rechtsextremen geforderten Sperrung der Häfen und Grenzen. ... Der Geste kommt umso größere Bedeutung zu, als dass sie in einem Moment erfolgt, da sich in Europa ein aggressiver Diskurs ausbreitet, unter dem irregulär Eingewanderte leiden müssen. Wenn der italienische Innenminister Matteo Salvini sagt 'das leichte Leben der Einwanderer' habe nun ein Ende, verdreht er nicht nur die Wirklichkeit, sondern er fördert auch die Gewalt.“
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CORRIERE DELLA SERA (IT)

Verwerfliches Spiel mit Menschenleben

Der positive Ausgang der Episode rechtfertigt noch nicht die Mittel, mit denen Rom diesen erzwungen hat, mahnt Corriere della Sera:
„Was bleibt, ist ein moralisch schwer verdauliches Element: eine Politik, die sich des Einsatzes von Menschenleben bedient. Zudem bleibt der leicht groteske Nachgeschmack eines diplomatischen Kampfes zwischen einer Weltmacht (sind wir das noch?) und einem Staat [Malta], der nur sechsmal so groß ist wie die Insel Ischia. Auf der anderen Seite hat sich das Szenario für die Migranten schlagartig geändert. Die neue Situation könnte ihnen sogar zugutekommen. ... Der Fall Aquarius und das spanische Beispiel stellen Präzedenzfälle dar, die nicht wieder ungeschehen zu machen sind. In gewisser Weise wird der Dubliner Vertrag in der Praxis geändert, bevor er in den diplomatischen Akten geändert wird. Von weiteren Risikospielen sollte man jedoch Abstand nehmen.“
Goffredo Buccini
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THE DAILY TELEGRAPH (GB)

Mitgefühl befeuert nur das Schleppergeschäft

Rettungsaktionen im Mittelmeer und die offenen Arme Spaniens drohen das Problem der illegalen Migration zu vergrößern, kritisiert The Daily Telegraph:
„Wer die Situation nüchtern betrachtet, muss sich fragen, ob die Gegenwart dieser Rettungsschiffe Menschen nicht dazu ermutigt, Schlepper zu bezahlen und ihr eigenes Leben zu riskieren. Denn sie wissen, dass sie zu einem Hafen in der EU und nicht zu einem in Afrika wie Tunis oder Algier gebracht werden. Der neue spanische Regierungschef Pedro Sánchez wird zweifelsohne Beifall dafür ernten, dass er zugestimmt hat, die Aquarius und ihre Passagiere aufzunehmen. Doch wie gut seine Aktion auch immer gemeint sein mag, sie wird das Problem nicht lösen, sondern riskiert, den Menschenschmuggel anzufachen, den die EU stoppen möchte.“
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DER STANDARD (AT)

Europa hat die Regierung in Rom, die es verdient

Dass die EU Italien in der Flüchtlingskrise im Stich gelassen hat, hat sich bitter gerächt, erinnert Der Standard:
„Wenn Salvini und der neue Premier Giuseppe Conte sagen, dass es nicht angehen kann, dass staatliche und private Rettungsschiffe aus aller Herren Länder die Migranten weiterhin praktisch ausschließlich nach Italien bringen, dann haben die beiden Recht. Das Gleiche haben auch schon die linken Vorgänger von Salvini und Conte gesagt - und wurden von den EU-Partnern im Stich gelassen. Die fehlende Solidarität bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise war einer der wichtigsten Gründe für den Wahlsieg der europafeindlichen Populisten. Und jetzt zittert der halbe Kontinent vor den Haushaltsabenteurern und Antieurophantasten in Rom. Aber etwas überspitzt formuliert darf man sagen: Europa hat die italienische Regierung bekommen, die es verdient.“
Dominik Straub
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ECHO MOSKWY (RU)

Kein gutes Ende in der Flüchtlingskrise in Sicht

In der Flüchtlingskrise im Mittelmeerraum gibt es weder eindeutige Schuldige noch einfache Lösungen, stellt Echo Moskwy ernüchtert fest:
„Die zivilisierten Länder dachten, wenn sie schlechte Regime verjagen, treten gute Regime an ihre Stelle und übersahen, dass statt der schlechten andere schlechte - oder noch schlechtere - kommen können. ... Abermillionen flüchten ins wohlhabende Europa. ... Wer ist schuld? Die Flüchtlinge, die ihr Leben retten wollten? Oder die Italiener, die es satt haben, die Notaufnahme des europäischen Krankenhauses zu sein? Soll man diese Migranten etwa ertränken? Oder versuchen, Frieden zu stiften in den Ländern, aus denen sie fliehen? Leicht ist es nur, einen Krieg zu beginnen. Frieden zu schaffen kann so lange dauern, dass die jetzt flüchtenden Jugendlichen bis dahin vergreisen. Varianten für einen schlechten Ausgang gibt es viele - ein guter ist nicht abzusehen.“
Anton Orech
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Aquarius-Drama: Europas Poker um Flüchtlinge
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Trump trifft Kim
Beim Treffen zwischen Kim und Trump hat der nordkoreanische Machthaber die "komplette Denuklearisierung" seines Landes zugesagt. Der US-Präsident soll im Gegenzug Sicherheitsgarantien gegeben haben. Europas Presse beschäftigt sich vor allem mit der Inszenierung des historischen Gipfels.
ZOOM (HU)

Händedruck der Giganten

Der historische Handschlag, auf den die ganze Welt gewartet hat, ist endlich passiert, witzelt Zoom:
„Der erste Händedruck zwischen einem amtierenden amerikanischen Präsidenten und einem nordkoreanischen Regierungschef hat stattgefunden und er dauerte ganze 12 Sekunden. In seiner Bedeutung ist er nur mit dem Handschlag im Film Predator zu vergleichen, als Arnold Schwarzenegger auf Carl Weathers trifft. Im Vergleich zu seinen anderen legendären Handschlägen hielt Trump sich sich diesmal aber für seine Verhältnisse zurück, er zerrte Kim Jong Un nicht zu sich herüber und machte aus dem Treffen auch keinen Schwanzvergleich.“
Márton Marczisovszky
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DIE TAGESZEITUNG TAZ (DE)

Zufallsprodukt einer Irrfahrt

Der historische Handschlag zwischen Trump und Kim ist für die taz noch lange kein Zeichen einer klugen Politik Trumps:
„Diplomatie ist im besten Falle getrieben von der Voraussicht. Wer verhandelt, darf sich nicht auf das eigene Bauchgefühl und Selbstvertrauen verlassen. Er muss genau wissen, welche Interessen das Gegenüber antreiben, wie er diesen begegnen kann und was aus dem eigenen Handeln folgen könnte. Wer darauf scheißt, mag im Einzelfall auch mal Erfolg haben. Als Vorbild für eine neue Diplomatie taugt er deswegen noch lange nicht.“
Tobias Schulze
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DE VOLKSKRANT (NL)

Kims erstaunlicher Wandel zum Kuschel-Diktator

Vor dem Gipfeltreffen erregte Nordkoreas Diktator Kim Jong-un Aufsehen mit einem touristischen Rundgang in Singapur. Die Volkskrant-Korrespondenten Michael Persson (USA) und Jeroen Visser (Südkorea) wundern sich über den Imagewandel:
„Es ist erstaunlich, wie sehr Kim in kurzer Zeit sein Image veränderte, weg vom irrationalen, aggressiven Diktator mit Atom-Ambitionen hin zu einem kuscheligen Staatsoberhaupt, das nichts lieber will als Friede und Freundschaft. Vergessen sind die Atomtests, die Drohungen mit einem alles vernichtenden Atomkrieg und die Ermordung seines Halbbruders auf dem internationalen Flughafen von Kuala Lumpur mit einem verbotenen Nervengas.“
Trump gibt Nordkorea Sicherheitsgarantie SPON 12.6.18

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