Freitag, 30. März 2018

Ein neues Unternehmensrecht? - Artikel 1833

 Frankreichs Präsident Emmanuel Macron plant, das französische Zivilrecht zu ändern, den berühmten, über 200 Jahre alten Code Napoléon. Und zwar dort, wo Napoleon Bonaparte im Jahr 1804 die für Kontinentaleuropa bis ins 20. Jahrhundert prägende Definition eines Privatunternehmens vornahm. Im Artikel 1833 heißt es: "Jede Gesellschaft muss ein erlaubtes Ziel verfolgen und im gemeinsamen Interesse der Teilhaber errichtet sein." Nur legal und im Interesse der Eigentümer müssen Unternehmen demnach handeln. Damit setzte Napoleon dem Kapitalismus kaum Grenzen. [...]
Macron plant nun, den Artikel 1833 zu ergänzen: "Die Gesellschaft muss in ihrem eigenen Interesse geführt werden, unter Berücksichtigung der sozialen und ökologischen Folgen ihrer Aktivitäten." (Dann halt wie Napoleon, ZEIT online 27.3.18)

Eine verheißungsvolle Perspektive. Freilich, wie groß ist die Rolle, die die Sozialbindung des Eigentums im GG in der Praxis spielt?
Aber sie spielt eine Rolle. Und Artikel 1833 könnte die rechtliche Grundlage für überfällig Reformen werden, wenn er EU-weit eingeführt wird.

Donnerstag, 29. März 2018

Ijoma Mangold über Identitätspolitik

Da ich aus Zeitgründen mehr lese als als Video oder im Fernsehen sehe, habe ich erst jetzt Ijoma Mangold live erlebt.
Das große Engagement, mit dem er als Schwarzer darauf hinwies, dass Vorurteile für Orientierung nötig sind, weil sie eine Vororientierung ermöglichen, die die Voraussetzung für ein differenziertes Verständnis sind, hat mir imponiert.
Insgesamt habe ich den Eindruck gewonnen, dass er nach der intensiven Sozialisation als deutsche Intellektueller jetzt sehr multiperspektivisch denken kann.
Das Interview, das ich gehört habe, bezog sich auf seine Autobiographie "Das deutsche Krokodil".
So sehr es mein Interesse für dies Buch geweckt hat, am interessantesten fand ich doch seine Überlegungen zur Identitätspolitik.
Vermutlich habe ich seinen Aufsatz aus dem Dezember 2016 schon damals gelesen und gut gefunden; aber die Art wie er diese Argumentation vorgetragen hat, hat mich jetzt doch noch mehr beeindruckt.
Freilich, inzwischen ist ja durchaus deutlich klarer geworden, wie problematisch es ist, wenn man über differenziertester Genderproblematik die die Machtzusammenballung der Multimilliardäre aus dem Auge verliert.  Und überzeugend finde ich seinen Hinweis, dass man einen multiperspektivischen Diskurs nicht dadurch verhindern darf, dass jede Gruppe das alleinige Definitionsrecht über ihre Rolle in der Gesellschaft bekommt. 

Schon lange fand ich Lillas Positionen bedenkenswert, auf die Mangold in seinem Artikel von 2016 hinweist.

Setzen Xi und Kim auf Deeskalation? - euro|topics


Nach dem Besuch von Nordkoreas Machthaber Kim bei Staatschef Xi in Peking haben chinesische Medien ein harmonisches Treffen gezeigt und Kim mit der Aussage zitiert, die Frage der Denuklearisierung könne gelöst werden. Einige Medien erkennen darin erste Anzeichen für eine Entspannung auf der koreanischen Halbinsel. Andere machen Hindernisse dafür aus, die nicht allein in Pjöngjang oder Peking zu finden sind.
LE TEMPS (CH)

Trump hinkt den Ereignissen hinterher

Die Ergebnisse der Gespräche zwischen Xi und Kim könnten eine Wende einleiten, auf die der US-Präsident reagieren muss, mahnt Le Temps:
„Die Unterzeichnung eines Friedensvertrags und die Zusicherung für eine von Atomwaffen befreite koreanische Halbinsel wären großartige Neuigkeiten für die globale Sicherheit. Dies setzt auch voraus, dass Pjöngjang und Washington im militärischen Bereich auf entscheidende Punkte verzichten. Der Prozess wird lang und komplex werden. Kim Jong-un bereitet sich derzeit darauf vor, indem er sich mit seinem chinesischen Paten abstimmt. Donald Trump begrüßt die Geste. Auch er zählt auf Peking, um ein Ergebnis zu erzielen. Doch der US-Präsident, der weiter seine engsten Berater austauscht, scheint weniger gut auf seine Rolle vorbereitet zu sein.“
Frédéric Koller
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DER STANDARD (AT)

Keine Aussicht auf Entspannung

Dass sich die Lage auf der koreanischen Halbinsel entspannen könnte, bezweifelt Der Standard hingegen:
„Schwer zu glauben ist ..., dass Kim tatsächlich all das plant, was er auch in China versprochen haben soll. Es bleibt sogar unsicher, ob es überhaupt zum Treffen mit Trump kommen wird, selbst wenn der US-Präsident vorgibt, fest daran zu glauben. Pjöngjang hat die Pläne noch immer nicht öffentlich bestätigt: Dass es sie gibt, weiß man nur, weil Südkorea, China und die USA darüber sprechen. Noch unwahrscheinlicher ist, dass Nordkorea die nukleare Abrüstung plant. Atomwaffen sind Kims Lebensversicherung. Pjöngjang wird es umso schwerer fallen, an ein Abkommen mit den USA zu glauben, wenn Trump zugleich daran arbeitet, den Iran-Deal möglichst spektakulär zu zerreißen, und einen Sicherheitsberater einstellt, dessen liebste Lösung für fast jedes Problem Bombenhagel lautet.“
Manuel Escher
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AAMULEHTI (FI)

Chinas Spielball

Peking weiß Nordkorea geschickt für seine Interessen zu nutzen, konstatiert Aamulehti:
„Wenn China wollte, könnte es Kim Jong-uns Diktatur beenden und Nordkorea rasch dazu bewegen, seine Atomwaffen zu beseitigen. China ist Nordkoreas Lebensader. Die nordkoreanische Diktatur bleibt nur dank Chinas Hilfe und dem Handel mit China bestehen. … Falls Peking Kim dazu bringt, auf Atomwaffen und sein Raketenprogramm zu verzichten und die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel abbauen kann, wäre dies den Friedensnobelpreis wert. Auch wenn Donald Trump Kim Jong-un trifft und die Halbinsel wieder stabiler würde, würde der Applaus doch an Peking gehen. Das würde China bei seinen Bestrebungen helfen, die führende Supermacht der Welt zu werden.“
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DE TELEGRAAF (NL)

Meisterhafter Schachzug von Xi

Die Machthaber Chinas und Nordkoreas haben beide gleichermaßen von dem Treffen profitiert, analysiert De Telegraaf:
„Sowohl für Xi als auch für Kim war der Besuch entscheidend. Peking, das zunächst ignoriert worden war, hat sich wieder voll in den von Pjöngjang mit Seoul und Washington geführten Verhandlungsprozess gespielt. Auf der anderen Seite hat sich Kim vergewissert, dass er die Unterstützung seines mächtigen Nachbarlandes und der alten Verbündeten hat. Im April ist ein persönliches Gespräch mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in geplant, und Ende Mai wird Kim Donald Trump treffen. Dass Xi jetzt schon Kims Hand geschüttelt hat, ist sowohl symbolisch als auch politisch ein meisterhafter Schachzug.“
Marcel Vink
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Dienstag, 27. März 2018

Ist der Rausschmiss russischer Diplomaten richtig? - euro|topics


Mehrere EU-Mitglieder, die USA und weitere Staaten weisen als Reaktion auf die Vergiftung des Doppelagenten Skripal russische Diplomaten aus. Mindestens 137 Botschafts- und Geheimdienstmitarbeiter müssen zurück nach Russland. Einige Kommentatoren loben die Einigkeit und Solidarität mit Großbritannien. Andere finden, dass westliche Staaten es sich mit der Ausweisung zu einfach machen.
BBC (GB)

Mays diplomatischer Coup

Theresa May hat es geschafft, ihre Verbündeten zu einem harten Kurs gegenüber Moskau zu bewegen, lobt die BBC:
„Die kollektiven Ausweisungen vonseiten der USA und der EU-Staaten zeugen von einer bemerkenswerten Solidarität mit Großbritannien. Umso mehr, als sie zu einer Zeit kommen, in der die Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU wegen der Brexit-Verhandlungen angespannt sind. Donald Tusks Botschaft, es könne 'weitere Maßnahmen' geben, sendet Moskau, das noch über seine Reaktion nachdenkt, ein Signal. Theresa May hat einen großen diplomatischen Erfolg errungen. Auf die starke rhetorische Unterstützung ihrer Verbündeten folgen nun aufeinander abgestimmte Taten.“
Jonathan Marcus
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CORRIERE DELLA SERA (IT)

EU und USA endlich wieder Seit an Seit

Diesmal geht die Strategie des Kreml nicht auf, freut sich der EU-Experte von Corriere della Sera, Franco Venturini:
„Eines der Hauptziele der russisch-sowjetischen Strategie war immer, den Westen zu spalten und die transatlantischen Beziehungen zu schwächen. Im vergangen Jahr dürfte Putin sich daher die Hände gerieben haben. ... Doch nach der Vergiftung des Ex-Spions Skripal und seiner Tochter zeichnet sich eine Kehrtwende ab. ... Denn es galt, sich solidarisch mit Großbritannien zu zeigen. Eine Solidarität, die dem Kern eines noch immer uneinigen Europa auch als willkommene politische Gelegenheit erschienen sein muss. ... Die zweite politische Gelegenheit betrifft Trump und sein Verhältnis zu Europa. ... Dass Trump in die vierseitige Erklärung von Salisbury einbezogen wurde, ist der guten Beziehung des französischen Präsidenten zum Chef des Weißen Hauses zu verdanken.“
Franco Venturini
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MLADÁ FRONTA DNES (CZ)

Der willkommene Feind

Die konzertierte Ausweisung russischer Diplomaten folgt hingegen für Mladá fronta dnes einem zu einfachen Muster:
„Wladimir Putin wird mittlerweile für alles Böse auf der Welt verantwortlich gemacht. Für die EU-skeptische Haltung Ungarns, das Referendum in den Niederlanden, die französische Rechte, die erfolgreiche Kampagne zum Brexit oder die für Donald Trump siegreiche US-Wahl. Schon seltsam, dass Putin nicht auch für das Kindbettfieber im afrikanischen Zimbabwe die Schuld trägt. In diese Reihe passt, dass der Kreml ohne Untersuchung und ganz automatisch die Verantwortung für den Anschlag auf Skripal und dessen Tochter zugeschoben bekam.“
Pavel Kopecký
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DER BUND (CH)

Echte Freunde hätten anders agiert

Die Ausweisung russischer Diplomaten ist falsche Solidarität mit Großbritannien, findet der Europa-Korrespondent Stephan Israel in Der Bund:
„Es ist kein Geheimnis, dass im 'Moskau an der Themse' seit Jahren in grossem Umfang russisches Geld gewaschen und in superteuren Immobilien angelegt wird. Die Londoner City eignet sich dank der angehängten britischen Steueroasen hierfür besonders gut. Auch der russische Staat hat den Finanzplatz gerade wieder genutzt um Anleihen aufzulegen, um die sich die Investoren gerissen haben sollen. Echte Freunde hätten die britische Regierung gedrängt, als Antwort auf den Nervengas-Angriff endlich mal im Sumpf der Oligarchen mit ihren privilegierten Investorenvisa und dem Geld umstrittener Herkunft aufzuräumen.“
Stephan Israel
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ISWESTIJA (RU)

Niemand will die Wahrheit aufdecken

Zur Aufklärung des Giftanschlags trägt die Ausweisung russischer Diplomaten jedenfalls nicht bei, kritisiert auch Iswestija:
„Die massenhafte Ausweisung 'als Zeichen der Solidarität' mit einem Land, das in seiner Provinz noch nicht einmal eine polizeiliche Untersuchung kompetent durchführen kann, ist ein wunderlicher und in der zivilisierten Gesellschaft noch nicht dagewesener Akt. Es ist bemerkenswert, dass die Amerikaner nicht einmal, wie sonst in solchen Fällen üblich, versucht haben, den Briten Hilfe durch ihre 'FBI-Spezialisten' zu schicken. Das ist die normale Praxis. Das FBI gastiert schließlich oft irgendwo mit unterschiedlichem Erfolg. ... Doch hier hat entweder Theresa May abgelehnt oder niemand wollte von Anfang an die Wahrheit aufklären. Eine solch kollektive Protesterklärung hat jedenfalls keinen praktischen Sinn.“
Evgeni Krutikov
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