Montag, 14. Mai 2018

US-Botschaft in Jerusalem, Atomabkommen mit Iran Reaktion der EU? Italien rechtspopulistische Regierung?

Die USA eröffnen am heutigen Montag ihre Botschaft in Jerusalem. Eine gemeinsame kritische Erklärung der EU zu dieser Entscheidung wurde von Tschechien, Rumänien und Ungarn verhindert. Zu Recht, finden einige Kommentatoren. Andere glauben hingegen, dass die EU nun einen Schritt auf die Palästinenser zugehen müsste.
LIDOVÉ NOVINY (CZ)

Kritik an Botschaftsverlegung ist fadenscheinig

Tschechien gehört zu den Ländern, die eine gemeinsame Erklärung der EU gegen den Umzug der US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem blockieren. Lidové noviny kann dies nachvollziehen:
„Die EU besteht auf der Zweistaatenlösung. Die wird durch Botschaftsumzüge nach West-Jerusalem aber nicht verhindert. Es gibt zudem bereits Konsulate in Ost- und West-Jerusalem. Weshalb stört sich daran niemand? ... In Prag ist seit 30 Jahren eine palästinensische Botschaft ansässig. Würde Tschechien seine Botschaft in Israel nach West-Jerusalem verlegen, ginge das Land somit nicht unausgewogen vor. Wollte die EU wirklich beide Seiten gleich behandeln, müssten zwei Punkte gelten: Vor einem Friedensvertrag dürfte es keine Botschaften in Jerusalem geben. Dann aber dürfte so lange auch der Staat Palästina nicht anerkannt werden.“
Zbyněk Petráček
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ADEVÂRUL (RO)

Visegrád-Staaten suchen neue Partner

Dass Ungarn, Tschechien und Rumänien die EU-Erklärung blockieren, passt in die derzeitige Politik der Visegrád-Staaten, meint Journalist Cristian Unteanu in seinem Blog bei Adevărul:
„Rumäniens Senatspräsident Tăriceanu hat in diesem hochexplosiven Kontext eine sehr suggestive Erklärung abgegeben. Er sagte: 'Wir können in einer Union, in der man immer intensiver über ein Europa mehrerer Geschwindigkeiten diskutiert, nicht ausschließen, dass es nicht auch eine unterschiedliche Geschwindigkeit in der Außenpolitik gibt.' Tăriceanus interessante Äußerung passt voll und ganz zur traditionellen Ideologie der Visegrád-Gruppe, die immer mehr Partner sucht, um ein realer Machtpol zu werden, der sowohl im Inneren der EU als auch in der Außenpolitik eine Rolle spielen kann. Vor allem gemeinsam mit den USA und direkt unter dem Schirm Großbritanniens nach dem Brexit.“
Cristian Unteanu
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THE GUARDIAN (GB)

Palästina jetzt anerkennen

Großbritannien und andere EU-Staaten sollten als Reaktion auf die Botschaftsverlegung ein starkes politisches Signal an die Palästinenser senden, fordert der Aktivist der israelischen Friedensbewegung Alon Liel in The Guardian:
„Der Schritt [der Anerkennung eines Palästinenserstaats] könnte ein politisches Gegengewicht zu Donald Trumps einseitiger und gefährlicher Verlegung der US-Botschaft darstellen. Die Anerkennung durch Großbritannien würde die Grundrechte der Palästinenser stärken, Hoffnung wiederherstellen und dazu beitragen, Respekt auf gleicher Ebene zu schaffen - ohne diesen ist kein Friedensabkommen gerecht oder tragfähig. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass wenn Großbritannien - im Idealfall gemeinsam mit Frankreich - Palästina anerkennen würde, könnte das die faire Zweistaatenlösung und die Chance auf ein Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern retten.“
Alon Liel
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DAGENS NYHETER (SE)

Trump zündelt in Nahost

Trump hat nach Ansicht von Dagens Nyheter den schlechtesten Zeitpunkt gewählt, um die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen:
„Er ist gerade aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen. Die Spannung in der Region steigt. Der Iran hat vergangene Woche Raketen gegen israelische Stützpunkte auf den Golanhöhen abgefeuert. Israel reagierte mit Raketenangriffen auf iranische Ziele in Syrien. Und wenn Israel seinen 70. Geburtstag feiert, erinnern sich die Palästinenser an die Nakba vor 70 Jahren [im arabischen Sprachgebrauch die Flucht und Vertreibung von etwa 700.000 arabischen Palästinensern aus dem früheren britischen Mandatsgebiet]. Dieser Tag der Erinnerung fällt auf diesen Dienstag. Am nächsten Tag beginnt der Ramadan. Das Sprengstoff-Fass ist voll. Und Donald Trump steht mit der Streichholzschachtel bereit.“
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US-Botschaft in Jerusalem: Wie muss EU reagieren?
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Die EU will am Atomabkommen mit dem Iran festhalten - trotz Trumps Entscheidung für einen Ausstieg der USA. EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte, dieses sei "entscheidend für die Sicherheit in der Region, in Europa und auch der Welt". Journalisten sind sich allerdings uneins, ob sich Europa gegenüber den USA zu behaupten weiß.
DIENA (LV)

Europas Widerstand wird nicht lang andauern

Warum die USA keine Angst davor haben, sich mit ihren Verbündeten in Europa anzulegen, erklärt Diena:
„Die USA können nicht darauf hoffen, dass sie vom UN-Sicherheitsrat unterstützt werden. Denn gegen die Aufkündigung des Iran-Abkommens sind nicht nur China und Russland. Auch die wichtigsten Verbündeten der USA in Europa, die Briten, sind in diesem Fall nicht einverstanden. ... Die Europäer haben im Gegensatz zu den USA Milliarden Euro im Iran investiert und wollen ihr Geld natürlich nicht wegen irgendwelcher Anwandlungen von Trump und Washington verlieren. Aber die USA haben ihre eigenen Methoden, um Europa zu überzeugen, deshalb wird dessen Widerstand nicht lange dauern. Darüber hinaus glaubt die Administration von Trump, dass im Iran die Unzufriedenheit der Massen zum Sturz des Regimes führen könnte.“
Andis Sedlenieks
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PHILELEFTHEROS (CY)

Amerika ist nicht unverwundbar

Eine Eskalation der Beziehungen zwischen EU und USA wird vor allem für letztere gefährlich, glaubt der Politikwissenschaftler Stephanos Konstandinidis in Phileleftheros:
„Der US-Präsident bedroht den Iran, droht aber gleichzeitig Europa, das weder aus dem Abkommen mit dem Iran austreten noch Sanktionen verhängen will. Da Dutzende von europäischen Unternehmen bereits Interessen im Iran haben, droht ein amerikanisch-europäischer Handelskrieg. ... Solch ein Krieg könnte für die USA gefährlich werden, sobald Europa eine gemeinsame Front mit Russland und China hat. Amerika ist nicht unverwundbar. Alles, was die USA in den letzten Jahren erreicht haben, - wenn wir von Erfolgen reden können, da die amerikanische Politik von Jugoslawien bis Irak und Libyen nur Desaster verursacht hat - ist mit der Unterstützung Europas gelungen.“
Stephanos Konstantinidis
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DEUTSCHLANDFUNK KULTUR (DE)

Partnerschaft EU-Iran kann Zukunft haben

Auch wenn die EU die Folgen der US-Sanktionen für europäische Firmen nicht kompensieren kann, kann sie etwas entgegenhalten, meint Deutschlandfunk Kultur:
„Nicht alle europäischen Unternehmen sind sowohl in den USA als auch im Nahen Osten aktiv. Jene, die sich auf den Iran konzentrieren und ihre Geschäfte in Euro statt in US-Dollar abwickeln, können ermutigt werden, das weiterhin zu tun. Die EU kann dem Iran zudem über ihre Förderbank Kredite anbieten. Dafür muss Teheran zusichern, sich wie bisher an den Atomdeal zu binden. Mehr noch: Die EU muss dem Iran klarmachen, dass weitere Abkommen folgen müssen. Über die Einschränkung des iranischen Raketenprogramms und über die Beschränkung des iranischen Machtanspruchs im gesamten Nahen Osten. Ob der Iran da mitzieht? Das wird sich zeigen, völlig ausgeschlossen ist es jedenfalls nicht.“
Peter Kapern
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Was macht Europa aus dem Atomabkommen?
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Italien kurz vor Regierung Lega - Cinque Stelle
In Italien haben sich die rechtsnationale Lega und die Protestbewegung Movimento Cinque Stelle auf ein Regierungsprogramm verständigt. Sie wollen am heutigen Montag Präsident Sergio Mattarella informieren und ihm auch einen Ministerpräsidenten vorschlagen. Sowohl für das hochverschuldete Italien als auch für die EU steht nach Einschätzung von Kommentatoren bei dieser Regierungsbildung viel auf dem Spiel.
CORRIERE DEL TICINO (CH)

Gefahr der Inkompetenz

Angesichts seines Schuldenbergs braucht Italien unbedingt fähige Leute in der Regierung, zeigt sich Ferruccio De Bortoli in Corriere del Ticino beunruhigt:
„Wir wissen nicht, ob diese Überlegungen [zu Italiens Finanzen] bei der Ausarbeitung des Vertrags der 'Regierung des Wandels' aus Lega und Cinque Stelle eine Rolle gespielt haben. Doch sicherlich sind sie die größte Sorge des Staatspräsidenten. Sergio Mattarella wird seine Vorrechte deshalb vor allem bei der Wahl des Premiers geltend machen. Dieser darf kein einfacher Sprecher oder Delegierter sein, der die Befehle der beiden Hauptakteure, Luigi Di Maio und Matteo Salvini, ausführt. Und Mattarella wird auch bei der Besetzung der Schlüsselpositionen (Außen- und vor allem Wirtschaftsministerium) nicht schweigen. ... Doch die Gefahr, dass inkompetente Neulinge ins Amt kommen, ist hoch.“
Ferruccio De Bortoli
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DE STANDAARD (BE)

Wer sich an den Status quo klammert, verliert

Als Menetekel für die EU sieht De Standaard die Entwicklungen in Italien:
„Emmanuel Macron, der Anführer der Euro-Freunde, muss sich ziemlich einsam fühlen. Seine auserkorene Verbündete Angela Merkel ist im eigenen Land geschwächt und macht einen wenig kämpferischen Eindruck. Stattdessen führt inzwischen der niederländische Premier Mark Rutte eine Gruppe von Ländern an, die für mehr Euro-Realismus plädieren. ... Doch in der Brüsseler Blase scheint das immer noch nicht angekommen zu sein. Anstatt nun innezuhalten und gründlich nachzudenken, warum immer mehr Bürger sich von der europäischen Politik abwenden, halten viele Funktionäre ängstlich an den alten Rezepten fest. ... Sich krampfhaft an den Status quo zu klammern, kann aber eine gefährliche politische Entscheidung sein. Das hat das italienische Establishment selbst erfahren.“

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