Dienstag, 29. Mai 2018

Italien steuert auf Neuwahl zu - euro|topics

Präsident Mattarella hat den proeuropäischen Ökonomen Carlo Cottarelli mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt. Zuvor war die Regierungsbildung zwischen Cinque Stelle und Lega gescheitert, weil Matarella sein Veto gegen die Einsetzung des Euroskeptikers Paolo Savona als Finanzminister eingelegt hatte. Was bedeuten mögliche Neuwahlen für Italien?
LA REPUBBLICA (IT)

Kein italienischer Macron in Sicht

Stefano Folli, Experte für Innenpolitik bei La Repubblica, fragt besorgt, wer den Siegesmarsch der eurofeindlichen Parteien jetzt noch verhindern kann:
„In erster Linie sie selbst. Cinque Stelle ist auf dem besten Weg, sich in eine extremistische Sekte mit umstürzlerischen Allüren zu verwandeln, um ihre Schlappe (bei der Regierungsbildung] vergessen zu machen. Da wird der listige [Lega-Chef] Salvini rasch entscheiden müssen, ob er lieber mit Berlusconi oder Cinque Stelle ins Rennen geht. Ein Alleingang ist ausgeschlossen. In zweiter Linie bedarf es Euro-Begeisterte, um Euro-Skeptiker zu stoppen. Doch sind diese schwer auszumachen. In Frankreich stoppte Macron im vergangene Jahr Marine Le Pen, die französische Version von Salvini. ... Das Problem Italiens ist, dass sich leider am Horizont kein Macron abzeichnet, der eine neue Einheit schaffen könnte.“
Stefano Folli
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NEUE ZÜRCHER ZEITUNG (CH)

Plebiszit über den Euro

Wie sich die EU schon jetzt wappnen muss, sollte Italien nach Neuwahlen aus dem Euro austreten, erklärt die Neue Zürcher Zeitung:
„Die Neuwahlen dürften zum Plebiszit über den Euro werden. Die Europäische Union wird dadurch nach dem Brexit einem weiteren ernsthaften Test ausgesetzt. Wichtig ist zunächst eine möglichst sachliche Diskussion in Italien über die Vor- und Nachteile der Gemeinschaftswährung für das Land. Wichtig ist sodann, dass die Regierungen der übrigen Euro-Staaten Optionen für einen geordneten Austritt Italiens aus dem Währungsverbund vorbereiten. Sie müssen sich überlegen, wie sie Italien im Falle eines Zusammenbruchs retten wollen - und ob sie das können.“
Andres Wysling
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RZECZPOSPOLITA (PL)

Lasst die Populisten regieren!

Die Lage in Italien ist nach der geplatzten Regierungsbildung noch gefährlicher, findet auch Rzeczpospolita:
„Wir sind erst am Anfang der italienischen Krise, die zu einer ernsthaften europäischen Krise werden kann. Ihr tatsächliches Ausmaß lernen wir wohl erst nach den Neuwahlen kennen, wenn die zwei populistischen Parteien, die jetzt von Mattarella aufgehalten wurden, noch mehr Unterstützung erhalten werden. Das Vorgehen des Präsidenten ist riskant. Er hat nicht das gesellschaftliche Mandat (Abgeordnete, Senatoren und die Delegierten der Regionen haben ihn gewählt) wie die beiden euroskeptischen Parteien, die die meisten Stimmen bei den Wahlen gewonnen haben. In den nächsten Wahlen kann der Zorn gegen das Establishment noch stärker werden. Die Populisten sollte man besser regieren lassen, solange sie noch nicht alle überzeugt haben. Wenn sie auf die Realität stoßen, werden sie gemäßigter.“
Jerzy Haszczyński
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DIE PRESSE (AT)

Produktivität steigern besser als Währung abwerten

Italien ist an seiner Wirtschaftskrise selbst schuld, kritisiert Die Presse und erinnert an die frühen 1970er Jahre:
„Deutschland zog in Sachen Wettbewerbsfähigkeit davon. Die anderen europäischen Länder standen vor der Entscheidung, ihre Position auf den Exportmärkten mit Währungsabwertungen zu verteidigen oder mit harten Strukturreformen in Sachen Produktivität zu Deutschland aufzuschließen. Italien entschied sich für Ersteres. In Österreich drückten Notenbank-General Heinz Kienzl (SPÖ), Finanzminister Hannes Androsch (SPÖ) und Notenbankpräsident Stephan Koren (ÖVP) die strikte D-Mark-Bindung durch. ... Den Unterschied kann man sich heute anschauen. Die Lehre daraus: Wer nicht abwerten kann, muss seine Wettbewerbsfähigkeit eben durch Produktivitätssteigerung verbessern. Das geht, wie wir gesehen haben. Und es ist ein Erfolg versprechender Weg.“
Josef Urschitz
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