Montag, 28. Mai 2018

Regierungsbildung in Rom geplatzt - euro|topics

In Italien ist die Regierungsbildung im letzten Moment an einer Personalie gescheitert. Cinque Stelle und Lega wollten den Ökonomen Paolo Savona zum Finanzminister machen, der als Euroskeptiker und Kritiker Deutschlands gilt. Dagegen legte Präsident Mattarella sein Veto ein. Der Blick in die Kommentarspalten zeigt, dass die Krise in Italien die Gräben innerhalb Europas verschärfen könnte.

Wird Folli Recht behalten mit seiner Aussage: "Die Neuwahlen werden zum letzten Gefecht zwischen entgegengesetzten Auffassungen von Europa, der EU-Mitgliedschaft, der Wirtschaftspolitik und somit der Rolle der Gemeinschaftswährung werden." ? (Fonty)
HANDELSBLATT (DE)

Bravo Mattarella!

Voll des Lobes für den Staatspräsidenten ist die Italien-Korrespondentin des Handelsblatts, Regina Krieger:
„Genau richtig hat er reagiert in dem Politik-Chaos, das seit Wochen Italien erschüttert, die Börsen auf Talfahrt jagt und die Nervosität an den Finanzmärkten steigen lässt. Er hat alle Möglichkeiten seines Amtes und der Verfassung genutzt und sein Veto eingelegt gegen einen möglichen Wirtschaftsminister, der bekennender Euro-Skeptiker ist. Mattarella hat die richtigen Worte und den richtigen Stil gefunden, um dieser gefährlichen wie dumpfen Rhetorik entgegenzutreten. ... Mattarella ist zu wünschen, dass sein von der Verfassung gewährtes Bollwerk standhält gegen anti-demokratische Anwürfe jenseits des guten Stils. Das ist für Italien noch wichtiger als die ökonomischen Probleme.“
Regina Krieger
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MANDINER (HU)

Präsident schert sich nicht um Wählerwillen

Mattarella tritt demokratische Prinzipien mit Füßen, empört sich hingegen Mandiner:
„Die internationale Mainstream-Presse ist voll davon, dass die neuen Bewegungen, die als 'populistisch' bezeichnet werden, überall auf der Welt die Demokratie unterhöhlen, im Gegensatz zu den alten, liberalen Kräften, den Wächtern der Demokratie. Doch wie wollen wir es nennen, wenn der zur veralteten politischen Kaste gehörende Staatspräsident aus eindeutig politischen Motiven die Parteien bei der Regierungsbildung behindert, die von den Wählern dazu ermächtigt wurden, und die Ernennung von Ministern blockiert? Ist das nicht eine komplette Missachtung der Demokratie und des Wählerwillens? Stellen wir uns vor, ein 'populistischer' Staatschef würde die Regierungsbildung 'liberaler Demokraten' verhindern, weil ihm die Minister nicht gefallen. Was wären die Reaktionen darauf?“
Gellért Rajcsányi
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THE GUARDIAN (GB)

EU-Eliten sind eigentliche Reformverhinderer

Der Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung vorzuwerfen, sie würden die Weiterentwicklung der EU behindern, ist absurd, schimpft der Gründer der NGO European Alternatives, Lorenzo Marsili, in The Guardian:
„Die EU braucht eine rasche und tiefgreifende Reform. Doch ein unbekümmertes politisches Establishment ist darauf bedacht, alles so zu belassen, wie es ist, komme was wolle. Manfred Weber, der deutsche Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, kommentierte die Bemühungen zur Bildung einer neuen Regierung in Italien so: Die Reform der Eurozone sei nun aussichtslos. Damit wird den anderen die Schuld in die Schuhe geschoben. Dabei hat gerade Deutschland kein Interesse an einer europäischen Reform. Es sieht nun die Möglichkeit, jegliche Veränderung zu verhindern. ... Die Herausforderungen der heutigen Zeit verlangen Führungsstärke und Visionen - doch unsere Politiker schlafwandeln in den Abgrund.“
Lorenzo Marsili
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LA REPUBBLICA (IT)

Ein letztes europapolitisches Gefecht

Als Sieger aus den tagelangen Querelen geht letztlich Lega-Chef Matteo Salvini hervor, erklärt Stefano Folli, Experte für Innenpolitik, in La Repubblica:
„Man wird nicht ohne Grund sagen, dass Salvini, im Gegensatz zu [Fünf-Sterne-Chef] Di Maio, es von Anfang an genau darauf angelegt hatte: Er hat nie an eine Koalition mit einem unsichtbaren Mann [Conte] als Premier geglaubt. Längst bereitete er sich auf Neuwahlen vor, über die Köpfe der Fünf Sterne hinweg, und unter dem Banner des 'Souveränismus'. Das ist der Grund, weshalb er keine Bereitschaft signalisiert hat, Savona mit dem weniger umstrittenen [Vize-Lega-Chef] Giorgetti zu ersetzen. … Die Neuwahlen werden zum letzten Gefecht zwischen entgegengesetzten Auffassungen von Europa, der EU-Mitgliedschaft, der Wirtschaftspolitik und somit der Rolle der Gemeinschaftswährung werden.“
Stefano Folli
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