Donnerstag, 31. Mai 2018

Vertrauen in ukrainische offizielle Nachrichten schwer gestört - euro|topics

Mit einer spektakulären Aktion hat der ukrainische Geheimdienst SBU nach eigenen Angaben einen Mordanschlag auf den russischen Journalisten Arkadij Babtschenko verhindert. Ukrainische Behörden meldeten am Dienstag Babtschenkos Tod, am Mittwoch wurde bekannt, dass der in die Ukraine emigrierte Putin-Kritiker noch lebt. Europas Kommentatoren fragen sich, wem man nach dieser Inszenierung noch glauben kann.
WIENER ZEITUNG (AT)

Alle Wahrheiten sind erschüttert

Mit der Inszenierung des Mordes an Arkadij Babtschenko hat die Ukraine vor allem sich selbst geschadet, urteilt die Wiener Zeitung:
„Das Land, das von seinen westlichen Partnern ohnedies wegen der immer noch grassierenden Korruption kritisch beäugt wird, steht einmal mehr als chaotisch und unberechenbar da. Die Lust des Westens, mit Kiew stärker zusammenzuarbeiten, könnte sich abschwächen, wenn das Vertrauen fehlt. Das wäre aber für eine Ukraine, die aus naheliegenden Gründen die Brücken nach Russland abgebrochen hat, fatal. Für Journalisten kann die Lehre aus dem Fall Babtschenko nur lauten: Traue keinem. Wenn selbst Nachrichten über den Tod eines Menschen unter 'Fake News' fallen, wenn es nicht mehr möglich ist, offiziellen Angaben zu unbestrittenen Fakten wie einer Erschießung zu trauen, ist für politisch Interessierte der Boden unter den Füßen weggebrochen.“
Gerhard Lechner
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VEDOMOSTI (RU)

Neues Kapitel in der Geschichte der Fake News

Das Vorgehen des ukrainischen Geheimdienstes zerstört nicht nur das Vertrauen in die Medien, kritisiert Vedomosti:
„Die Spezialoperation des SBU war eine traditionelle Methode der Geheimdienstarbeit. ... Doch ihre umfangreiche mediale Begleitung durch staatliche Organe hebt die Praxis der Fake News (auch wenn es Fake News für einen guten Zweck sind) auf eine neue Ebene: Offenbar war dies der erste Fall einer Inszenierung, in die derart hochrangige offizielle Vertreter des Staates involviert waren. Nach dem 'Mord' an Babtschenko wird es nicht nur ungleich schwerer, den Medien zu glauben, sondern auch offiziellen Bestätigungen von höchsten Stellen - vielleicht ist das ja wieder eine Spezialoperation? Langfristig gesehen zerstört das nicht nur das Vertrauen in 'bestätigte' Informationen, sondern verwäscht auch die schon ohnehin immer dünner werdende Grenze zwischen Realität und Lüge.“
Pawel Aptekar
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ZEIT ONLINE (DE)

Jetzt braucht es volle Transparenz

Der SBU behauptet, er habe mit der Inszenierung einen Mordanschlag russischer Geheimdienstler verhindert. Nun muss er so schnell wie möglich harte Beweise für seine Version veröffentlichen, mahnt Zeit Online:
„Dem russischen Staat wurde in der Vergangenheit immer wieder vorgeworfen, in Verbrechen involviert gewesen zu sein - sei es der Fall Skripal, Morde an russischen Regierungsgegnern oder aber der Abschuss des Passagierflugzeugs MH-17 über der Ostukraine. Jedes Mal, wenn dem russischen Staat solche Vorwürfe gemacht werden, heißt es aus Moskau, dass die Beweise gefälscht sind. Die spektakuläre Inszenierung von Babtschenkos Tod dürfte für die russische Regierung ein bequemes Beispiel dafür werden, alle Anschuldigungen als 'Fake News' abzutun. Alleine deshalb wäre es wünschenswert, Babtschenko und der ukrainische Geheimdienst würden ab jetzt so transparent wie möglich handeln.“
Julia Smirnowa
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LIDOVÉ NOVINY (CZ)

Babtschenko ist nichts anzukreiden

Die früher lange in Russland tätige Journalistin Petra Procházková mag die Zusammenarbeit Babtschenkos mit dem ukrainischen Geheimdienst in Lidové noviny nicht verurteilen:
„Babtschenko ist persönlich vertrauenswürdig, bewies mit seinen Artikeln und seinem Leben nicht nur Tapferkeit, sondern auch journalistische Meisterschaft. Er muss keineswegs gewusst haben, was mit ihm in den vergangenen zwei Monaten geschah und weshalb. Ihm die Zusammenarbeit mit Geheimdiensten in einer Zeit vorzuwerfen, da es vermutlich um sein Leben ging, wäre unsinnig. Sicher ist bisher nur eins: er diente als Köder. Doch als solcher lebt man gefährlich.“
Petra Procházková
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Mittwoch, 30. Mai 2018

Zieht Italien die EU in die Krise? - euro|topics

Zieht Italien die EU in die Krise?
Die unklare politische Lage in Italien versetzt die Börsen in Unruhe. Am Dienstag kam es zu starken Kurseinbrüchen, der Euro verlor deutlich an Wert. Es ist die Stunde der Finanzmarktexperten in den europäischen Medien, die darüber spekulieren, ob Italien eine neue Finanzkrise auslöst und ob die letzte Rettung Berlusconi heißt.
LA STAMPA (IT)

Flucht der Anleger muss verhindert werden

Der italienische Notenbankchef Ignazio Visco warnte die europakritischen Parteien Lega und Movimento Cinque Stelle, die Neuwahl nicht zum Euro-Referendum zu machen. Die Warnung kommt zur rechten Zeit, meint der Finanzexperte Stefano Lepri in La Stampa:
„Die Angst, dass die italienischen Staatsanleihen in eine neue Währung umgewandelt werden könnten, die sicherlich [dem Euro gegenüber] abgewertet wird, veranlasst alle Gläubiger sich dieser zu entledigen. ... Ein Sommer, der im Zeichen dieser Unsicherheit steht, könnte unwiederbringlichen Schaden anrichten, noch bevor es überhaupt zur Neuwahl kommt. In Griechenland wurden in einer ähnlichen Situation Gelder von den Banken abgehoben und unter der Matratze versteckt. Dies muss verhindert werden, lautete die Mahnung des Notenbankchefs, wenn man nicht will, dass die zu bildende Regierung nur noch Trümmer zu verwalten hat.“
Stefano Lepri
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DIE PRESSE (AT)

Verheerender als der Fall Griechenland

Die Zinsen auf italienische Staatsanleihen haben am Dienstag erstmals seit 2014 den Wert von drei Prozent überschritten. Dass die Krise in Italien damit der in Griechenland vor drei Jahren ähnelt, beunruhigt Die Presse:
„Wie heute in Italien wurden auch in Athen steigende Zinsen (vulgo steigende Verunsicherung) als unerhörter Eingriff von außen gesehen. Am Ende mussten sich die Griechen jedoch dem Diktat der Realität unterwerfen. Seit Sommer 2015 setzt Tsipras die von den anderen EU-Ländern geforderten Reformen um. Und die Situation bessert sich auch langsam, 2017 konnte die griechische Wirtschaft erstmals wieder substanziell wachsen, die Arbeitslosigkeit sinkt langsam. Bis es so weit war, brachte das kleine Griechenland die Eurozone jedoch an den Rand des Kollapses. Im Fall der drittgrößten Volkswirtschaft der Währungsgemeinschaft wird diese Machtprobe für die anderen europäischen Nationen noch viel härter werden.“
Jakob Zirm
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DE VOLKSKRANT (NL)

Kann Italien noch in der Eurozone bleiben?

Nicht nur Italien selbst muss sich überlegen, ob es noch Teil des Euroraums bleiben möchte, prophezeit De Volkskrant:
„Genau so verständlich wie die Frustration vieler Italiener über ihre Wirtschaft, ist der Unwille der Wähler anderer Länder, die Rechnung für einen italienischen Fantasie-Haushalt zu bezahlen, der alle in EU-Verträgen festgelegten Vereinbarungen über Bord schmeißt. Sie waren schließlich jahrelang von ihren Regierungen schmerzhaften Reformen und Sparmaßnahmen unterworfen. Gerade jetzt, da der Franzose Macron für einen Kompromisszwischen Nord und Süd über den Euro kämpft, zwingt die Krise in der italienischen Politik zu einer ganz anderen, viel grundlegenderen Debatte: Kann ein Land wie Italien mit dem Prinzip 'Ausgeben und Abwerten' Teil der auf Haushaltsdisziplin basierenden Eurozone mit einer (zu) starken Währung bleiben?“
Arnout Brouwers
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NOVI LIST (HR)

Wenn nur noch Berlusconi helfen kann

Nachdem Präsident Mattarella sein Veto eingelegt hat und die Koalition von Movimento Cinque Stelle und Lega gescheitert ist, hat Cinque Stelle die Absetzung Mattarellas gefordert. In dieser chaotischen Lage wäre selbst der umstrittene Ex-Premier Berlusconi eine annehmbare Lösung, findet Novi list:
„Italien ist traditionell Europas politisches Laboratorium, in dem neue politische Lösungen getestet werden. In diesem Labor sind die Dinge im Moment so weit gegangen, dass einem selbst der ehemalige Premier Silvio Berlusconi, der auf dem Höhepunkt der Eurokrise abtreten musste, wie die Personifizierung von Stabilität und Mäßigung vorkommt. Berlusconi hat Cinque Stelle und ihren Antrag zur Abberufung von Mattarella als verantwortungslos kritisiert. Wer weiß, vielleicht hält gerade Berlusconi den Schlüssel zum Ausgang aus dem momentanen Chaos in den Händen.“
Denis Romac
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