Die niederländische Regierung will die Flüchtlingszahlen drastisch senken: Sie schlägt vor, Bootsflüchtlinge direkt aus Griechenland in die Türkei zurückzuschicken. Im Gegenzug soll eine Kerngruppe von EU-Staaten 250.000 Asylsuchende direkt aufnehmen. In der Presse stößt der Vorstoß auf geteiltes Echo.
|
|
| |
|
DIE TAGESZEITUNG (DE) |
| |
|
Überlegen, was wir wirklich schaffen
Über den Vorschlag der Niederlande sollte ernsthaft nachgedacht werden, fordert die linke Tageszeitung taz:
„Wer das alles überwachen, steuern soll? [Der türkische Präsident] Erdoğan? Tja. Aber was ist die Alternative? Weiter abwarten, wie viele Menschen sich noch auf den Weg nach Europa machen, wo sie fast nirgends mehr willkommen sind? Womit wir bei den Deutschen wären. Wir müssen uns entscheiden. Wenn wir weiter unbegrenzte Aufnahmebereitschaft für alle Schutzbedürftigen signalisieren, müssen wir das allein schaffen. Alle anderen EU-Regierungen, auch die linken, sind dagegen - so wie 70 Prozent der Deutschen. Wir müssen uns deshalb überlegen, was wir wirklich schaffen, welche Pläne halbwegs realistisch und welche mehrheitsfähig sind. Wer weiter auf eine gerechte EU-Verteilung hofft, kann das versuchen. Politisch aussichtsreich ist es nicht.“
| |
|
|
|
|
|
| | | |
|
|
| |
|
| | |
|
| |
|
DE MORGEN (BE) |
| |
|
So kehren wir dem Massenmord den Rücken zu
Der von den Niederlanden am Donnerstag lancierte Plan widerspricht dem universalen Asylrecht, mahnt die linksliberale Tageszeitung De Morgen:
„Der Plan bedeutet faktisch das Ende der Genfer Flüchtlingskonvention, die jedem Kriegsflüchtling garantiert, in einem sicheren Land unterzukommen. Das ist ein hoher moralischer und menschlicher Preis. Außerdem lässt dieser Plan außer Acht, dass die Mehrheit der Asylsuchenden wirklich auf der Flucht vor realen Kriegen und Konflikten ist. Das große schwarze Höllenfeuer mit dem Namen Syrien wird weiter zehntausende Heimatlose ausspucken, wenn es nicht gelöscht wird. Die geplante Luftbrücke wird die Probleme dieser Menschen nicht lösen, sie löst höchstens unsere Probleme. Das ist eine elegante Art und Weise, dem täglichen Massenmord vor den Toren unseres sicheren Forts den Rücken zuzukehren.“
| |
|
|
|
| | |
| | |
|
|
| |
|
| | |
|
| |
|
DE VOLKSKRANT (NL) |
| |
|
Plan bedroht Europas Zusammenhalt
Der Vorstoß der niederländischen Regierung zeigt, dass diese gar nicht mehr davon ausgeht, dass der EU gemeinsame Lösungen gelingen, analysiert die linksliberale Tageszeitung De Volkskrant:
„Auch wenn die Kommission am Donnerstag zur Reihe der Kritiker gehörte, hat sie in entscheidenden Punkten den gleichen Weg eingeschlagen wie die zwei Führer der niederländischen Koalition [Premier] Rutte und [der sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende] Samsom. ... Auf eine Kerngruppe zu setzen ist bei so wichtigen Fragen wie der Flüchtlingskrise riskant. Damit wird der Boden bereitet für ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten, was schnell auf ein selektives Shoppen hinausläuft. Doch nach Ansicht von Samsom und Rutte ist dieses Risiko einem Laden mit leeren Auslagen vorzuziehen.“
| |
|
|
|
|
|
| | | |
|
|
|
|
|
Soll EU Flüchtlinge in Türkei zurückschicken? |
|
|
|
|
|
| | |
|
|
|
|
|
Schweden will fast die Hälfte aller im vergangenen Jahr eingereisten Asylsuchenden abschieben. Zwischen 60.000 und 80.000 Neuankömmlinge müssten das Land verlassen, kündigte die Regierung an. Für Kommentatoren in Europa eine Entscheidung mit starker Signalwirkung.
|
|
|
| |
|
LA REPUBBLICA (IT) |
| |
|
Europa wird zu einem Archipel von Ghettos
Die Abschiebungspolitik Schwedens ist ein weiterer Beweis dafür, dass das Ende der europäischen Demokratien droht, klagt die linksliberale Tageszeitung La Repubblica:
„Eingekeilt zwischen Flüchtlingskrise und terroristischer Bedrohung ist es nicht die Zukunft der EU, um die wir bangen müssen. ... Denn dass diese eine leere Hülle ohne Seele und ohne Stolz ist, war schon vor dieser doppelten Herausforderung klar. Nein, was jetzt auf dem Spiel steht, sind unsere Demokratien - und zwar ausnahmslos. Was ist aus Werten wie Freiheit und Toleranz geworden, die in unseren Verfassungen verankert sind? ... Die Ausländerfeindlichkeit, die besonders zwischen Ostsee und Schwarzem Meer verbreitet ist, ergreift sogar die beiden stärksten Demokratien des Kontinents: Frankreich und Deutschland. ... Europa spielt jetzt das Schwarze-Peter-Spiel der Migranten, sie werden abgeschoben, von Nord nach Süd. Die EU droht zu einem Archipel von Ghettos zu werden, feindselig und voneinander abgeschottet.“
| |
|
|
Teilen auf
| | | | | | |
|
|
| |
|
| | |
|
| |
|
MLADA FRONTA DNES (CZ) |
| |
|
Eliten Berlins und Stockholms reif für den Abgang
Unter dem Druck der Öffentlichkeit beginnen die Willkommenskultur-Länder Deutschland und Schweden umzusteuern, konstatiert der Chefredakteur der liberalen Tageszeitung Mláda fronta Dnes, Jaroslav Plesl, mit einer ordentlichen Portion Schadenfreude:
„Deutschland bietet ein Bild total desorientierter Politiker, die sich mit letzter Kraft an ihre Ämter klammern. Was die Kanzlerin betrifft, wird bald nur noch eine Frage klären: Wer ersetzt sie? ... Auch die Schweden sind aus ihrem naiven Traum erwacht. Die Regierung reagiert auf eine völlig unhaltbare Situation, in der eine soziale Explosion droht. ... Die politischen Eliten in diesen Ländern haben versagt und müssen früher oder später abtreten. Im Gegensatz zur Mehrheit der politischen Führer in Mittel-Osteuropa. Die haben die Risiken und den Ernst der Lage richtig bewertet, angemessen reagiert und dem Druck gerade der politischen Führer widerstanden, gegen die sich jetzt die Bevölkerung in den von der Flüchtlingskrise betroffenen Ländern wendet.“
| |
|
|
|
Jaroslav Plesl |
|
|
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen