Samstag, 10. Februar 2018

Wenig Hoffnung

Es ist ja nicht allein das selbst gesteckte Ziel bei der CO2-Reduktion für 2020, was die Bundesrepublik nach Lage der Dinge verfehlen wird, nein, das Ziel Bewahrung der Erde vor einer Klimakatastrophe scheint über taktischen Manövern ganz aus dem Blick zu geraten.
Aber nicht nur das, auch andere inhaltliche Ziele scheinen hinter dem Kampf um "Gestaltungsmacht", das heißt Macht um ihrer selbst willen, völlig zurückzutreten.
Die Ähnlichkeit zu den letzten Jahren der DDR ist erschreckend groß.


Wenn nun gar noch Stimmen aus der SPD zu hören sind, die fordern, der Juso-Vorsitzende solle zurücktreten, wenn sich bei der Mitgliederbefragung der SPD eine Mehrheit für den Koalitionsvertrag entscheidet, dann scheint vereinzelt sogar der Stalinismus in der SPD Einzug gehalten zu haben. Denn in der Spätphase der DDR wurde offiziell der "Meinungsstreit" noch als wünschenswert bezeichnet, manchen SPD-Genossen geht offenbar selbst der zu weit.

Das kann aber nicht bedeuten, dass es nicht mehr sinnvoll wäre, die notwendigen Ziele weiterhin zu verfolgen. Angesichts der konkreten Problemstellung kommt manchmal selbst Taktikern der Macht die Einsicht, dass ein "Weiter so" nicht weiter hilft. Angela Merkel ist ein Beispiel dafür.
Aber es wir deutlich, dass der Druck der Öffentlichkeit deutlich erhöht werden muss, wenn eine Erstarrung vermieden werden soll.
Das gilt, auch wenn weder der Koalitionsvertrag noch das Bild, dass die führenden Repräsentanten der Parteien gegenwärtig abgeben, geeignet ist, Hoffnungen zu unterstützen. Unser System bietet Einflussmöglichkeiten für Veränderungen, wenn auch die gegenwärtigen Umstände sie erheblich behindern.

Pressekommentare:
Das politische Deutschland in der Krise?
Vor dem Mitgliederentscheid über den Koalitionsvertrag erschüttert erneuter Streit die SPD. Martin Schulz hatte in der neuen Regierung das Amt des Außenministers für sich beansprucht und wollte deshalb den Parteivorsitz abgeben. Doch nach Kritik von Parteikollege Sigmar Gabriel gab er diese Ambitionen auf. Kommentatoren sehen Deutschland plötzlich zu einem instabilen politischen Land geworden.
DIE TAGESZEITUNG TAZ (DE)

Ein Drama ersten Ranges

Die taz macht sich ernsthafte Sorgen um die außenpolitische Stellung Deutschlands:
„[D]er Rückzug des Ex-EU-Parlamentspräsidenten, Ex-SPD-Spitzenkandidaten, Bald-Ex-Parteivorsitzenden Schulz ist ein Drama ersten Ranges. Für ihn, für seine Partei. Aber auch für dieses Land. … Ein Staat, dessen politische Vertreter sich wie in einer Bananenrepublik gegenseitig ins Aus kegeln, wird zur Lachnummer auf dem internationalen Parkett. Der Rechtsdrall in Europa, die globalen Fluchtbewegungen, der anschwellende Bocksgesang zwischen den Supermächten - man kann die außenpolitischen Schwelbrände förmlich riechen. Wen hat die SPD, wen hat diese Große Koalition zu bieten, der oder die sich all dieser Themen sowohl respektvoll als auch versiert annimmt? Wie gesagt: Ein Drama ersten Ranges.“
Anja Maier
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MLADÁ FRONTA DNES (CZ)

Deutschland plötzlich instabil

Plötzlich kann man auf Deutschland Stabilität nicht mehr bauen, bilanziert Mladá fronta dnes:
„Die SPD befindet sich im freien Fall, gleicht einem manövrierunfähigen Boot. Wohin dieses Boot treibt, wird man erst nach dem innerparteilichen Referendum über den Koalitionsvertrag erfahren. Erst dann wird auch Angela Merkel wissen, ob sich die an eine Kapitulation erinnernden Zugeständnisse an die SPD überhaupt gelohnt haben. Aus der CDU werden Rufe laut, 'dynamische, kluge, junge Köpfe' zu finden und 'endlich frische, unverbrauchte Gesichter' in die Führungspositionen zu schicken. ... Deutschland auf ungewohntem Terrain. Ein Stabilitätsanker? Ein Vorbild an Solidität? Eher abenteuerlich unsicher.“
Milan Vodička
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FINANCIAL TIMES (GB)

SPD-Basis könnte aufmucken

Nach den Querelen der vergangenen Tage könnten die einfachen Parteimitglieder der SPD-Führung die Gefolgschaft verweigern, glaubt Kolumnist Wolfgang Münchau in Financial Times:
„Die Parteiführung wirkt wie eine Gruppe verräterischer Verschwörer. Für einfache SPD-Mitglieder muss der Gedanke verlockend sein, sie loszuwerden und einen Neustart zu versuchen. ... Nicht auszuschließen, dass die SPD-Mitglieder knapp für die Große Koalition stimmen. Doch ich glaube nicht, dass die Parteiführung derzeit eine Mehrheit hinter sich hat - trotz des Abtritts von Martin Schulz. Und selbst, wenn es ein knappes Votum für die Koalition geben sollte, ist schwer vorstellbar, dass diese Regierung und Angela Merkel die volle Legislaturperiode durchhalten werden.“
Wolfgang Münchau
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