Donnerstag, 7. September 2017

Ungarn und Slowakei müssen Flüchtlinge aufnehmen




Im Streit um die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU hat der EuGH ein Machtwort gesprochen. Ungarn und die Slowakei scheiterten mir ihrer Klage gegen die 2015 beschlossene Verteilungsquote für Geflüchtete in Griechenland und Italien. Bratislava will das Urteil akzeptieren, Budapest kündigte Widerstand an. Findet die EU in der Migrationspolitik nun zur Einheit zurück?
TAGESSCHAU.DE (DE)

Nun kann sich niemand mehr wegducken

Mit dem Urteil wird die Idee der fairen Verteilung nun rechtlich untermauert, freut sich tagesschau.de:
„Es ist unerträglich, dass nur einige wenige EU-Länder wie zum Beispiel Schweden und Deutschland den größten Teil aller Flüchtlinge aufgenommen haben und andere Länder sich aus innenpolitischen Gründen wegducken. Nun muss etwas passieren: Ungarn und die Slowakei müssen das Urteil umsetzen. Das gilt auch für die Totalverweigerer aus Polen und Tschechien. Das höchste Europäische Gericht macht es ganz klar, dass alle EU-Länder dem Verteilungsschlüssel entsprechend Flüchtlinge bei sich aufnehmen müssen. Da gibt es einigen Nachholbedarf - und zwar nicht nur in Osteuropa. Auch viele andere europäische Länder haben ihre Aufnahmequoten noch längst nicht erfüllt. Das muss sich nach diesem Urteil jetzt endlich ändern!“
Karin Bensch
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MANDINER (HU)

Europa baut an einem Luftschloss

Das Beharren auf der illusionären Verteilung von Flüchtlingen wird die EU langfristig paralysieren, meint Publizist Gellért Rajcsányi in Mandiner:
„Die Migranten wollen vor allem nach Westeuropa gelangen, besonders nach Deutschland und Schweden. Es ist kaum vorstellbar, dass sie in irgendeiner heruntergekommenen Stadt im Osten Bulgariens, im tiefsten Rumänien oder im rückständigen Nordosten Ungarns bleiben wollen. Wie will die EU vor diesem Hintergrund aber verhindern, dass es innerhalb der Union keine illegalen Flüchtlingsströme geben wird? ... Womit wir es in Sachen Flüchtlingsquote zu tun haben, ist ein ideologisches Luftschloss, dessen Mauern jede Nacht einstürzen, um am nächsten Tag aufs Neue errichtet zu werden. Dieses Herumirren wird Europa leider langfristig lähmen.“
Gellért Rajcsányi
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PRAVDA (SK)

Bratislavas Reaktion ist vernünftig

Die Regierung der Slowakei will das Urteil akzeptieren, was Pravda richtig findet:
„Die Behauptungen unserer Politiker, dass ein paar hundert Muslime unsere gesamte Gesellschaft verändern könnten, die unerträgliche Europhobie nach jedem terroristischen Angriff in Europa und die Versuche, aus der Angst der Leute politisches Kapital zu schlagen, sind Dinge, die wir zuhause regeln müssen. Aus der Sicht der EU gehören wir dennoch nicht zu den schlimmsten Verweigerern. Auch deshalb ist es wichtig, dass unsere politische Führung - anders als die in Ungarn, wo man schon zu toben beginnt - auf böse Reaktionen verzichtet. … Im Grunde will niemand mehr die Spannungen neu verschärfen.“
Peter Javůrek
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DNEVNIK (SI)

Einheit der Visegrád-Staaten bröckelt

Die Reaktionen beider Länder auf das Urteil machen den Unterschied zwischen Ungarn und der Slowakei deutlich, analysiert Dnevnik:
„Die Slowakei zeigt mehr Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit und ist nicht so radikal wie Ungarn. Gegen Ungarn hat die EU-Kommission denn auch ein Verfahren wegen mangelnder Solidarität mit Italien und Griechenland (und den Flüchtlingen) eingeleitet, gegen die Slowakei (noch) nicht. Die Einheit der Visegrád Staaten ist seit dem gestrigen Urteil zusätzlich angeschlagen. Die Slowakei und Tschechien setzen auf einen Sieg Angela Merkels, Ungarn und Polen sind weiterhin gegen das liberale Zentrum Europas und kehren zurück in die Vergangenheit.“
Uroš Škerl Kramberger
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DIE PRESSE (AT)

Osteuropa fühlt sich abgekoppelt

Die Gewinner des Verfahrens sollten ihren Triumph jetzt nicht auskosten, meint Die Presse und verweist auf den verletzten Stolz osteuropäischer Staaten:
„Ein wichtiger Teil der EU fühlt sich abgekoppelt. Das hängt zum einen mit der Wohlstandsverteilung zusammen, zum anderen mit einer durchaus vorhandenen Arroganz des Westens. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker etwa hat diese Länder kaum besucht, trifft Angela Merkel aber bei jeder Gelegenheit. Bis auf Donald Tusk als Ratspräsidenten gibt es heute keinen nennenswerten Spitzenposten, der von einem Osteuropäer in der EU bekleidet wird. Wenn sich dann in Lebensmittelpackungen, die in Richtung Osten geliefert werden, auch noch weniger gefrorener Fisch befindet als in den Verpackungen im Westen, braucht niemand mehr auf Solidaritätsopfer dieser Länder hoffen.“
Wolfgang Böhm
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