Dienstag, 26. September 2017

Europa nach der Wahl in Deutschland


Viele europäische Amtskollegen haben Angela Merkel zum Sieg der Union gratuliert und den Wunsch ausgedrückt, weiterhin gut zusammenzuarbeiten. Kommentatoren allerdings skizzieren große Veränderungen für die Politik in Europa – hervorgerufen durch den Wahlerfolg der AfD und die wahrscheinliche Regierungsbeteiligung der liberalen FDP.
HOSPODÁŘSKÉ NOVINY (CZ)

Das liberale Europa hat sich zu früh gefreut

Der Erfolg der AfD zeigt, dass das Problem des Rechtspopulismus in Europa nach der Niederlage von Le Pen in Frankreich noch lange nicht ausgestanden ist, analysiert Hospodářské noviny:
„Ein großer Teil namentlich der Ostdeutschen ist am Sonntag quasi der Visegrád-Gruppe beigetreten. Die flüchtlingsfeindliche AfD hatte gerade dort die meisten Zugewinne, wohin nach 2015 die wenigsten Ausländer gekommen sind. Es gibt eine Parallele zwischen den deutschen Populisten und den Regierenden in Polen und Ungarn und ähnlichen Gruppen in Tschechien und der Slowakei: je weniger Flüchtlinge, desto größer das Schreckgespenst. ... Außerdem steht Österreich vor einer Regierungsbeteiligung der rechtsgerichteten FPÖ. Die Freude der europäischen Liberalen nach den Wahlen in Frankreich war offensichtlich verfrüht.“
Martin Ehl
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SÜDDEUTSCHE ZEITUNG (DE)

EU-Schiff auf der Fahrt ins Ungewisse

Ausgerechnet die Wahl in Deutschland macht der EU nun am meisten Ärger, stöhnt die Süddeutsche Zeitung:
„Viel wird davon abhängen, in welchem Ausmaß es der rechten Minderheit gelingt, die europapolitische Agenda zu setzen. Ohne einen proeuropäischen Konsens in Deutschland wäre die EU am Ende. Beunruhigend ist auch die Erkenntnis, dass die von Juncker beklagte Ost-West-Spaltung mitten durch Deutschland geht. Die besonderen Erfolge der AfD im Osten zeugen von einem gesellschaftlichen Klima, das jenem in Ungarn oder Polen nicht unähnlich ist. Männer wie Viktor Orbán in Ungarn und Jarosław Kaczyński in Polen wird das anstacheln. Wohin das Schiff Europa segelt, ist nach der Bundestagswahl unklarer als zuvor.“
Daniel Brössler
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LE FIGARO (FR)

Bürger brauchen ein "schützendes Europa"

Die EU muss nun Macrons Appell nachkommen, ein "schützendes Europa" aufzubauen, mahnt Le Figaro:
„Für Paris sind die Neuigkeiten aus Berlin nicht so toll. Eine geschwächte Merkel IV, die von ihren euroskeptischen Partnern abhängig ist und von der anti-europäischen Opposition vor sich hergetrieben wird. Man glaubt, im Brüsseler Schlachtengetöse bereits Macrons Stimme ausmachen zu können, der Merkel hilft, den Angriffen auszuweichen. 'Mutti, Achtung auf der linken Seite! Achtung, von rechts!' ... Die großen ungelösten Fragen, wie die Migrantenkrise, haben den Durchbruch der deutschen Populisten ermöglicht. Um die EU zu retten, müssen Berlin und Paris ein 'schützendes Europa' aufbauen. Ein Europa, das seine Bürger schützt, seine Grenzen, seine Arbeitsplätze und seine Wettbewerbsfähigkeit.“
Arnaud de La Grange
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PROTAGON.GR (GR)

Griechenland bläst kalter Wind entgegen

Als eine schlechte Nachricht für Griechenland bewertet Protagon das Wahlergebnis:
„Es werden harte Koalitionsverhandlungen werden und die FDP hat bereits Forderungen für das Amt des Bundesfinanzministers erhoben. In dem unwahrscheinlichen Fall, dass Angela Merkel dies akzeptiert, werden die Gespräche, die die griechischen Minister mit Schäuble hatten, wie Smalltalk auf einem Kindergeburtstag anmuten. FDP-Chef Christian Lindner ist ein Verfechter der harten Linie, der Grexit steht auf seiner Agenda und wenn er zur Eurogruppe stößt, werden [der griechische Finanzminister] Euklidis Tsakalotos und [Premierminister] Alexis Tsipras kapieren, was es bedeutet einen Neoliberalen vor sich zu haben. Und wenn Schäuble in seinem Amt bleibt, wird er noch weniger kompromissbereit sein als bisher.“
Aggelos Kovaios
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GÖTEBORGS-POSTEN (SE)

Große Koalitionen belasten die Demokratie

Die herben Verluste für die Koalitionsparteien in Deutschland sollten auch Schweden zu denken geben, wo nächstes Jahr gewählt wird, mahnt Göteborgs-Posten:
„Dass zwei traditionell dominante Parteien eine große Koalition eingehen, kann auf kurze Sicht verlockend erscheinen, wenn es darum geht, parlamentarische Krisen zu vermeiden. … In Schweden sieht man blockübergreifende Koalitionen und Vereinbarungen oft als eine Möglichkeit, die [rechtspopulistischen] Schwedendemokraten von der Macht fernzuhalten. Am Beispiel Deutschlands sehen wir aber, dass dies langfristig die für eine Demokratie notwendige Opposition aushöhlt und dazu führt, dass ganz neue politische Machtpole entstehen. CDU und SPD mussten zwei harte Wahlniederlagen erleiden, um das einzusehen.“
Adam Cwejman
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