Können Russland und die USA Syrien befrieden?
"In Syrien gibt es einen neuen Versuch für eine Waffenruhe: Assad-Armee und gemäßigte Rebellen sollen ihre Kämpfe von Montagabend an einstellen. Auf die Feuerpause haben sich die USA und Russland geeinigt und angekündigt, gemeinsam gegen islamistische Terroristen in dem Land zu kämpfen. Kommentatoren allerdings zeigen sich ob der Erfolgsaussichten größtenteils skeptisch."
Moskau und Washington verbindet die Einsicht
Die russisch-amerikanische Zusammenarbeit in Syrien könnte erfolgreich sein, meint Adevărul (Rumänien) am 11.9.16:
„Gerade jetzt, wo die Spannungen zwischen den USA und Russland zu einem offenen Konflikt auszuufern drohten, kommt überraschend die Botschaft, dass beide an einem gemeinsamen Plan arbeiten. ... Beiden Akteuren ist klar geworden, dass sie nicht bis ins Unendliche eine Landkarte verwalten können, auf der die Konflikte immer willkürlicher und immer häufiger werden, so dass am Ende beide Supermächte die Kontrolle über die Situation verlieren könnten. Ist dieses Abkommen ein Zeichen für eine bilaterale Einsicht (sie ähnelt der Logik in Zeiten des Kalten Krieges), die sich auch in anderen Konfliktregionen fortsetzen kann? … Vielleicht ja, wenn man sich die sofortige enthusiastische Reaktion der Uno ansieht, die die Umsetzung des Abkommens überwachen könnte. Es wäre auch eine Art Existenzberechtigung für die Uno, die auf internationaler Ebene so umstritten ist.“
THE GUARDIAN (GB) / 12. September 2016
Retro-Strategie hilft in Syrien nicht weiter
Der Konflikt in Syrien ist zu vielschichtig, als dass Washington und Moskau ein Ende der Kämpfe diktieren könnten, meint der Guardian:
„Dass der Friedensplan von den USA und Russland unterzeichnet wurde, ist noch keine Erfolgsgarantie. Fast 25 Jahre nach der Auflösung der Sowjetunion hat ein russisch-amerikanisches Abkommen zu einem Drittstaat etwas eindeutig Altmodisches an sich. Der syrische Bürgerkrieg mag sich zu einem größeren Krieg ausgeweitet haben. Doch es gibt viel mehr Akteure und Stellvertreter, die um Kriegsbeute ringen, als das in irgendeiner Auseinandersetzung im Kalten Krieg der Fall war. Washington und Moskau können nicht länger mit den Fingern schnippen und das Ende von Feindseligkeiten anordnen. ... Wie groß der Einfluss Russlands auf das Assad-Regime tatsächlich ist, ist fraglich. Das Gleiche gilt für den Einfluss der USA auf den Nato-Verbündeten Türkei, ganz zu schweigen von den verschiedenen bewaffneten Gruppierungen, die vom Westen unterstützt werden.“
NEUE ZÜRCHER ZEITUNG (CH) / 12. September 2016
Assads Taktik scheint aufzugehen
Als einen Etappensieg für Baschar al-Assad sieht die Neue Zürcher Zeitung den Waffenstillstand:
„Mit keinem Wort erwähnt die Vereinbarung die Forderung nach seinem Rücktritt. Die Taktik des Machthabers scheint aufzugehen. Mit Belagerungen und Bombardierungen hat er Rebellenhochburgen in die Knie gezwungen, das Völkerrecht mit Füssen getreten und massgeblich zur Radikalisierung des Aufstands beigetragen. Dass sich die Amerikaner anscheinend damit abgefunden haben, dass Assad im Amt bleibt, ist vor allem für viele demokratische Aktivisten bitter - und es ist ein Armutszeugnis für Amerika. Russland hat mit der Vereinbarung erreicht, dass sich die Amerikaner auf den gemeinsamen Kampf gegen den syrischen Kaida-Ableger verpflichten. Aber was passiert, wenn sich die Rebellen von den gemeinsamen Frontlinien mit der Jabhat Fatah al-Sham zurückziehen? Sehen die Amerikaner dann zu, wie Assads Truppen in das Vakuum vorstossen?“
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