Mittwoch, 26. Juli 2017

Polen: Was steckt hinter Dudas Veto?

In Polen hat Präsident Andrzej Duda sein Veto gegen zwei der drei vom Parlament gebilligten Gesetze zur Justizreform eingelegt. Damit stellt er sich erstmals öffentlich gegen den Kurs seiner eigenen Partei PiS unter ihrem Vorsitzenden Jarosław Kaczyński. Überrascht von Dudas Schritt beschäftigt sich Europas Presse mit den Beweggründen und möglichen Folgen.
PRAVDA (SK)

Erstaunlich verantwortungsbewusst

Der Aufstand des Präsidenten gegen Kaczyński war notwendig, findet Pravda:
„Dudas Verantwortung für das Land war größer als seine Loyalität gegenüber der Partei. Bislang schien es so, als würde er stets treu die Anordnungen Kaczyńskis umsetzen. ... Dessen Experiment hätte Polen jedoch in die Isolation führen können. Duda war sich dieser Gefahr offensichtlich bewusst. Zudem musste ihm klar sein, dass er sich mit seiner Unterschrift um seine künftige Karriere bringen könnte. Zwar macht sich, was postkommunistische Richter betrifft, niemand Illusionen. Und die PiS gewann die Wahlen mit einem Programm, das sich gegen die Reste des Kommunismus in der Gesellschaft richtet. Aber bei der Justiz hatte Kaczyński eindeutig eine rote Linie überschritten.“
Marián Repa
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TAGES-ANZEIGER (CH)

Fragwürdige Motive

Präsident Duda hat sich mit seinem Eingreifen noch nicht klar gegen die Justizreform positioniert, warnt der Tages-Anzeiger:
„Die Verfassung selbst und den in ihr festgeschriebenen Grundsatz richter­licher Unabhängigkeit erwähnt der Präsident bei der Ankündigung seines Vetos nicht. Ausserdem will er ein drittes, ebenfalls verfassungswidriges Gesetz zulassen, das zwar nicht das oberste Gericht, aber die meisten anderen polnischen Gerichte dem Justizminister unterstellt. Bis zum Beweis des Gegenteils ist deshalb fraglich, ob Duda tatsächlich aus Sorge um den Rechtsstaat handelt - oder aus Sorge über zu viel Macht für Polens Justizminister und zu wenig Macht für sich selbst.“
Florian Hassel
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FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG (DE)

Kaczyński hat sich verrechnet

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung sieht mit Präsident Duda einen machtvollen Gegenspieler zu Kaczyński heranwachsen:
„Das dürfte mehr Bewegung in die politische Landschaft des Landes bringen als alle Demonstrationen der Opposition zusammen. Kaczyński hat sich offenbar in einer Hinsicht verrechnet: Wer selbst keine staatlichen Ämter übernimmt, kann nicht alle Fäden in der Hand halten. Es ist gut, dass diese Entwicklung von Polen selbst ausgeht. Den diversen Brüsseler Verfahren zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit haftet stets der Geruch von äußerer Einmischung und Gängelung an. ... [J]etzt sollte man den Polen etwas Zeit geben, einen neuen Konsens darüber zu finden, wie sie das Verhältnis von Politik und Justiz künftig gestalten wollen. Dafür gibt es in Europa nicht nur ein Modell.“
Nikolas Busse
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RZECZPOSPOLITA (PL)

Rechte könnte sich spalten

Rzeczpospolita glaubt, dass der Präsident nun einen Teil der Rechten um sich sammeln könnte:
„Duda hat gezeigt, dass er, wenn er will, ein selbstständiger Politiker sein kann, der den Mut hat, sich der PiS und Jarosław Kaczyński entgegenzustellen. ... Das bedeutet, dass alle, die mit der Strategie des dauerhaften Konflikts und der Radikalität des PiS-Chefs nicht einverstanden sind, anfangen könnten, sich um Präsident Duda zu scharen. ... Dadurch könnte die Rechte in zwei Lager zerfallen - in ein radikal-revolutionäres um Jarosław Kaczyński und ein gemäßigteres, republikanisch-konservatives um Andrzej Duda.“
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ETELÄ-SUOMEN-SANOMAT (FI)

Für die EU kommt Veto wie gerufen

Dass das Einschreiten des Präsidenten bei der EU Erleichterung auslösen dürfte, glaubt Etelä-Suomen Sanomat:
„Die Veto-Entscheidung von Präsident Duda kommt für die EU wie gerufen. Die EU hätte weiter an Autorität und Glaubwürdigkeit eingebüßt, wenn sie noch einmal tatenlos hätte zusehen müssen, wie ein Mitgliedsland die gemeinsamen Werte der Union und die Prinzipien des Rechtsstaates verletzt. Auch künftig werden Regierungen wie die in Polen und Ungarn diese Werte herausfordern. Die EU muss sich deshalb überlegen, wie sie künftig mit solchen Situationen umgeht.“
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Polen: Was steckt hinter Dudas Veto?

Duda wirkt bei der Herabwürdigung der Justiz mit, SZ 26.7.17
"[...] Präsident Duda hat bei der Herabwürdigung der Justiz mitgewirkt - und er tut es weiter. Das nun von ihm unterschriebene Gesetz, das die allgemeinen Gerichte dem Justizminister-Generalstaatsanwalt Zbigniew Ziobro unterstellt, ist ebenfalls verfassungswidrig. Das ist keine Kleinigkeit. Schließlich wird Recht auf dieser Ebene gesprochen, bevor es höhere, noch unabhängige Gerichte erreicht - oder auch nicht. [...]"

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