Mittwoch, 4. Oktober 2017

Soll die EU im Katalonien-Konflikt vermitteln?

Nach der Gewalt beim Referendum über die Abspaltung Kataloniens von Spanien ist Brüssel nicht auf den Vermittlungswunsch der katalanischen Regierung eingegangen. Stattdessen erklärte die EU-Kommission die Abstimmung für illegal und hielt sich mit Kritik am Vorgehen der Zentralregierung zurück. Einige Kommentatoren fordern die EU auf, aktiv zu vermitteln. Andere fürchten, dass eine Einmischung den Konflikt nur anheizt.
WIENER ZEITUNG (AT)

"Causa catalana" nicht ignorieren

Die EU muss auch aus eigenem Interesse in Katalonien vermitteln, fordert die Wiener Zeitung:
„Das derzeitige Verhalten der EU in der Katalonien-Frage ist auch deswegen vollkommen kontraproduktiv, weil es ihr eigenes Image beschädigt. Die Schande Spaniens wird somit zur Schande Europas. Es trägt lediglich zu einem EU-Skeptizismus bei, der sich rasch unter Katalanen - und Europäern - ausweiten könnte. Wenn Brüssel die weitgehend als offen und EU-freundlich geltende katalanische Bevölkerung und ihre 'Causa catalana' weiterhin ignoriert, könnte die EU bald als Befürworter maßloser Polizeigewalt und anti-demokratischer Tendenzen dargestellt werden. In einer Ära, in der EU-kritische Parteien immer mehr Zuspruch finden, in Parlamente einziehen oder gar Regierungen anführen, ist das keine gute Nachricht für das Projekt Europa.“
Balazs Csekö
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LES ECHOS (FR)

Brüssel muss jetzt schnell handeln

Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau hat die EU dazu aufgerufen, im Konflikt mit Madrid zu schlichten. Dazu rät auch Les Echos:
„Zwar steht die EU in dieser Angelegenheit, die die Regierenden in Spanien betrifft, nicht an vorderster Front. Doch kann sie sich nicht damit begnügen, 'alle entscheidenden Akteure zur Abkehr von der Konfrontation und zur Aufnahme eines Dialogs' aufzufordern. … Brüssel kann sich auch nicht leisten, dass sich im Herzen Europas eine neue Krise entwickelt - diesmal eine politische und nicht mehr wie im Fall Griechenlands eine Finanz- und Wirtschaftskrise. Es gibt nicht viel Spielraum, aber immerhin ein wenig: Die katalanische Regierung weiß nicht recht, was sie mit ihrem 'Sieg' anfangen soll. Nun muss schnell gehandelt werden. Denn sonst könnten andere europäische Regionen dem Beispiel Kataloniens folgen.“
Jacques Hubert-Rodier
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DIE WELT (DE)

Armutszeugnis für Europa

Dass die EU Spaniens Premier gewähren lässt, könnte sich als großer Fehler erweisen, meint Die Welt:
„Es rächt sich, dass die EU einerseits nationalstaatliche Hoheitsfragen wie Grenzsicherung, Währung, Justiz immer weiter an sich gezogen hat, doch wenn es dadurch innerhalb einer Nation zu anarchischen oder wenigstens zentrifugalen Entwicklungen kommt, dann hält sich Brüssel an das Gebot der Nichteinmischung. ... Wenig mehr als ein paar dürre Worte zur Einhaltung der Rechtstaatlichkeit waren von Angela Merkel denn auch nicht zu hören, wohl weil sie ihren treuen Paladin Rajoy nicht diskreditieren möchte. ... Wenn innerhalb Spaniens nicht schnell die abgebrochenen Brücken geflickt werden und - auch mit Nachhilfe aus dem Ausland - die Vernunft der demokratischen Mitte endlich wieder die Oberhand bekommt, dann droht einer wohlhabenden Region mitten im freiheitlichen Europa ein Bürgerkriegsszenario.“
Dirk Schümer
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PÚBLICO (PT)

Einmischung wäre gefährlich

Eine Einmischung der EU in den Konflikt wäre vielleicht moralisch wünschenswert, jedoch politisch riskant, fürchtet Público:
„Es sei daran erinnert, dass die EU auf rechtsstaatlichen Verträgen basiert. … Jegliche Intervention seitens der EU, die nicht von Spanien beantragt oder angenommen wird, wäre eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des spanischen Staats. Schlimmer noch: Juristisch betrachtet könnte dies als Verletzung des Vertrags über die Europäische Union gewertet werden. Eine solche Einmischung würde zu tiefen Spaltungen innerhalb der EU führen und den Konflikt [zwischen Madrid und Katalonien] spürbar verstärken.“
José Pedro Teixeira Fernandes
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DUMA (BG)

Doppelmoral vom Feinsten

Die EU unterstützt Unabhängigkeitsbewegungen auf der ganzen Welt, doch auf eigenem Gebiet hält sie sie für illegal, kritisiert die linke Tageszeitung Duma:
„Das ist Doppelmoral vom feinsten. ... Wenn es darum geht, in Syrien oder im Kosovo für Recht und Gerechtigkeit zu sorgen, ist in Brüssel jedes Mittel recht: ... Das Anzetteln von Konflikten, in denen man die Opposition finanziell unterstützt und bewaffnet und somit den Separatisten Rückendeckung gibt, die Anerkennung neuer Staaten und so weiter. Alles unter dem Vorwand der Einhaltung der Menschenrechte und des Rechts der Völker auf Selbstbestimmung. Wenn es aber im eigenen Haus einmal brennt, ist alles auf einmal illegal.“
Valentin Georgiev
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