Freitag, 19. Dezember 2025

Über Trumps Fernsehansprache

 

"[...] Angefeuert vom rechten Talker Tucker Carlson, der erfahren haben wollte, dass der Präsident seine Bühne für eine Kriegserklärung an Venezuela nutzen werde, war es also wieder einmal ein Abend voller Great Expectations, dem auch wir Korrespondenten unsere Planungen unterordneten.

Was folgte, war ein 19-minütiges Best-of der üblichen Mischung aus Eigenlob, Schuldzuweisung an die Vorgängerregierung und falschen Behauptungen wie jener, dass Trumps Politik die Preise für verschreibungspflichtige Medikamente um bis zu 600 Prozent senken würde. Was schon mathematisch unmöglich ist. Das alles trug der Republikaner in einer gehetzt und fast frustriert wirkenden Weise vor.

Bemerkenswert war, dass Trump sich tatsächlich an sein Skript zu halten schien und auch auf die hohen Lebenshaltungskosten einging. Das Thema der affordability, da sind sich alle einig, ist zentral für die Zwischenwahlen im kommenden Jahr. Trumps Haltung dazu wird allerdings nur wenige zufriedenstellen: Unter ihm ist alles gut (Schaut auf die gesunkenen Eier-Preise!). Und überhaupt ist an allem Joe Biden schuld. Eine Strategie, ein neuer Plan, politische Ankündigungen? Fehlanzeige. Oder, wie der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom als oberster Trump-Troller auf X schrieb: Dafür hätte eine E-Mail gereicht. Immerhin: Ein Krieg wurde glücklicherweise nicht erklärt.

Das Problem ist nur: Angesichts schlechter Umfragewerte, offen zutage tretender Risse in der Maga-Koalition, eines selbstbewusster werdenden US-Kongress, wirtschaftlicher Warnsignale und bemerkenswerter demokratischer Wahlerfolge in den vergangenen Wochen wirkt Trumps Auftritt noch verstörender als sonst. Hat der 79-Jährige, der im vergangenen Jahr ein atemberaubendes Comeback hinlegte, wirklich nicht mehr zu sagen? Die nächsten Wochen und Monate werden es zeigen. [...]"

Was jetzt, America? von DIE ZEIT , 19.12.25

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