Donnerstag, 10. März 2022

euro|topics: Wie kann man die Ukraine unterstützen?

 

MiG-29-Kampfjets: USA weisen Polens Angebot zurück

Polen will 28 Kampfjets aus sowjetischer Produktion, mit denen sich die ukrainische Luftwaffe auskennt, für die Verteidigung gegen russische Angreifer in der Ukraine zur Verfügung stellen. Die MiG-29-Jets sollten an einen Luftwaffenstützpunkt der USA geliefert und umlackiert an die Ukraine übergeben werden. Washington lehnt das ab, um die Nato nicht mit in den Krieg zu ziehen. Friedenssicherung oder verpasste Chance?

TAGES-ANZEIGER (CH)

Konflikt zumindest geografisch begrenzen

Polnische MiG-29-Kampfjets würden den Krieg in der Ukraine zu einem Flächenbrand ausweiten, meint der Tages-Anzeiger:

„[D]ie Gefahr ist gross, dass Moskau es als Eingriff des Westens in den Krieg interpretieren würde, wenn die MiGs von Nato-Gebiet auf ukrainisches Territorium gebracht werden. … Der Krieg in der Ukraine bringt furchtbares Leid über die Menschen dort. Aber er ist, was das Militärische angeht, bisher eine geografisch begrenzte Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine. Solange das so bleibt, ist der Konflikt militärisch und politisch halbwegs beherrschbar. … Umlackierte polnische Jets wären genau das, was Putin sich wünscht.“

Hubert Wetzel
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THE INDEPENDENT (GB)

Putin würde keinen Weltkrieg riskieren

Man hätte die Flieger liefern sollen, findet The Independent:

„Es ist deprimierend, dass eine solch einmalige Chance verpasst wird. War der Grund vielleicht, dass das die Russen verärgern und einen dritten Weltkrieg auslösen könnte? Diese Sorge ist jedenfalls unbegründet, weil die Russen wissen, dass sie einen solchen verlieren würden - weshalb es auch keinen dritten Weltkrieg geben wird. Es war die offenbar in Vergessenheit geratene Doktrin der kollektiven Sicherheit und der nuklearen Abschreckung, die den Westen seit Ende des Zweiten Weltkriegs geschützt hat. US-Präsident Joe Biden, ein überzeugter Verfechter der Atlantischen Allianz, scheint seine alten Instinkte aus dem Kalten Krieg verloren zu haben.“

Sean O'Grady
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HOSPODÁŘSKÉ NOVINY (CZ)

Der Realität ins Auge schauen

Dass der Westen vor allem seine Tabus in den Vordergrund stellt, beklagt Hospodářské noviny:

„Solange der Westen beschwört, er wolle um keinen Preis eine direkte Konfrontation mit Russland, ermuntert er Putins Regime nur zur Eroberung weiterer Territorien. ... Selenskyjs Aufruf zum Mut des Westens, einen direkten Zusammenstoß mit Russland nicht aufzuschieben, klingt nur für diejenigen töricht, die die De-facto-Realität nicht hören wollen. Er sagt, dass Russland aufgrund des Konflikts mit dem Westen schon entschieden hat, dass wir uns bereits in einer direkten Konfrontation befinden. Nur durch einen beruhigenden De-jure-Schirm sehen wir diesen De-facto-Zustand nicht. Und der wird uns bald einholen.“

Vít Kučík
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DEUTSCHLANDFUNK (DE)

Bitte nicht auf Kosten der Geschlossenheit

Das war taktisch sehr ungeschickt, ärgert sich der Deutschlandfunk:

„Was niemand jetzt braucht, ... sind Alleingänge ohne Absprache, ... die Partner in der Pro-Ukraine-Koalition bloßstellen. Polens Regierung wusste nicht, wie sie von ihrem Versprechen an die Ukraine herunterkommen soll, jetzt hat Warschau es auf Kosten des engen Verbündeten USA getan. Klar, die Polen wollen keinen Krieg mit Russland anfangen und deshalb die MiG der Ukraine nicht direkt überlassen. Aber die Verantwortung mal eben auf die Amerikaner abzuschieben, ohne die Details mit ihnen abgesprochen zu haben, ist unverschämt.“

Doris Simon
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WPOLITYCE.PL (PL)

Die USA haben einen Rückzieher gemacht

Die polnische Regierung hat hier alles richtig gemacht, findet wPolityce:

„Warschau hat richtig gehandelt, die Interessen Polens gut definiert und gleichzeitig - in anderen Bereichen - nicht an Hilfe für die Ukraine gespart, auch nicht in Bezug auf Rüstung, Munition und andere Unterstützung. Die Amerikaner haben ihre Schritte - und deren Folgen - nicht sorgfältig genug durchdacht. Zunächst drängten sie auf die Übergabe des Flugzeugs, und als unsere Regierung sie beim Wort nahm, machten sie schnell einen Rückzieher.“

Jacek Karnowski
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ONET.PL (PL)

Diskretion wäre das Zauberwort gewesen

Öffentliche Debatten hält Portal Onet.pl hier für schädlich:

„Was ist schief gelaufen? Geheimdienst- und Militäroffiziere sagen, dass solche Angelegenheiten drei Dinge erfordern: erstens Verschwiegenheit, zweitens Verschwiegenheit und drittens Verschwiegenheit. Doch die Erklärungen, Dementis und Ankündigungen zu den MiGs nehmen kein Ende. ... Sowohl auf amerikanischer als auch auf polnischer Seite gibt es Beamte und Politiker, die sich für eine Aufrüstung der Ukraine einsetzen, die gegen Russland kämpft. Ihre Bemühungen scheinen jedoch durch interne politische Spiele in beiden Ländern vereitelt zu werden. Das Traurigste ist, dass nach dem Austausch völlig unnötiger Stellungnahmen die polnischen MiG-29-Kampfjets möglicherweise nie die Ukraine erreichen.“

Edyta Żemła
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MiG-29-Kampfjets: USA weisen Polens Angebot zurück
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Ukraine und Russland verhandeln in der Türkei

In der Türkei treffen sich am heutigen Donnerstag Russlands Außenminister Sergej Lawrow und sein ukrainisches Gegenüber Dmytro Kuleba zu Verhandlungen. Es ist das erste Treffen hochrangiger Vertreter beider Länder seit Beginn des Kriegs. Die Erwartungen aus Europas Kommentarspalten an die Gespräche sind dennoch gering.

DE VOLKSKRANT (NL)

Balanceakt für Ankara

Die Türkei pflegt Beziehungen zu beiden Kriegsparteien. Eine schwierige Rolle, analysiert De Volkskrant:

„Für die Türkei steht viel auf dem Spiel. Die Hälfte ihrer Energieversorgung kommt von russischem Gas. Sie hat das Luftabwehrsystem S-400 in Moskau bestellt. Es gibt viel wechselseitigen Handel und normalerweise wird die Türkei jährlich von fünf Millionen russischen Touristen besucht. ... Auch in Syrien kann Russland den Türken das Leben schwer machen. ... Das heißt also Balancieren für Ankara. Einerseits bleibt die Türkei auf Nato-Kurs: Sie hat den Bosporus für russische Kriegsschiffe gesperrt und der Ukraine sogar Drohnen geliefert, die jetzt erfolgreich gegen russische Panzer und Armeefahrzeuge eingesetzt werden. Andererseits will sie Moskau als Freund behalten.“

Rob Vreeken
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T24 (TR)

Zeit für Frieden noch nicht reif

Es braucht Zugeständnisse von beiden Seiten, erklärt der ehemalige türkische Botschafter für die Sowjetunion und Russland, Volkan Vural, in T24:

„Um diesen Krieg zu beenden, müssen beide Seiten an einen Punkt kommen, an dem sie sich nicht auf das Erreichen aller ihrer Ziele konzentrieren, sondern stattdessen auf ihre Grundbedürfnisse. ... Zugegebenermaßen scheinen beide Parteien für ein solches Abkommen noch nicht bereit zu sein. Im Gegenteil setzt Russland seine militärischen Angriffe fort, während die Ukraine sich entschlossen zeigt, Widerstand zu leisten. ... Sollte Russland keinen Wandel erleben, der Flexibilität zulässt, erwartet unsere Welt dunkle Szenarien wie ein noch verheerenderer Krieg und den Zusammenbruch der globalen Wirtschaft.“

Vural Volkan
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NV (UA)

Der Westen lässt Kyjiw wenig Spielraum

Die Ukraine wird wohl den Vorschlag des israelischen Premierministers Naftali Bennett akzeptieren müssen, um Schlimmeres zu verhindern, glaubt der oppositionelle russische Politologe Andrej Piontkowskij auf NV:

„Grob gesagt, verzichtet Moskau [wenn es den Bennett-Plan unterstützt] auf eine Besetzung der gesamten Ukraine und behält Donezk, die Oblast Luhansk und die Krim, während die Ukraine zusagt, nicht der Nato beizutreten, ihre Neutralität erklärt und sich sozusagen damit abfindet, dass die Krim und der Donbass russisch bleiben. Das klingt sehr nach Kapitulation. Doch es fällt schwer, der Ukraine deswegen Vorwürfe zu machen. Denn dies wird genau an dem Tag angeboten, an dem der Westen buchstäblich seine Hilflosigkeit und seinen Unwillen demonstriert, die Ukraine auch nur minimal zu verteidigen.“

Andrei Piontkowski

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