Dienstag, 8. März 2022

euro|topics: Kann Europa auf Energie aus Russland verzichten?

 


Die ukrainische Regierung fordert ein internationales Embargo auf russisches Erdgas und Öl. Bundeskanzler Scholz schloss das am Montag aus, um die Energieversorgung Deutschlands nicht zu gefährden. Der Kreml drohte seinerseits, auf die verhängten Wirtschaftssanktionen mit einem Exportstopp zu reagieren. Europas Presse debattiert, was jetzt zu tun ist.

LE VIF / L'EXPRESS (BE)

Die Aufgabe des Jahrzehnts

Europas umwelt- und sicherheitspolitische Energiewende muss zur Priorität werden, fordert Francois de Smet, Vorsitzender der Partei Démocrate Fédéraliste Indépendant in Le Vif / L'Express:

„Die europäischen Demokratien müssen dringend in ihrer Energieversorgung unabhängig werden, was nur durch weitere massive Investitionen in erneuerbare Energien möglich ist. ... Und durch die Beibehaltung der Kernenergie, zumindest in der Übergangszeit, aber auch längerfristig, wenn die neue Generation von Kraftwerken ihre Versprechen hält. Dass die Europäische Union in diesem Bereich unabhängig wird, und zwar durch die solidarische Zusammenlegung unserer erneuerbaren und atomaren Energieressourcen, muss zur zentralen Aufgabe dieses Jahrzehnts werden.“

Francois De Smet
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EESTI PÄEVALEHT (EE)

Scholz verschwendet wichtige Zeit

Man sollte sich jetzt dringend auf den kommenden Winter ohne russische Importe vorbereiten, mahnt Eesti Päevaleht:

„Der deutsche Bundeskanzler Scholz hat gestern gesagt, er befürwortet kein Embargo des russischen Gas und Erdöls. Ähnlich denkt die ungarische Führung. Deutschland und Ungarn irren sich. Je früher man sich von der Illusion trennt, dass russisches Erdöl und Gas bald wieder zum Fundament der europäischen Energieversorgung gehören, umso mehr Zeit gewinnt man, um Pläne für den kommenden Winter zu machen.“

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TAGESSCHAU.DE (DE)

Leben in Freiheit gibt es nicht kostenlos

Den konsequenten Verzicht auf Erdgas, Kohle und Öl aus Russland fordert tagesschau.de:

„[U]nd zwar möglichst bald. Ansonsten fließt weiterhin jeden Tag eine Milliarde Euro in Putins Kriegskasse. ... Energie- und Wirtschaftsexperten sagen, das sei machbar, aber es würde für alle Bürger und Unternehmen teuer, vielleicht sogar sehr teuer. ... Spätestens seit der russischen Invasion muss allen klar sein, dass es ein Leben in Freiheit und Recht nicht kostenlos gibt. Die Menschen in der Ukraine zeigen gerade der Weltöffentlichkeit, dass sie sogar bereit sind, mit dem höchsten Preis für die Freiheit zu zahlen: mit ihrem Leben. Und wir sorgen uns, ob die Heizung im nächsten Winter nicht ganz so warm bleibt oder das Benzin noch teurer wird?“

Martin Ganslmeier
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UKRAJINSKA PRAWDA (UA)

Russland isolieren, wo immer es geht

Experten der auf Energieberatung spezialisierten Dixi Group fordern in Ukrajinska Prawda:

„Die großen Öl- und Gaskonzerne sollten sich aus russischen Projekten zurückziehen, um das Technologie-Knowhow nicht mit Russland zu teilen. ... Weltweit ist die Zusammenarbeit mit Rosatom [staatliche Agentur für Atomenergie Russlands] und seinen Tochtergesellschaften einzustellen. ... Wer aus Russland Energie importiert, sollte diese Importe auf Null reduzieren. Nicht alle Länder können es sich leisten, vollständig auf russisches Öl oder Gas zu verzichten. Aber alle Länder könnten Russland als letztes Land auf die Liste der Länder setzen, aus denen sie importieren. ... Die USA, die EU, Japan und andere Länder sollten Banken verbieten, die Kredite für Energieprojekte in Russland oder mit russischen Unternehmen zu vergeben.“

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THE DAILY TELEGRAPH (GB)

Es fehlt an Alternativen

Vor einem voreilig verhängten Embargo warnt The Daily Telegraph:

„Die Menschen im Westen sind entsetzt über die Vorgänge in der Ukraine. Doch welche Einschränkungen in ihrem eigenen Leben sind sie bereit, auf sich zu nehmen, um ihrer Besorgnis Ausdruck zu verleihen? Es kann durchaus möglich sein, Alternativen [zu Energieimporten aus Russland] zu finden, aber das wird einige Zeit dauern - vorausgesetzt, andere Produzenten spielen mit. Ein Embargo gegen russisches Öl hätte massive Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. ... Und es besteht noch eine weitere Gefahr: Ein solcher Schritt könnte Putins innerrussische Argumentation bestätigen, dass sich der Westen gegen Russland verschworen habe.“

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