Mittwoch, 16. März 2016

Europa besorgt über Rechtsruck in Deutschland

Nachdem die national-konservative AfD mit zweistelligen Ergebnissen in drei deutsche Landesparlamente eingezogen ist, diskutiert die Presse die Folgen für Europa. Einige Kommentatoren fürchten um den Zusammenhalt auf dem Kontinent, sollte Deutschland weiter nach rechts rücken. Andere kritisieren Merkel dafür, dass sie ihre Flüchtlingspolitik als alternativlos darstellt.
NOVI LIST (HR)

Triumph der AfD besiegelt das Ende Europas

Deutschland war in den vergangenen Jahren gegen den Aufstieg der extremen Rechten immun, doch das ist jetzt vorbei, bedauert die linksliberale Tageszeitung Novi list:
„Der Triumph der AfD, einer deutschen Version des französischen Front National, kündigt tektonische Verschiebungen in der deutschen Politik an. Dabei ist das jetzt, angesichts der Bundestagswahl im kommenden Jahr, äußerst heikel. Es wird nicht nur weitreichende Auswirkungen auf Deutschland haben, sondern auf ganz Europa. Bei allen wurde ein Auge zugedrückt, jeder durfte vom europäischen Weg abweichen - jeder, nur nicht Deutschland. Deshalb bedeutet dieser Augenblick viel mehr als nur Merkels nahendes Ende, er ist viel dramatischer als nur ein persönliches politisches Schicksal. Das ist der endgültige Beginn vom Ende eines Europas der Solidarität und der Grundwerte, das leider nie richtig aufgeblüht ist. Nun beginnt die Zeit des neuen und gleichzeitig alten Europas - ein Europa des Hasses, der Grenzen und der Lager.“
Denis Romac



zur Homepage
 
EUROPA LIBERĂ (RO)

EU hätte Berlin nicht im Stich lassen dürfen

Konsequenzen, nicht nur für Merkel, sondern für die gesamte EU, sieht auch die Journalistin Ileana Giurchescu auf dem Blog des Radiosenders Europa Libera fest:
„In Meinungsumfragen sagt eine Mehrheit der AfD-Wähler, dass sie die Partei gewählt hat, weil diese sagt, 'was wir denken' oder 'weil sie uns zuhört und unsere Sorgen ernst nimmt'. Allen voran ist die Sorge, dass Deutschland die Flüchtlingskrise nicht allein bewältigen kann. Klar kann man sagen, dass ist der Preis, den Kanzlerin Merkel für ihre Politik der offenen Grenzen nun zahlen muss. ... Doch ist das auch der Preis, den die EU für ihre fehlende Kohärenz und Solidarität in der Flüchtlingskrise zahlt. Zumindest der deutsche Wähler glaubt nicht mehr an eine europäische Lösung und nicht an die Parteien, die diesen Weg predigen. Jetzt kann man sich die Frage stellen, wie eine EU aussehen wird, mit einem Deutschland, in dem die traditionellen Parteien in der Defensive sind.“
Ileana Giurchescu



Zum Originalartikel
 
DENNIK N (SK)

Kanzlerin zu Unrecht abgestraft

Es ist nicht fair, dass Angela Merkel bei den drei Landtagswahlen für ihren Flüchtlingskurs abgestraft wurde, findet die liberale Tageszeitung Dennik N:
„Das Versagen Europas bei der Lösung der Flüchtlingskrise ist bei weitem nicht nur die Schuld Merkels. Die Flüchtlinge kamen in Massen, auch ohne deutsche Einladung, und werden weiter kommen. ... Zäune sind nach wie vor nicht die Lösung. Die Flüchtlinge müssen scharf kontrolliert werden. Die Ablehnung von Wirtschaftsflüchtlingen wird nicht funktionieren, ohne dass man denen legalen Aufenthalt gibt, die tatsächlich aus Angst um ihr Leben fliehen. ... Das Problem ist nicht, dass Deutschland sich den Flüchtlingen gegenüber anständig verhielt, sondern dass es damit nahezu allein geblieben ist. Dabei stimmt es gar nicht, dass man die Flüchtlinge nicht aufteilen kann. Es gibt den Vorschlag, dass die Flüchtlinge zwar in die EU kommen können, aber nur dort Unterstützung bekommen, wo sie anerkannt wurden.“
Peter Morvay



zur Homepage
 
HOSPODÁŘSKÉ NOVINY (CZ)

Merkels Kurs nicht mehr alternativlos

Die Kanzlerin muss ihren besorgten Bürgern Lösungen für die Flüchtlingskrise bieten, dabei hat sie gar nicht die Macht dazu, meint die wirtschaftsliberale Tageszeitung Hospodářské noviny:
„Der beunruhigte große Teil der Öffentlichkeit lässt sich nur mit konkreten praktischen Lösungen beruhigen. ... Die Crux Merkels liegt darin, dass ihr Name mit der Migrationskrise verbunden wird, deren Lösung jedoch längst nicht mehr allein in ihren Händen liegt. Die hängt von einer Einigung mit den übrigen europäischen Ländern und jetzt auch noch mit der Türkei ab. ... Merkel hat lange behauptet, zu ihrer Politik gebe es keine Alternative, sie sei 'alternativlos'. Seit Sonntag kann sie nicht mehr die Augen davor verschließen, dass es eine Alternative gibt.“
Adam Černy



zur Homepage

Keine Kommentare: