Freitag, 8. April 2016

Zur Volksabstimmung in den Niederlanden über das Assoziierungsabkommen der EU mit der Ukraine

Das Ergebnis der Volksabstimmung in den Niederlanden wird international diskutiert.
Dazu euro|topics:
Die klare Mehrheit der Niederländer gegen das EU-Abkommen mit der Ukraine setzt Den Haag und die EU unter Druck, stellt die linksliberale Tageszeitung De Volkskrant fest:
„Die niederländischen Wähler haben den Zweifeln an der Zukunft des europäischen Projekts am Mittwoch erneut Nahrung gegeben. Die Regierung Rutte steht nun vor der lebensgroßen Herausforderung, das Ergebnis in etwas Greifbares umzusetzen, etwas das die Volkswut nicht noch vergrößert. ... Doch die Enttäuschung ist programmiert. ... Es droht ein Teufelskreis der Euroskepsis. Was das Kabinett auch tut, das Nein-Lager wird jedes europäische Zugeständnis als Kosmetik verstehen, als eine Bestätigung des Bildes, dass die Niederlande in der Realität wenig zu sagen haben. Eine Bestätigung des Gefühls, dass es Grund für die Wut gibt. Das Referendum hat dieser Wut erneut eine Stimme gegeben, aber sicherlich nicht den großen Druck vom Kessel genommen.“
Angesichts der geringen Wahlbeteiligung von rund 32 Prozent stellt der Publizist Walter Zinzen in der liberalen Tageszeitung De Standaard das Instrument der Volksabstimmung generell infrage:
„Wenn das Ukraine-Referendum eines bewiesen hat, dann ist es dies: Ein Referendum ist das Gegenteil von dem, was es vorgibt zu sein - nämlich demokratisch. ... Man kann doch unmöglich behaupten, dass 60 Prozent (die Nein-Wähler) von 32 Prozent eine demokratische Mehrheit ist. Wenn fast 70 Prozent der Wähler nicht abstimmen, dann ist das die Mehrheit. ... Bei einer so geringen Wahlbeteiligung zwingt eine kleine Gruppe der Mehrheit ihren Willen auf. Wer kann so etwas demokratisch nennen? ... Wie sollen normale Bürger, die ganz andere Sorgen haben, über so komplexe und komplizierte Themen entscheiden? Sie haben nicht die Zeit, sich darin gut zu vertiefen. Dafür bezahlen die Bürger im Prinzip ihre Gewählten, und die können dann fachkundig entscheiden. “


Das niederländische Referendum diente den Bürgern eher dazu, ein Ventil für die allgemeine Unzufriedenheit mit der EU zu finden, als sich mit dem Ukraine-Abkommen auseinanderzusetzen, meint die linksliberale Tageszeitung El País:
„Die repräsentative Demokratie mag noch so diskreditiert sein, aber die als Alternative präsentierte direkte Bürger-Partizipation ist noch lange kein Allheilmittel. Im Gegenteil: Wie wir in ganz Europa sehen - von Griechenland bis Großbritannien, von Ungarn bis zu den Niederlanden - drohen die Referenden zum wirksamsten Mittel der Populisten zu werden, mit dem sie die Demokratie infrage stellen, das europäische Projekt in die Krise stürzen und in diesem Fall noch dazu Wladimir Putin in die Hände spielen. ... Wieder einmal - wie schon in den meisten Referenden zu europäischen Themen innerhalb der vergangenen zwei Jahrzehnte - haben die Wähler nicht auf die Frage geantwortet, die ihnen gestellt wurde, sondern auf die, die sie eigentlich gerne beantworten würden.“

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