Montag, 16. Dezember 2024

Putins Kriegsbilanz für 2024

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FR 16.12.24

euro|topics: Zur Verhängung des Kriegsrechtes in Südkorea am 3.12.24

Die Bedeutung der Verhängung des Kriegsrechts in Südkorea (nach 43 Jahren erstmals) ist mir erst langsam bewusst geworden, nachdem die Hintergründe deutlicher erkennbar wurden.

EINE KORREKTE DARSTELLUNG DER BEITRÄGE FINDET MAN ÜBER DAS FOLGENDE LINK:

Hier werden die Inhalte nur angedeutet. Um sie gut lesen zu können, muss man das Link verwenden.


05. Dezember 2024
Völlig überraschend verhängte Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol am Dienstagabend in einer Fernsehansprache das Kriegsrecht. Er begründete den Entscheid damit, dass die Opposition mit Nordkorea sympathisiere und die Regierung bewusst ausbremsen würde. Das Parlament stimmte nur wenige Stunden später für die Aufhebung des Kriegsrechts, der Präsident zog es daraufhin zurück. 



Europas Presse analysiert den Vorgang.04. Dezember 2024

Gefährliche Risse in der Gesellschaft

Wie wehrhaft die Demokratie ist, werden erst die kommenden Tage zeigen, meint der Spiegel:

„Die Innenstadt von Seoul wird sich wohl mit Demonstranten füllen, womöglich könnte bald ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten laufen. Es könnte ein Moment sein, in dem die Menschen zusammenkommen, wie so oft in Krisen in der Vergangenheit. Doch die Risse innerhalb der Gesellschaft und die Feindseligkeit der politischen Lager, die auch Yoon geschürt hat, sind gefährlich. Genau diese Risse könnte Nordkorea ausnutzen: mit Desinformation und Fake News. Für Südkorea ist zu hoffen, dass die Menschen jetzt für die Freiheit zusammenstehen, die sie sich einst hart erkämpft haben.“

Der Präsident hat den Verstand verloren

Südkorea wäre beinahe Opfer einer persönlichen Krise des Präsidenten geworden, schreibt Visão:

„Das südkoreanische politische Modell ist eine Nachbildung des US-Systems. Der Präsident regiert, wählt den Premierminister und die Regierungsmitglieder, erlässt aber keine Gesetze. Er kann das Kriegsrecht verhängen, aber die Nationalversammlung hat die Macht, diese Entscheidung aufzuheben. Und genau das hat sie getan, ohne zu zögern. Dies ist keine politische Krise oder eine Krise der nationalen Sicherheit. Es ist eine persönliche Krise. Der Präsident ist wütend über die Ermittlungen gegen seine Frau, die der Börsenmanipulation beschuldigt wird. Und er hat den Verstand verloren. Er hat versucht, dem Militär den Sturm auf das Parlament zu befehlen, ist aber gescheitert.“

Dass die USA den Machtkampf nicht kommen sahen, ist eine Schande für Joe Biden, schimpft Jutarnji list:

„Die Tatsache, dass solch eine Entwicklung das Weiße Haus völlig unvorbereitet traf, ist der vielleicht bombastischste Teil der Geschichte, denn es zeigt, in welchem Maße Joe Biden 'am Steuer eingeschlafen ist' und wie er das Steuer des ganzen Westens in den letzten Monaten seines ersten und letzten Mandates auf Gedeih und Verderb der unruhigen See der aktuellen geopolitischen Umbrüche überlassen hat. Es ist schwer, fast unmöglich, eine sinnvolle Rechtfertigung für die stärkste Macht mit dem besten Geheimdienst der Welt zu finden, wenn sie einen versuchten Staatsstreich in einem Land mit der vielleicht größten US-Militärbasis und etwa 30.000 US-Soldaten nicht bemerkt haben.“

Haarscharf am Staatsstreich vorbei

Die Gefahr eines Militärputsches hält Helsingin Sanomat erst einmal für gebannt:

„Die Ausrufung des Kriegsrechts sieht wie ein Schachzug des Präsidenten aus, um eine politische Pattsituation zu beenden. Man könnte ihn sogar als versuchten Staatsstreich bezeichnen. … Die Armee konnte den Ausnahmezustand trotz des Parlamentsbeschlusses noch einige Stunden lang aufrechterhalten. Hätte sie mit der Unterstützung des Präsidenten länger durchgehalten, wäre dies de facto ein Militärputsch gewesen. Mit dem Sinneswandel des Präsidenten heute Morgen und der Aufhebung des Ausnahmezustands scheint diese Gefahr gebannt zu sein.“

Präsident in der Sackgasse

Zuletzt benutzte Präsident Yoon vermehrt sein Vetorecht, doch nun wusste er nicht weiter, analysiert Tvnet:

„In Bezug auf den Staatshaushalt besitzt der Präsident kein Vetorecht, so dass die Meinungsverschiedenheiten zwischen Parlament und Regierung nun, wenn der Haushaltsplan für das nächste Jahr verabschiedet werden muss, in eine Sackgasse geraten sind. ... Ob Yoon Suk-yeols riskanter Schritt mit der Verhängung des Kriegsrechts positive Folgen für seine Politik oder Partei haben könnte, lässt sich derzeit nur schwer vorhersagen. Bisher berichten südkoreanische Medien, dass dieser Schritt das Vertrauen sowohl der politischen Elite als auch der Öffentlichkeit in den Präsidenten weiter untergraben hat und dass es Forderungen nach seiner Amtsenthebung geben wird.“

Yoon dürfte zu weit gegangen sein, glaubt The Economist:

„Seine Aktion ging weit über die Grenzen des üblichen politischen Handelns im demokratischen Südkorea hinaus und erinnert ans Vorgehen von Park Chung-hee, einem Militärdiktator, der das Land in den 1960er und 1970er Jahren regierte. ... Yoon hoffte offenbar, seine Regierung zu retten. Stattdessen hat er mit ziemlicher Sicherheit seinen eigenen Untergang besiegelt. Wenn er nicht selbst zurücktritt, wird das Parlament wahrscheinlich ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn einleiten. ... Die außenpolitischen Auswirkungen eines Machtwechsels in Seoul wären enorm – und kommen zu einem heiklen Zeitpunkt, weil sich Donald Trump auf seinen Amtsantritt vorbereitet und Nordkorea eine immer feindlichere Haltung gegenüber dem Süden einnimmt“

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Stresstest für die Demokratie

Bogusław M. Majewski, ehemaliger polnischer Botschafter in Singapur, ehemaliger Diplomat in den USA und Brüssel, sieht in Onet.pl Südkoreas Demokratie auf die Probe gestellt:

„Seit der Gründung Südkoreas im Jahr 1948 ist dies das zehnte Mal, dass das Kriegsrecht verhängt wurde. Jedes Mal war es eine Reaktion auf interne Spannungen. Doch das letzte Mal, dass es verhängt wurde, ist 43 Jahre her. Das bedeutet, dass fast zwei Generationen von Koreanern bereits ohne jegliches Bewusstsein dafür gelebt haben, was Kriegsrecht ist, was die Aussetzung politischer Rechte, der Verfassungsorgane und der Meinungsfreiheit bedeutet. ... Die nächsten Tage werden zeigen, ob die Demokratie in Südkorea ausreichend gefestigt ist, um sich gegen eine Diktatur zu behaupten.“

Samstag, 14. Dezember 2024

Deutschland als "Mittäter beim Völkermord"

Wolfgang Kaleck der Vorsitzende des  European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR)  meint, in Deutschland seien die Auswirkungen der bisherigen Stellungnahmen und Entscheidungen des Internationalen Strafgerichtshofs und des Internationalen Gerichtshofs zu Israels Vorgehen in Gaza und Westbank in ihrer ganzen Bedeutung noch gar nicht erfasst worden. 

In der Tat sehen nicht nur radikale Demonstranten, sondern auch ernsthafte diplomatische Vertreter in den UN Deutschland als "Mittäter beim Völkermord".

Einerseits Greta Thunberg als Antisemitin, weil sie auf das Leiden der Bevölkerung im Gazastreifen hinweist, andererseits Deutschland als "Mittäter beim Völkermord".  Die Diskussionen laufen da weit auseinander, dennoch sollte bei uns vollständiger rezipiert werden, was sich da international entwickelt.

https://www.nachdenkseiten.de/?p=125587

Hat das deutsche Volk 1949 das Grundgesetz "in freier Selbstbestimmung" angenommen?

sieh gutefrage.net (dort auch die Diskussion dazu)

Was "freie Selbstbestimmung" wäre, wäre natürlich erst zu klären, bevor man darauf antwortet.

Zu Recht hast du aber auf die "Mütter" hingewiesen (freilich, ohne die "Väter" zu erwähnen), denn wenn es nur auf die männlichen Volksvertreter angekommen wäre, hätte man bei Artikel 3 die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in Absatz 2 weggelassen.

Um den Absatz 2 zu bekommen haben die "Mütter" in großem Stil Frauenorganisationen aktiviert, und die habe die Volksvertreter mit einer Flut von Briefen bombardiert, so dass Abs. 2 durchkam. Zumindest in diesem Punkt war es also möglich, die Basis zum Eingreifen in den Formulierungsprozess zu aktivieren.

Zum Begriff "das deutsche Volk" hieß es 1949 in der Präambel: 

"[...] hat das Deutsche Volk in den Ländern [...], um dem staatlichen Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung zu geben, Kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beschlossen. Es hat auch für jene Deutschen gehandelt, denen mitzuwirken versagt war. Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden."

Damit ist geklärt, was damals mit "das Deutsche Volk" gemeint war. Ob 1990 das deutsche Volk "in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands" vollendet hat, ist vielfältig diskutiert worden und hier nicht weiter zu behandeln.

Freitag, 13. Dezember 2024

euro|topics: Syrien: Wie umgehen mit den neuen Machthabern?

Vor dem Pressebericht noch ein Hinweis auf eine recht umfassende Darstellung bei Twitter:

https://x.com/FabioDeMasi/status/1867865703010709825

und ein älterer Bericht der New York Times über die Aktivitäten der USA in Syrien
https://www.newyorker.com/magazine/2024/03/18/the-open-air-prison-for-isis-supporters-and-victims


Das Assad-Regime ist Geschichte, doch die HTS, die es gestürzt hat, ist eine islamistische Miliz, die zwar rechtsstaatliche Garantien verspricht, aber von vielen westlichen Staaten als Terrororganisation eingestuft wird. Die G7-Staaten wollen einen Übergangsprozess unterstützen, die EU-Außenminister berieten sich am Donnerstag in Berlin dazu, wie sie jetzt mit Damaskus zusammenarbeiten wollen. Europas Presse ist gespalten.

The Irish Times (IE)

Maximale Unterstützung bitte

Sowohl aus Verantwortung als auch Eigeninteresse kann es für The Irish Times nur einen Ansatz geben:

„Der Sturz des syrischen Assad-Regimes ist ein ermutigendes Bekenntnis zur Freiheit. ... Das Land, das nun vor der Mammutaufgabe steht, eine neue politische und rechtliche Ordnung zu schaffen, seine Regionen zu stabilisieren, humanitäre Hilfe zu organisieren und mit dem Wiederaufbau zu beginnen, verdient maximale internationale Unterstützung. ... Die EU und ihre Mitglieder tragen außerdem echte diplomatische Verantwortung. Sie wären potenziell die Hauptnutznießer der Stabilität, die sich aus einem friedlichen, florierenden und wiederaufgebauten Syrien ergibt, oder aber die Verlierer, wenn das Land in ein von regionalen Mächten geschürtes Chaos zurückfallen sollte.“

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Phileleftheros (CY)

Vorsicht bei der Partnerwahl

Phileleftheros schreibt über Milizenführer al-Dschaulani:

„Jetzt ist er der Auserwählte des Westens und die zehn Millionen Kopfgeld bleiben ihm erspart. 'Allahu Akbar' klingt nicht mehr beängstigend, sondern wie ein Gebet (werden sie uns sagen). …Und der Westen erwartet von ihm, dass er das verwüstete Syrien demokratisiert. Verwüstet durch das vorherige Regime, vergessen wir das nicht. Aber dies ist kein Hollywood-Film, in dem die Rollen von Gut und Böse klar verteilt sind und der Zuschauer Stellung nimmt, um am Ende durch den Sieg des Guten erleichtert zu werden. ... In manchen Geschichten gibt es keine Guten.“

Chrystalla Chatzidimitriou
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La Stampa (IT)

Politik der kleinen Schritte

Die EU-Staaten handeln konstruktiv und mit vorsichtigem Optimismus, analysiert La Stampa:

„Für alle ist die territoriale Integrität Syriens ein Schlüsselelement zur Gewährleistung der Stabilität in der Region. Gegenüber der neuen Regierung in Damaskus herrscht eine vorsichtige Offenheit, die an die Erfüllung einer Reihe von Bedingungen geknüpft ist: die Wahrung der Rechte ethnischer und religiöser Minderheiten, die Verteidigung der Rechte der Frauen und der Verzicht auf persönliche Rachefeldzüge. … Spanien hat beschlossen, seine Botschaft in Damaskus wieder zu öffnen, und Deutschland hat einen Sonderkoordinator ernannt, der die Lage vor Ort überwachen soll.“

Marco Bresolin
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Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE)

Nicht schon wieder missionieren

Man sollte die siegreichen Aufständischen jetzt nicht gleich wieder mit zu viel Ansprüchen konfrontieren, mahnt die Frankfurter Allgemeine Zeitung:

„Wenn [Deutschlands Außenministerin] Baerbock eine Zusammenarbeit von einem Idealzustand abhängig macht, zu dem Frauenrechte und Minderheitenschutz gehören, dann hat das mehr mit deutschen Ansprüchen zu tun als mit der syrischen Realität. In der arabischen Welt gibt es kein einziges Land, das den Maßgaben des Grundgesetzes genügen könnte; von einer islamistischen Führung ist es am wenigsten zu erwarten. Deutschland muss lernen, dass Außenpolitik nicht Missionierung ist, sondern in erster Linie Interessenwahrung.“

Nikolas Busse
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Le Point (FR)

Böses Erwachen nicht auszuschließen

Auch der Einsatz von Chemiewaffen vor elf Jahren in Syrien hat uns nicht ausreichend hellsichtig gemacht, rügt Le Point:

„Baschar al-Assad hat 2013 die tauben Ohren des Westens offenbart und sein Sturz bestätigt sie paradoxerweise. Reicht diese Gewöhnung an die Resignation so weit, dass sie unseren Scharfblick beeinträchtigt? Die Frage ist erlaubt, wenn man den Erfolg der von al-Dschaulani gestarteten Kampagne bei uns sieht, die darin besteht, uns ein Bild von 'gemäßigten' Islamisten zu verkaufen. … Es wäre lächerlich, überrascht zu sein, wenn das im Grauen endet. ... Wir erinnern uns an die Naivität einiger Kommentatoren, als Kabul 2021 wieder in die Hände der Taliban fiel, die bereits als 'inklusiv' beschrieben wurden. Nun dürfen Frauen selbst auf der Straße nicht mehr sprechen.“

Etienne Gernelle
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eldiario.es (ES)

Genauso wichtig nehmen wie die Ukraine

Europa sollte sich diplomatisch einbringen, glaubt Eldiario.es:

„Kaja Kallas, die neue Hohe Vertreterin für EU-Außenpolitik, will sich zu Recht auf die Ukraine konzentrieren, doch der Krieg in der Ukraine wird nicht von der EU gelöst werden. Die aktuellen Ereignisse, einschließlich Assads Flucht nach Moskau, haben indes gezeigt, wie die Krisen im Nahen Osten, in Afrika und in Osteuropa miteinander verbunden sind. Das weiß Kallas nur zu gut. Es wird nicht einfach sein, Irans nuklearen Wettlauf zu stoppen und die Sicherheit am Golf zu festigen, aber es könnte mehr Spielraum für Positives geben als angenommen. Die Vorteile wären Deeskalation im Nahen Osten, Nichtverbreitung von Kernwaffen, Brückenschlag zu Trump und Eindämmung Russlands. ... Europa könnte eine entscheidende Rolle dabei spielen.“

Nathalie Tocci
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