FR 16.12.24
Montag, 16. Dezember 2024
euro|topics: Zur Verhängung des Kriegsrechtes in Südkorea am 3.12.24
Gefährliche Risse in der Gesellschaft
Wie wehrhaft die Demokratie ist, werden erst die kommenden Tage zeigen, meint der Spiegel:
„Die Innenstadt von Seoul wird sich wohl mit Demonstranten füllen, womöglich könnte bald ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten laufen. Es könnte ein Moment sein, in dem die Menschen zusammenkommen, wie so oft in Krisen in der Vergangenheit. Doch die Risse innerhalb der Gesellschaft und die Feindseligkeit der politischen Lager, die auch Yoon geschürt hat, sind gefährlich. Genau diese Risse könnte Nordkorea ausnutzen: mit Desinformation und Fake News. Für Südkorea ist zu hoffen, dass die Menschen jetzt für die Freiheit zusammenstehen, die sie sich einst hart erkämpft haben.“
Der Präsident hat den Verstand verloren
Südkorea wäre beinahe Opfer einer persönlichen Krise des Präsidenten geworden, schreibt Visão:
„Das südkoreanische politische Modell ist eine Nachbildung des US-Systems. Der Präsident regiert, wählt den Premierminister und die Regierungsmitglieder, erlässt aber keine Gesetze. Er kann das Kriegsrecht verhängen, aber die Nationalversammlung hat die Macht, diese Entscheidung aufzuheben. Und genau das hat sie getan, ohne zu zögern. Dies ist keine politische Krise oder eine Krise der nationalen Sicherheit. Es ist eine persönliche Krise. Der Präsident ist wütend über die Ermittlungen gegen seine Frau, die der Börsenmanipulation beschuldigt wird. Und er hat den Verstand verloren. Er hat versucht, dem Militär den Sturm auf das Parlament zu befehlen, ist aber gescheitert.“
Die USA haben geschlafen
Dass die USA den Machtkampf nicht kommen sahen, ist eine Schande für Joe Biden, schimpft Jutarnji list:
„Die Tatsache, dass solch eine Entwicklung das Weiße Haus völlig unvorbereitet traf, ist der vielleicht bombastischste Teil der Geschichte, denn es zeigt, in welchem Maße Joe Biden 'am Steuer eingeschlafen ist' und wie er das Steuer des ganzen Westens in den letzten Monaten seines ersten und letzten Mandates auf Gedeih und Verderb der unruhigen See der aktuellen geopolitischen Umbrüche überlassen hat. Es ist schwer, fast unmöglich, eine sinnvolle Rechtfertigung für die stärkste Macht mit dem besten Geheimdienst der Welt zu finden, wenn sie einen versuchten Staatsstreich in einem Land mit der vielleicht größten US-Militärbasis und etwa 30.000 US-Soldaten nicht bemerkt haben.“
Haarscharf am Staatsstreich vorbei
Die Gefahr eines Militärputsches hält Helsingin Sanomat erst einmal für gebannt:
„Die Ausrufung des Kriegsrechts sieht wie ein Schachzug des Präsidenten aus, um eine politische Pattsituation zu beenden. Man könnte ihn sogar als versuchten Staatsstreich bezeichnen. … Die Armee konnte den Ausnahmezustand trotz des Parlamentsbeschlusses noch einige Stunden lang aufrechterhalten. Hätte sie mit der Unterstützung des Präsidenten länger durchgehalten, wäre dies de facto ein Militärputsch gewesen. Mit dem Sinneswandel des Präsidenten heute Morgen und der Aufhebung des Ausnahmezustands scheint diese Gefahr gebannt zu sein.“
Präsident in der Sackgasse
Zuletzt benutzte Präsident Yoon vermehrt sein Vetorecht, doch nun wusste er nicht weiter, analysiert Tvnet:
„In Bezug auf den Staatshaushalt besitzt der Präsident kein Vetorecht, so dass die Meinungsverschiedenheiten zwischen Parlament und Regierung nun, wenn der Haushaltsplan für das nächste Jahr verabschiedet werden muss, in eine Sackgasse geraten sind. ... Ob Yoon Suk-yeols riskanter Schritt mit der Verhängung des Kriegsrechts positive Folgen für seine Politik oder Partei haben könnte, lässt sich derzeit nur schwer vorhersagen. Bisher berichten südkoreanische Medien, dass dieser Schritt das Vertrauen sowohl der politischen Elite als auch der Öffentlichkeit in den Präsidenten weiter untergraben hat und dass es Forderungen nach seiner Amtsenthebung geben wird.“
Yoon hat sich verkalkuliert
Yoon dürfte zu weit gegangen sein, glaubt The Economist:
.„Seine Aktion ging weit über die Grenzen des üblichen politischen Handelns im demokratischen Südkorea hinaus und erinnert ans Vorgehen von Park Chung-hee, einem Militärdiktator, der das Land in den 1960er und 1970er Jahren regierte. ... Yoon hoffte offenbar, seine Regierung zu retten. Stattdessen hat er mit ziemlicher Sicherheit seinen eigenen Untergang besiegelt. Wenn er nicht selbst zurücktritt, wird das Parlament wahrscheinlich ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn einleiten. ... Die außenpolitischen Auswirkungen eines Machtwechsels in Seoul wären enorm – und kommen zu einem heiklen Zeitpunkt, weil sich Donald Trump auf seinen Amtsantritt vorbereitet und Nordkorea eine immer feindlichere Haltung gegenüber dem Süden einnimmt“
Stresstest für die Demokratie
Bogusław M. Majewski, ehemaliger polnischer Botschafter in Singapur, ehemaliger Diplomat in den USA und Brüssel, sieht in Onet.pl Südkoreas Demokratie auf die Probe gestellt:
„Seit der Gründung Südkoreas im Jahr 1948 ist dies das zehnte Mal, dass das Kriegsrecht verhängt wurde. Jedes Mal war es eine Reaktion auf interne Spannungen. Doch das letzte Mal, dass es verhängt wurde, ist 43 Jahre her. Das bedeutet, dass fast zwei Generationen von Koreanern bereits ohne jegliches Bewusstsein dafür gelebt haben, was Kriegsrecht ist, was die Aussetzung politischer Rechte, der Verfassungsorgane und der Meinungsfreiheit bedeutet. ... Die nächsten Tage werden zeigen, ob die Demokratie in Südkorea ausreichend gefestigt ist, um sich gegen eine Diktatur zu behaupten.“
Samstag, 14. Dezember 2024
Deutschland als "Mittäter beim Völkermord"
Wolfgang Kaleck der Vorsitzende des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) meint, in Deutschland seien die Auswirkungen der bisherigen Stellungnahmen und Entscheidungen des Internationalen Strafgerichtshofs und des Internationalen Gerichtshofs zu Israels Vorgehen in Gaza und Westbank in ihrer ganzen Bedeutung noch gar nicht erfasst worden.
In der Tat sehen nicht nur radikale Demonstranten, sondern auch ernsthafte diplomatische Vertreter in den UN Deutschland als "Mittäter beim Völkermord".
Einerseits Greta Thunberg als Antisemitin, weil sie auf das Leiden der Bevölkerung im Gazastreifen hinweist, andererseits Deutschland als "Mittäter beim Völkermord". Die Diskussionen laufen da weit auseinander, dennoch sollte bei uns vollständiger rezipiert werden, was sich da international entwickelt.
Hat das deutsche Volk 1949 das Grundgesetz "in freier Selbstbestimmung" angenommen?
sieh gutefrage.net (dort auch die Diskussion dazu)
Was "freie Selbstbestimmung" wäre, wäre natürlich erst zu klären, bevor man darauf antwortet.
Zu Recht hast du aber auf die "Mütter" hingewiesen (freilich, ohne die "Väter" zu erwähnen), denn wenn es nur auf die männlichen Volksvertreter angekommen wäre, hätte man bei Artikel 3 die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in Absatz 2 weggelassen.
Um den Absatz 2 zu bekommen haben die "Mütter" in großem Stil Frauenorganisationen aktiviert, und die habe die Volksvertreter mit einer Flut von Briefen bombardiert, so dass Abs. 2 durchkam. Zumindest in diesem Punkt war es also möglich, die Basis zum Eingreifen in den Formulierungsprozess zu aktivieren.
Zum Begriff "das deutsche Volk" hieß es 1949 in der Präambel:
"[...] hat das Deutsche Volk in den Ländern [...], um dem staatlichen Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung zu geben, Kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beschlossen. Es hat auch für jene Deutschen gehandelt, denen mitzuwirken versagt war. Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden."
Damit ist geklärt, was damals mit "das Deutsche Volk" gemeint war. Ob 1990 das deutsche Volk "in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands" vollendet hat, ist vielfältig diskutiert worden und hier nicht weiter zu behandeln.
Freitag, 13. Dezember 2024
euro|topics: Syrien: Wie umgehen mit den neuen Machthabern?
Vor dem Pressebericht noch ein Hinweis auf eine recht umfassende Darstellung bei Twitter: https://x.com/FabioDeMasi/status/1867865703010709825 und ein älterer Bericht der New York Times über die Aktivitäten der USA in Syrien Das Assad-Regime ist Geschichte, doch die HTS, die es gestürzt hat, ist eine islamistische Miliz, die zwar rechtsstaatliche Garantien verspricht, aber von vielen westlichen Staaten als Terrororganisation eingestuft wird. Die G7-Staaten wollen einen Übergangsprozess unterstützen, die EU-Außenminister berieten sich am Donnerstag in Berlin dazu, wie sie jetzt mit Damaskus zusammenarbeiten wollen. Europas Presse ist gespalten. | |||||||||||||||||||
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Maximale Unterstützung bitteSowohl aus Verantwortung als auch Eigeninteresse kann es für The Irish Times nur einen Ansatz geben:
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Vorsicht bei der PartnerwahlPhileleftheros schreibt über Milizenführer al-Dschaulani:
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Politik der kleinen SchritteDie EU-Staaten handeln konstruktiv und mit vorsichtigem Optimismus, analysiert La Stampa:
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Nicht schon wieder missionierenMan sollte die siegreichen Aufständischen jetzt nicht gleich wieder mit zu viel Ansprüchen konfrontieren, mahnt die Frankfurter Allgemeine Zeitung:
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Böses Erwachen nicht auszuschließenAuch der Einsatz von Chemiewaffen vor elf Jahren in Syrien hat uns nicht ausreichend hellsichtig gemacht, rügt Le Point:
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Genauso wichtig nehmen wie die UkraineEuropa sollte sich diplomatisch einbringen, glaubt Eldiario.es:
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