Dienstag, 25. Juli 2023

euro|topics: Israel: Knesset setzt Justizreform durch

 

Die Regierungsmehrheit der Knesset-Abgeordneten hat am Montag ein Kernelement der umstrittenen Justizreform verabschiedet. Die Opposition blieb der Abstimmung fern. Ex-Premier Jair Lapid kündigte eine Klage vor dem Obersten Gerichtshof an, der durch die Reform geschwächt werden soll. Eine Großdemonstration ist für Samstag angekündigt. Europas Presse ist besorgt.

POLITYKA (PL)

Demokratie funktioniert anders

Den Argumenten der Befürworter der Justizreform kann Polityka nichts abgewinnen:

„Damit bekommt das System Risse, das bisher das Gleichgewicht der Gewalten garantierte. Nicht die Gerichte werden die Regierung kontrollieren, sondern die Regierung wird die Gerichte zur Rechenschaft ziehen und dabei heuchlerisch behaupten, dass dies die Demokratie stärke. ... Eines der Hauptargumente war es, einem Gericht die Macht zu entziehen, das nicht von den Bürgern gewählt wurde. Das Problem ist, dass die Mehrheit der Bürger die Reform ablehnt (wie aus Umfragen hervorgeht) und darüber hinaus bis zu 85 Prozent von ihnen nun einen Bürgerkrieg befürchten. Auf wen hören der Premier und seine Gefolgsleute also wirklich?“

Agnieszka Zagner
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THE ECONOMIST (GB)

Es stehen stürmische Zeiten bevor

Die Justizreform stürzt das Land ins Chaos, urteilt The Economist:

„Israel könnte sich innerhalb weniger Tage in einer Verfassungskrise befinden ... Die Demonstranten, die glauben, dass sich ihr Land auf dem Weg in eine Diktatur befindet, werden nicht aufgeben. Ganze Reserveeinheiten könnten lahmgelegt werden. Große Wirtschaftskonzerne haben ihre Betriebe bereits aus Protest geschlossen und die Gewerkschaften erwägen einen Generalstreik. Nach der Abstimmung brachen wütende Proteste aus, die im Zentrum von Jerusalem, Tel Aviv und anderswo im Land für Chaos sorgten. Israel steht vor einem stürmischen Sommer.“

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NRC (NL)

Gemäßigte werden marginalisiert

Netanjahu muss eine riesige Kluft schließen, die durch die Justizreform nun offensichtlich geworden ist, mahnt NRC:

„Die Zweiteilung besteht schon viel länger und wird durch demografische Entwicklungen und politische Radikalisierung immer größer. Ultra-orthodoxe und ultra-nationalistische Israelis bekommen viel mehr Kinder und immer mehr politischen Einfluss. Gemäßigte Israelis fühlen sich zunehmend marginalisiert und denken immer häufiger an Emigration. Deutschland ist zur Zeit ein populäres Ziel für Israelis, die dem 'Faschismus' in ihrer Heimat entkommen wollen, wie sie unverblümt sagen.“

Leonie van Nierop
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RZECZPOSPOLITA (PL)

Die nationale Sicherheit steht auf dem Spiel

Auch in Polen kennt man Proteste gegen Beschneidungen der Justiz, erinnert Rzeczpospolita,

„doch gemessen an der Bevölkerungszahl sind das in Israel unvergleichlich mehr als in Polen. Warum hat die Sorge um die Justiz so viele Menschen dazu veranlasst, zu demonstrieren, gewichtige Erklärungen abzugeben und Risiken einzugehen? Es gibt viele Gründe, aber der wichtigste scheint die Lage Israels zu sein, das vor kurzem den 75. Jahrestag seiner Unabhängigkeit feierte. Auf dem Spiel steht die Sicherheit eines Landes, in dem neue Gesetze von Nationalisten und religiösen Extremisten diktiert werden. Damit wird es seiner nahöstlichen Umgebung ähnlicher und entfernt sich vom Westen.“

Jerzy Haszczyński
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Israel: Knesset setzt Justizreform durch

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