FR 20./21.10.15 Von ROMAN HERRE
"Konzerne [...] verstehen sich als wichtigen Politikgestalter und kaum jemand hinterfragt das – am wenigsten die Politik. [...] Ein Kristallisationspunkt für eine systematische Beteiligung an Politikprozessen war die [...] Globale Neugestaltungsinitiative (Global Redesign Initiative). [...]
Diese Entwicklung findet mittlerweile Ausdruck in neuen, kaum ins deutsche übersetzbaren Wortkonstrukten. ‚Corporate Capture‘ etwa bezieht sich auf die Übernahme von öffentlichen Aufgaben und Prozessen durch Unternehmen. ‚Stakeholderization‘ bezeichnet den Trend, die klare völkerrechtliche und staatsrechtliche Zuordnung unterschiedlicher Rollen und Verantwortlichkeiten aufzubrechen und mit der Wirtschaft zusammen und ‚auf Augenhöhe‘ Politik zu gestalten. [...]
Das für Ernährung zuständige Koordinierungsgremium der Vereinten Nationen (Standing Committee on Nutrition, SCN) weigerte sich 2004, Nahrungsmittelkonzerne systematisch in politische Entscheidungsprozesse einzubinden. Daraufhin wurde dem Gremium die Finanzierung zusammengestrichen und es für arbeitsunfähig erklärt. Parallel wird nun die von Ernährungskonzernen maßgeblich mitgestaltete neue SUN-Initiative (Scaling Up Nutrition) von den ehemaligen Geldgebern des SCN finanziert. Mission erfolgreich: Heute sitzen Nahrungsmittel- und Chemiekonzerne (Unilever, Cargill, BASF, PepsiCo…) in der neuen ‚Multi-Stakeholder-Initiative‘ SUN mit am Tisch und können ihre ernährungspolitisch und menschenrechtlich hoch problematische Expansionsstrategie unter dem Etikett der beteiligten Regierungen und Organisationen der Vereinten Nationen vorantreiben.
So wird letztendlich Akteuren, die nicht vom Wähler legitimiert sind, schrittweise Zugriff auf Politikprozesse eingeräumt und demokratische Prinzipien werden zum Auslaufmodell erklärt."
Jean-Marie Guehenno ja schon 1993 das "Ende der Demokratie" vorausgesagt.
Jean-Marie Guehenno ja schon 1993 das "Ende der Demokratie" vorausgesagt.
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