Mittwoch, 16. Februar 2022

euro|topics: Ukraine-Krise: Kriegsgefahr gebannt?

 

Russland hat angekündigt, seine seit Wochen nahe der Ukraine stationierten Truppen teilweise abzuziehen. Ursprünglich hatten die USA für den heutigen Mittwoch einen Angriff vorausgesagt, und bisher bleibt die Lage an der Grenze laut Nato unverändert – dennoch wird Putins Ansage als Zeichen einer gewissen Entspannung gewertet. Während einige Kommentatoren das als Erfolg des Westens werten, glauben andere an bloße Taktik.

RIA NOWOSTI (RU)

Es waren eben nur gewöhnliche Militärübungen

Ria Nowosti erbost sich über einen Westen, der Russland nichts glaubt und selbst lügt:

„Unser Verteidigungsministerium hat immer gesagt, dass es planmäßige Übungen durchführe, nach deren Beendigung man die Militäreinheiten zurückschicke. Worauf die West-Medien schrien, diese Truppen würden heute oder morgen die Ukraine überfallen. Jetzt wurde wie versprochen mit der Rückkehr der Truppen an ihre Standorte begonnen - und niemand hat irgendwen überfallen. Prompt behaupten die Westmedien, dies sei ein 'Abzug von der ukrainischen Grenze'. Und tapfere West-Kremlologen behaupten, Russland habe immer gelogen und gesagt, dass seine Armee gar nicht an der Grenze stehe. Kurzum, wir haben immer die Wahrheit gesagt und sie haben gelogen, aber jetzt bezichtigen sie uns der Lüge.“

Vladimir Kornilov
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GORDONUA.COM (UA)

Erfolgreicher Schulterschluss

Die Strategie des Westens ist aufgegangen, meint Juri Butussow, Chefredakteur von censor.net, in gordonua.com:

„Die USA und das Vereinigte Königreich starteten einen im Grunde genommen hybriden Krieg gegen Putin und mobilisierten eine Kampagne von bisher nicht gekanntem Ausmaß zur Unterstützung der Ukraine und gegen Putin. Die russische Bedrohung ermöglichte es den Amerikanern und den Briten, den russischen Einfluss in Polen, Tschechien und Dänemark zu brechen, die sich bereit erklärten, moderne Waffen an die Ukraine zu liefern; auch die drei baltischen Staaten lieferten Waffen. Und die USA und Großbritannien öffneten mit ihrer europäischen Unterstützung eine vollständige Luftbrücke für die Ukraine. ... Die pro-russische Front in Europa wurde durchbrochen.“

Jurij Butussow
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JUTARNJI LIST (HR)

Putin kann aufatmen

Scholz' Versicherungen an Moskau mögen auch einen Beitrag zur Deeskalation geleistet haben, kommentiert Jutarnji list:

„Als wichtigstes Ergebnis des Treffens zwischen dem russischen und dem deutschen Staatschef am Dienstag heben russische Medien folgendes hervor: Die Ukraine wird kein Nato-Mitglied, jedenfalls nicht bald. Die Russen betonten Scholz' Worte, dass eine Nato-Erweiterung 'im Moment nicht zur Diskussion' stehe oder auf dem Tisch läge, sogar dass das Thema nicht eröffnet werde 'solange er oder Putin an der Macht' seien. ... Viele deuteten diese Aussage so, dass Putin aufatmen kann, da er vom deutschen Kanzler hörte, was Balsam für seine Seele ist: Solange er an der Macht sei, kommt die Ukraine nicht in die Nato. Und über die Länge seiner Regierungszeit entscheidet alleine er selbst.“

Vlado Vurušić
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THE TIMES (GB)

Dem Frieden ist nicht zu trauen

Man sollte den Teilabzug besser nicht vorschnell als diplomatischen Erfolg feiern, warnt The Times:

„Russische Zugeständnisse sind immer taktischer Natur. Wenn die Truppen abgezogen werden - angeblich weil sie ihre militärischen Übungen beendet haben -, aber die gesamte schwere Ausrüstung, die für eine Invasion benötigt wird, an Ort und Stelle bleibt, dann hätten die Truppen auch gleich bleiben können, wo sie waren. Sie oder eine Ersatztruppe könnten innerhalb weniger Stunden zurück sein. Außerdem wird gleichzeitig der Druck auf die abtrünnigen ukrainischen Provinzen erhöht, die 2014 den Krieg auslösten und die massive russische Unterstützung sowie russische Pässe für Tausende ihrer Bürger erhalten haben.“

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LA STAMPA (IT)

Und was geschieht im Donbass?

Auch La Stampa ist skeptisch:

„Das Pokerspiel der Medien scheint, nachdem es eine schwindelerregende Höhe erreicht hatte, glücklich zu enden. Wladimir Putin verkündete, dass 'Russland keinen Krieg in Europa wolle', eine Zusicherung, die seine Minister und Sprecher bereits bei jeder Gelegenheit wiederholt hatten, die der oberste Führer aber bisher nicht besiegelt hatte. Aber gleichzeitig ersetzt der russische Präsident die Panzer im Rückzug durch eine diplomatische Waffe, die ihm von seinem Parlament angeboten wird: Die Duma fordert Putin auf, die selbsternannten 'Volksrepubliken' des Donbass anzuerkennen: eine Bombe, die den Minsker Friedensprozess jeden Moment in die Luft jagen und diesen 'Krieg niedriger Intensität', wie ihn die Uno nennt, wieder zu einem heißen Krieg machen könnte.“

Anna Zafesova
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