Mittwoch, 18. März 2020

euro|topics: Kampf gegen Corona: Ein Wettstreit der Systeme? - Zur Situation auf der Südhalbkugel

Während sich die Corona-Pandemie in Europa und den USA rasant ausbreitet, hat Chinas Staats- und Parteiführung sie mit drastischen Maßnahmen unter Kontrolle gebracht. Zwar sind die wirtschaftlichen Schäden beträchtlich, doch präsentiert sich das Land nun als Ratgeber und spendet sogar medizinisches Material für Europa. Kommentatoren fragen nach den langfristigen politischen Folgen.
RIA NOWOSTI (RU)

Nun will es China wissen

Peking wird seine Ideologie und sein Sozialmodell nun verstärkt als vorbildlich propagieren, vermutet die staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti:
„Was das Coronavirus betrifft, ist heute China der sicherste Ort der Welt - und nicht jene Länder, wo es dieses angeblich noch nicht gibt. Denn die Chinesen haben gelernt, es korrekt zu diagnostizieren, seine Verbreitung zu unterbinden und es zu behandeln. Das weiß die ganze Welt. So kam China in die einmalige Position eines Landes, das fähig und willens ist, allen zu helfen, die darum bitten. ... Der erfolgreiche Kampf gegen die Epidemie wird China langfristig nutzen. Und dessen ist man sich dort wohl bewusst - weshalb man versucht, daraus allgemeingültige Formeln zu formulieren. Etwa so: Welches politische System erweist sich in Notlagen als das bessere, das chinesische oder das westliche? Die Antwort liegt auf der Hand.“
Dmitri Kosyrev
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KARAR (TR)

Der Kapitalismus frisst seine Kinder

Die Tageszeitung Karar wird nachdenklich angesichts des unterschiedlichen Abschneidens der Staaten bei der Eindämmung der Pandemie:
„Wie kann es sein, dass China in diesem Kampf so herausragend ist? Warum hat Südkorea es geschafft, die Epidemie mit einem Mal umzukehren? Wir haben es hier mit einem Unterschied zu tun hinsichtlich der Einstellung der Gesellschaft zu Geld und Dienstleistungen - die sich selbstverständlich auch auf die Staatsführung überträgt. ... Sie können sich dort testen lassen, und zwar umsonst. Wie sieht es damit bei uns und in vielen anderen reichen Ländern aus? Warum tragen die reichen Länder des Westens so großen Schaden davon? Weil sie den Kapitalismus so brutal durchsetzen? Oder weil sie die Interessen des Kapitals über die Interessen der Bürger stellen? Was auch immer der Grund ist, wir sehen heute ein System, das sich selbst auffrisst.“
İbrahim Kahveci
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FINANCIAL TIMES (GB)

Autoritarismus wird neue Anhänger gewinnen

Nach der Finanzkrise von 2008 droht dem Westen nun ein weiterer Schlag ins Knie, analysiert Financial Times:
„Der Glaube, dass China auf dem Vormarsch ist und der Westen unaufhaltsam im Niedergang begriffen ist, wird neue Anhänger finden. Argumente für den Autoritarismus und gegen die Demokratie werden mit größerer Kühnheit vorgebracht werden - sowohl in China als auch im Westen. ... Im Moment fühlt es sich so an, als ob China das Schlimmste hinter sich hätte, während der Ausbruch im Westen gerade erst beginnt. Die letzte globale Krise, der finanzielle Zusammenbruch von 2008, führte zu einem Verlust des Selbstbewusstseins im Westen und einer Verlagerung der politischen und wirtschaftlichen Macht Richtung China. Die Coronavirus-Krise von 2020 könnte eine noch viel größere derartige Verschiebung nach sich ziehen.“
Gideon Rachman
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ONET.PL (PL)

Ansehen der Demokratie steht auf dem Spiel

Onet.pl sieht liberale Gesellschaften in Gefahr:
„Es ist bereits der Eindruck entstanden, dass Demokratien nicht in der Lage sind, eine dynamische wirtschaftliche Entwicklung zu garantieren und die wachsenden, drastischen sozialen Ungleichheiten einzudämmen. Wenn sich nun auch noch herausstellt, dass sie in einer Situation, in der das Leben und die Gesundheit der Bürger bedroht sind, weniger wirksam agieren als autoritäre Länder, dann wird ihr Ansehen unweigerlich leiden. ... Die liberalen Demokratien in Europa müssen wieder an Stärke und Entschlossenheit gewinnen, um zu bestehen. Politiker müssen lernen zu führen, und nicht, der Menge zu folgen.“
Witold Jurasz
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LIDOVÉ NOVINY (CZ)

Peking ist erstaunlich dreist

Die chinesische Selbstbeweihräucherung geht Lidové noviny gegen den Strich:
„Wer in China [kurz nach dem Auftreten des Corona-Virus] von einer gefährlichen Krankheit sprach, bekam es mit der Polizei zu tun. Das Gesundheitssystem war nicht vorbereitet, was zur Ausbreitung des Virus beitrug. Unklar ist zudem, wie lange die herrschende Kommunistische Partei die Epidemie tatsächlich im Griff haben wird. Die Lage zu beschönigen, kann zu einem neuen Ausbruch führen. China beweist Chuzpe , wenn es sich lobt, dass die eigenen Erfahrungen jetzt der ganzen Welt helfen. Immerhin handelt es sich um ein Problem, das Peking erst geschaffen und dann in die ganze Welt exportiert hat.“
Marek Hudema
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Kampf gegen Corona: Ein Wettstreit der Systeme?
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Wie hart trifft Covid-19 die Südhalbkugel?
Bisher sind die Länder Afrikas und Südamerikas von der Corona-Pandemie deutlich weniger stark betroffen als der wohlhabende Norden. So gab es bis zum gestrigen Dienstag in ganz Afrika lediglich rund 350 erfasste Infektionen. Einen möglichen Grund dafür sehen Experten in der während und nach der Ebola-Epidemie von 2014 aufgebauten Infrastruktur. Kommentatoren machen sich dennoch Sorgen.
THISDAY

Das Letzte, was Nigeria jetzt gebrauchen kann

Das afrikanische Land kämpft bereits mit einer Vielzahl anderer großer Probleme, ruft ThisDay in Erinnerung:
„Es ist bemerkenswert, dass die nigerianischen Behörden bereits Maßnahmen ergriffen haben, um sicherzustellen, dass der Ausbruch nicht zu einer weiteren Krise der öffentlichen Gesundheit in einem Land führt, das mit unzähligen Herausforderungen zu kämpfen hat. Dazu zählen Unsicherheit, Armut und natürlich die Lassa-Fieber-Epidemie, die in den vergangenen Wochen zahlreiche Menschen das Leben gekostet hat. ... Sollte sich der Coronavirus-Ausbruch von den beiden Regionen Lagos und Ogun rasant in andere Landesteile ausbreiten, die nicht in der Lage sind, solche Notfälle zu bewältigen, dann wird die stolze Behauptung, Nigeria habe 2014 als erster betroffener Staat Ebola erfolgreich eingedämmt, bedeutungslos werden.“
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POLITYKA (PL)

Offene Türen für den Erreger

Polityka sieht afrikanische Länder gleich in mehrfacher Hinsicht besonders gefährdet, sollte die Pandemie sich auch dort weiter ausbreiten:
„Im Kongo sucht man nach Infizierten, indem man Reisende an Flughäfen beobachtet. Diese Methode bringt jedoch wie in anderen Teilen der Welt nur magere Ergebnisse. Das wirft ernsthafte Bedenken auf, dass sich das Virus in afrikanischen Ländern ungehindert verbreiten wird. Umso alarmierender ist dabei, dass Millionen von Afrikanern ohnehin durch weit verbreitete Krankheiten einen geschwächten Körper haben, etwa weil sie an Aids, Tuberkulose, oder Malaria erkrankt sind. Hinzu kommt noch der schlechte Zustand der Gesundheitssysteme. ... Diese sind möglicherweise nicht einmal dazu in der Lage, den Patienten zu helfen, die die Symptome einer Coronavirus-Infektion entwickeln.“
Jędrzej Winiecki
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TAGES-ANZEIGER (CH)

Es droht eine soziale Explosion

Ärmere Staaten können nicht einfach die in Asien und Europa erprobten Maßnahmen übernehmen, fürchtet der Tages-Anzeiger:
„[E]inen Sicherheitsabstand zu wahren und sich häufig die Hände zu waschen, ist in den engen, verstopften, staubigen Elendsvierteln der sogenannten Dritten Welt, zumal in jenen ohne fliessend Wasser, reines Wunschdenken. Eine medizinische Versorgung, die diesen Namen verdient, gibt es in vielen armen Ländern nur für jene, die sie bezahlen können. ... Mehr als 40 Prozent der brasilianischen Werktätigen arbeiten im informellen Sektor, haben also keine Arbeitsverträge, kein Krankentaggeld, keine Arbeitslosenunterstützung. ... [D]ie grösste Gefahr, die vom Coronavirus ausgeht, [besteht] in einer sozialen Explosion auf der Südhalbkugel.“
Sandro Benini
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