Mittwoch, 26. Februar 2020

euro|topics: Covid-19 und die Wirtschaft: Fluch und Segen?

Das Coronavirus breitet sich immer weiter aus. In Italien sind mittlerweile mehr als 320 Fälle registriert. Viele Beobachter fürchten, dass die Epidemie durch Produktionsausfälle, gestörte Lieferketten und einen Rückgang des Konsums auch große wirtschaftliche Schäden anrichtet. Andere wittern inmitten der Bedrohung Entwicklungschancen.
KURIER (AT)

Die Ökonomie unter Quarantäne

Nicht nur in China erinnern die Maßnahmen der Politik ans Kriegsrecht, kritisiert der Kurier:
„Der französische Wirtschafts- und Finanzminister Le Maire bezeichnete die Seuche am Dienstag pathetisch als 'Game-Changer für die Globalisierung'. Doch genau da liegt das Problem. Die Frage ist nämlich, ob nicht die Politik ihre Spielregeln ändern müsste. Denn das Virus hat das Politbüro in Peking offensichtlich genauso am linken Fuß erwischt wie die Staatskanzleien in Europa. Sichtbarstes Zeichen dieser Ohnmacht sind Maßnahmen, die mehr oder minder an jene des Kriegsrechts erinnern. Genau diese Maßnahmen aber sind es, die für die globale Weltwirtschaft eine weitaus größere Gefahr darstellen als das Virus an sich. Die Ökonomie wird mit Werksschließungen und Ausgangssperren unter Quarantäne gesetzt.“
Wolfgang Unterhuber
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JUTARNJI LIST (HR)

Schadensumme könnte eine Billion Dollar übersteigen

Das Virus wird enorme Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben - aber welche, ist nur scheinbar klar, argumentiert Jutarnji list:
„Oxford Economics, eines der führenden Institute für ökonomische Prognosen, warnte, dass eine mögliche Pandemie zu einer Verringerung des jährlichen globalen Wirtschaftswachstums um 1,3 Prozentpunkte führen könnte, was 1,1 Billionen Dollar (tausend Milliarden) an verlorenen Einnahmen entspricht. Doch alle Prognosen bleiben so lange Spekulationen, bis man wirklich feststellt, welche negativen Folgen auf die menschliche Gesundheit dieses Virus hat, und wie der Markt reagiert. Die Kurse an asiatischen und europäischen Börsen sanken gestern weiter, während die drei amerikanischen Hauptindizes während des Verfassens dieses Textes ein leichtes Plus verzeichneten.“
Frenki Laušić
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DE STANDAARD (BE)

Weniger Waren-Wahnsinn

Auch die Einschränkungen, die der Corona-Ausbruch mit sich bringt, könnten durchaus positive Nebeneffekte haben, so die Überlegung von De Standaard:
„Es ergibt keinen Sinn, unüberlegt Barrieren zu errichten, die unnötig die Zirkulation von Waren in der Europäischen Union behindern. Aber vielleicht bringt all dies auch Vorteile mit sich. Die ersten Bilder von leeren Regalen in Kaufhäusern kursieren bereits. Noch bevor wirklich die Rede von Lieferproblemen ist, werfen sie die Frage nach dem Sinn unserer Distributionssysteme auf. Vielleicht wird deutlich, dass wir eigentlich mit weniger auskommen können. Weniger Waren, weniger Auswahl, weniger Lastwagen auf der Straße. Als Übung für die andere Bedrohung, die Klimakrise, erweist uns das Virus eigentlich einen Dienst.“
Bart Sturtewagen
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VERSLO ŽINIOS (LT)

Booster fürs unternehmerische Denken

Auch Verslo žinios hält positive Auswirkungen der Epidemie für möglich:
„Diese Situation wird hoffentlich auch ungeahnte Möglichkeiten eröffnen - für neue Lieferanten, neue Kunden und neue Verträge. Internationale Unternehmen sind bereit, einen Teil ihrer Bestellungen nun in Europa aufzugeben. ... Unternehmer geraten nicht in Panik und suchen nach Auswegen, auch wenn die Stimmung angespannt ist und die Auswirkungen auf die Wirtschaft noch unklar sind. ... Sie sehen sogar positive Folgen dieser Krise: Sie haben gelernt, besser zu planen, flexibel auf spontane Veränderungen zu reagieren und sich anzupassen.“
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VEČER (SI)

Geißel und Goldgrube

Ob hinter der Corona-Panik nicht auch ein profitables Geschäft steckt, fragt sich Večer:
„Vor zehn Jahren rügte der Europarat, dass die Länder wegen der damals von der WHO zu Unrecht zur Pandemie erklärten Schweinegrippe Milliarden von Steuergeldern für letztlich nicht benötigte Impfmittel ausgaben. Das Gleiche geschah 2006 aus Panik vor der Vogelgrippe. Wie es am Ende beim Coronavirus gewesen sein wird, werden wir erst wissen, wenn niemand mehr von ihm spricht. Schon jetzt aber ist klar, dass Hersteller von Atemschutzmasken und Grundnahrungsmitteln Profite, andere Branchen aber Verluste machen werden. Viren, die plötzlich auftauchen und sich auf der Welt ausbreiten, scheinen im modernen Kapitalismus ein neuer Auslöser von Wirtschaftskrisen und ein Anlass zum Melken der Steuerzahler zu sein.“
Darja Kocbek
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Coronavirus: Europa zwischen Panik und Tatendrang
Angesichts der raschen Ausbreitung des Coronavirus in Italien berät die Regierung in Rom am heutigen Dienstag mit seinen Nachbarländern Slowenien, Frankreich, Schweiz und Österreich, sowie Deutschland über weitere Maßnahmen. Die Zahl der Infektionen in Italien liegt mittlerweile bei über 220 Fällen. In den Kommentarspalten finden sich an Panik grenzende Texte ebenso wie kühl-rationale Überlegungen.
DE MORGEN (BE)

Jetzt bloß kein staatlicher Aktionismus

De Morgen mahnt zu Besonnenheit und Rationalität:
„Bei den Notfallplänen muss der Staat den unkontrollierbaren Faktor Mensch einberechnen. Dem Einzelnen mag es klug erscheinen, zum Beispiel schon jetzt Gesichtsmasken zu kaufen. Aber wenn jeder so denkt, entsteht ein Run. Dadurch kann es zu einem Mangel kommen, der dann die trifft, die die Produkte zweifellos am dringendsten brauchen: Ärzte und Pflegepersonal. Das wäre wirklich eine schlechte Nachricht. Die größte Aufgabe des Staates ist es jetzt, Notfallpläne aus dem Schrank zu holen, die Krankenhäuser vorzubereiten und mit ausreichend Hilfsmitteln auszustatten. Das klingt langweiliger als die Pläne, Züge zu stoppen und Grenzen zu schließen. Aber es ist sehr viel effizienter.“
Bart Eeckhout
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PÚBLICO (PT)

Kontrolle ja, Panik nein!

Erkrankte und Kontaktpersonen zu isolieren ist das Mittel der Wahl, glaubt Público:
„Der beste Weg für die Behörden, mit einer Bedrohung umzugehen, deren Ausmaß noch überhaupt nicht fassbar ist, besteht darin, dies entschlossen zu tun. Fälle zu isolieren und Personen zu identifizieren, die möglicherweise mit infizierten Personen Kontakt hatten, damit sie ebenfalls isoliert werden können, ist zwar keine Zauberlösung, bietet jedoch die beste Chance, die Ausbreitung des Virus frühzeitig einzudämmen. Dies kann in einer globalisierten Welt wirkungsvoller sein als - so medienwirksam sie auch sind - Reisebeschränkungen. So kann der Rest der Bürger sein normales Leben fortführen und es werden Schäden vermieden, die allein der Panik geschuldet sind.“
David Pontes
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NAFTEMPORIKI (GR)

Krankenhäuser sind alles andere als gewappnet

Die europäischen Gesundheitssysteme sind einer Epidemie nicht gewachsen, sorgt sich Naftemporiki:
„Die Gesundheitssysteme in den Industrieländern wurden in den letzten Jahren zurückgebaut, und in den Entwicklungsländern haben die Kriege der letzten Jahre sogar diese unzureichende Infrastruktur zerstört. … Wie der Europäische Gewerkschaftsverband für den Öffentlichen Dienst (EGÖD) auf seiner Website berichtet, wurden in Ländern wie Zypern, Griechenland, Irland, Litauen, Portugal und Rumänien die Gehälter von Angestellten im Gesundheitssektor eingefroren oder sogar gesenkt. In Griechenland sind die Engpässe in öffentlichen Krankenhäusern bekannt, von denen einige aufgrund der strengen Sparmaßnahmen während der Krise geschlossen werden mussten.“
Moisis Litsis
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MILLIYET (TR)

Weiterer Gefahrenherd in Nahost

Im Iran sind nach offiziellen Angaben bisher 12 Menschen am Coronavirus gestorben; die Dunkelziffer dürfte jedoch weit höher liegen. Das ist extrem besorgniserregend, findet Milliyet:
„Nicht alle Länder haben die gleichen Möglichkeiten, um Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, die Krise zu managen und die Epidemie zu bewältigen. ... Während ein Land wie China harte Maßnahmen durchsetzen kann, zeigen die Nachrichten aus dem Iran, dass dort die Situation aus dem Ruder läuft. ... Die Ausbreitung des Virus wird sich in Gegenden beschleunigen, in denen die Grenzen unzureichend geschützt sind, die illegale Einwanderung hoch ist und Rahmenbedingungen wie das Gesundheitssystem oder die Ernährungssituation schlecht sind. ... Allein das sind genug Gründe für ein großes Katastrophenszenario.“
Nihat Ali Özcan
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EL PAÍS (ES)

Fake News sind ein resistenter Keim

Der Mathematiker und Biostatistiker Adam Kucharski erklärt in El País, warum auch viele falsche Gerüchte über das Coronavirus grassieren:
„Studien über die Verbreitung von Twitter-Nachrichten in den Jahren 2006 bis 2017 zeigen, dass sich Falschmeldungen schneller verbreiten als andere Tweets. Der Grund? Die Leute schätzen offensichtlich den Neuigkeitswert, und der ist bei falschen Nachrichten naturgemäß höher als bei wahren. Darüber hinaus hängt die Verbreitung einer Nachricht außerdem davon ab, welche Emotionen sie auslöst. ... Es gibt keinen Beweis dafür, dass sich das Virus seit seinem Auftreten im Dezember weiterentwickelt hat und ansteckender geworden ist. Was sich hingegen wahrscheinlich tatsächlich weiterentwickelt, sind die Gerüchte darüber. Und die verbreiten sich immer schneller.“
Adam Kucharski
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