Donnerstag, 12. September 2019

euro|topics: Kritik an neuem EU-Ressort "European Way of Life"

Der designierte griechische Vizepräsident der EU-Kommission Margaritis Schinas soll die "europäische Lebensweise" schützen. In dieser Funktion wird er unter anderem auch für den Bereich Migration zuständig sein. Der Titel des Ressorts hat im EU-Parlament und bei NGOs für Kritik gesorgt - und auch unter den Kommentatoren ist er umstritten.
NAFTEMPORIKI (GR)

Schützenswerte Eigenschaften

Es gibt eine europäische Lebensweise und es lohnt sich diese zu bewahren, findet Naftemporiki:
„Der Ausdruck selbst hat nichts 'Groteskes', Unheimliches', 'Faschistisches' oder 'Spaltendes'. ... Es genügt zu vereinbaren, was diese Lebensweise bedeutet und von wem sie bedroht ist. Was ist die europäische Lebensweise, wie wir sie nach dem [Zweiten Welt-]Krieg gelernt haben? Eine Welt des Friedens und der relativen Stabilität, auch in einem Umfeld mit zahlreichen Herausforderungen wie denen des letzten Jahrzehnts. ... Wie mit Migrationsströmen umgegangen wird, wie sich die Bürger wieder (finanziell) sicher fühlen, in welche Richtung Bildung gehen wird und wie die Beschäftigungsbedingungen gestaltet werden sollen, hat viel mit der europäischen Lebensweise zu tun.“
Natasa Stasinou
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PÚBLICO (PT)

Kontrolle von Migration ist das einzige Ziel

Als lächerlich und heuchlerisch empfindet hingegen der Historiker Rui Tavares in Público das neue Aufgabengebiet des Griechen Margaritis Schinas:
„Das Aufgabengebiet von Herrn Schinas heißt 'Schutz unserer europäischen Lebensweise', was nach einem Titel von Monty Pythons 'Ministerium für alberne Gänge' klingt. Das Schlimmste ist, dass der Titel nicht nur albern, sondern auch heuchlerisch ist. Denn inhaltlich wird es um die Kontrolle von Migration gehen, oder, wie jemand sagte, darum zu 'verhindern, dass andere Personen auf unseren Lebensstil in der EU zugreifen'. Wie in der schlimmsten Überlieferung von George Orwells 1984, in der das Ministerium für Wahrheit Lügen propagierte und das Friedensministerium Krieg führte, bedeuten die Namen der Portfolios in dieser neuen EU-Kommission das Gegenteil ihrer Funktionen.“
Rui Tavares
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DE STANDAARD (BE)

Gefährliche Wortwahl

Die Bezeichnung des Ressorts ist ein Kniefall vor dem ungarischen Premier Orbán, urteilt De Standaard:
„Was will man denn genau schützen? Gegen wen? Ein weißes, christliches Europa gegen eine Invasion von Muslimen und Afrikanern? ... Klar, es gibt das Bedürfnis der Menschen nach einer gemeinsamen Identität, danach, sich zu Hause zu fühlen in einer sich rasant verändernden Welt, was von den kosmopolitischen Technokraten in Brüssel lange Zeit ignoriert wurde. Und ja, Migration nährt Angst und Unbehagen, gut, dass die Zuständigkeit dafür bei einem Vizevorsitzenden gelandet ist und damit ganz oben auf der europäischen Tagesordnung. Aber indem sie die Migrationspolitik an den Schutz des europäischen 'Way of Life' koppelt, erweckt die Kommission den Eindruck, das Framing von Orbán zu übernehmen.“
Lieven Sioen
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KRISTELIGT DAGBLAD (DK)

Bitte auf die wichtigen Dinge konzentrieren

Von der Leyen hat dem Migrations-Kommissar erweiterte Kompetenzen zugewiesen, beobachtet Kristeligt Dagblad:
„Er ist jetzt Kommissar für den Schutz dessen, was Europa ausmacht. Was auch immer das ist. Manche Europäer leben noch immer in großer Armut, andere in Wohlstand. Einige können von demokratischen Rechten profitieren, während andere noch immer dafür kämpfen müssen. ... Manche leben in Gesellschaften mit hohen Steuern und öffentlich finanzierter Wohlfahrt, während andere sich selbst versichern und alles aus eigener Tasche zahlen müssen. Man stelle sich vor, die neue Kommission wäre weniger damit beschäftigt, neue glänzende Ideen zu pflegen, und würde sich stattdessen darauf konzentrieren, die für Europa dringenden Aufgaben zu lösen.“
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WEBCAFÉ (BG)

Clickbait der neuen Kommissionspräsidentin

Webcafé wirft einen humoristischen Blick auf die Bezeichnungen der neuen Ressorts der EU-Kommission, wie 'Schutz der europäischen Lebensweise', oder 'Stärkeres Europa in der Welt':
„Es fällt auf, dass die Hauptressorts der neuen EU-Kommission in bemerkenswerter Weise umbenannt worden sind. Sie klingen wie aus einem Lehrbuch für Verhaltenspsychologie oder aus einem Artikel mit dem Titel 'Fünf Tricks für Influencer, die mehr Follower auf Instagram haben wollen'. … Schade nur, dass es keine Ressorts wie 'Schönheit findet sich in den kleinen Dingen', 'Blühen und Gedeihen' oder 'Morgenmeditation' geben wird.“
Diana Kostowa
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