Mittwoch, 16. September 2015

Merkels neuer Stil in der Flüchtlingsfrage

Christian Bangel: Flüchtlinge: Die Macht der Mitfühlenden, ZEIT online, 16.9.15

[...] Merkels Verhalten der letzten Wochen wirkt wie der Versuch, nicht die Regierungen, sondern die Bürger Europas zu überzeugen. Unter dem Eindruck der erschütternden Bilder an den Grenzen beginnen sie ja auch in Dänemark, Großbritannien, Spanien und anderen Ländern zu fragen, warum dort nicht gehen soll, was in Deutschland begonnen hat.
Konstruktive Öffentlichkeit
Das wäre revolutionär. Denn Öffentlichkeit war für die EU bisher etwas Zerstörerisches. Sie zeigte sich als permanent wachsender Zuspruch zu rechtspopulistischen Parteien. [...]

Florian Gathmann und Roland Nelles:
Merkel und die Flüchtlingskrise: Kehrtwende? Keineswegs SPON 16.9.15
[...] "Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land."
Es wird in diesem Moment klar: Merkel hat sich entschieden. Klimakanzlerin, Euroretterin - nun ist sie die Flüchtlingskanzlerin. Sie will weiter Flüchtlinge mit offenen Armen empfangen und niemand soll Zweifel an ihrer Linie haben. Daran soll auch die Einführung von Kontrollen an der Grenze nichts ändern.
Merkel hat in den Krisenmodus geschaltet. Und wie stets, wenn es richtig kompliziert wird, versucht sie dem Wahlvolk die immer gleiche Botschaft zu vermitteln: Keine Sorge, die Kanzlerin hat alles im Griff.
Aber ist das so? Ganz offenkundig hat die Kanzlerin die Wucht der Flüchtlingskrise lange unterschätzt, nun müssen Merkel und Co. schnell Lösungen finden. Schafft sie es nicht, kann ihr Image beim Wahlvolk als Deutschlands oberste Krisenmanagerin bald Schaden nehmen. [...]

Es hat sehr lange gedauert, bis Bevölkerung und Medien den Skandal wahrgenommen haben, der in dem "Schutz" der Festung Europas durch Frontex bestand. Mir erscheint das, was jetzt geschieht, wie ein kurzfristiger Hype, obwohl ich mir etwas anderes erhoffe. 
Merkel ist in dieser Situation im guten Sinne populistisch geworden. Hoffentlich fällt sie nicht um, wenn sie sich über die Folgen ihrer raschen Entscheidung klar wird.

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