Freitag, 14. November 2008

Spielregeln der Demokratie

„Einschüchterung Andersdenkender“ und „Hinderung an der parlamentarischen Arbeit von frei gewählten Abgeordneten“ wirft man der Landtagsfraktion der SPD vor. Schließlich wird sie als „Kaderpartei“ bezeichnet und in die Nähe des Totalitarismus gerückt.
Die Argumentation nähert sich stark Roland Kochs Wahlkampfstil an, dem er für seine Person doch abgeschworen hat.
Was liegt vor? Eine SPD-Landtagsabgeordnete hat darauf verwiesen, dass sie zu dem Wahlkampfversprechen ihrer Spitzenkandidatin stehe und deshalb auch nicht die leiseste Form der Zusammenarbeit mit der Linken akzeptieren könne. Das ist honorig und sollte Politiker lehren, vorsichtiger mit Wahlkampfversprechen umzugehen.
Drei andere haben bis wenige Tage vor dem angesetzten Termin versichert, sie würden Frau Ypsilanti zur Ministerpräsidentin wählen, auch wenn diese für die Wahl auf die Stimmen der Linken angewiesen sei. Dann haben sie, nachdem sie nicht die Ämter erhielten, die sie anstrebten, erklärt, ihr Gewissen erlaube ihnen nicht mit den Linken zusammenzuarbeiten.
Das ist unglaubwürdig und spricht für ein fragwürdiges Verständnis von Gewissensentscheidung.

Unsere Demokratie sieht ausdrücklich vor, dass Abgeordnete „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“ sind . Das ist eine wichtige Voraussetzung für eine freiheitliche Demokratie. Dennoch hätte niemand von uns Verständnis für Abgeordnete, die sich für eine Partei wählen ließen und dann im Parlament nur noch für deren politische Gegner arbeiten würden. Das wäre Wahlbetrug, weit schlimmer als das Brechen eines Wahlversprechens, das manchmal schwer zu halten ist. (Selbst als mächtigster Mensch der Welt wird Barack Obama nicht jedes seiner Wahlversprechen halten können, auch wenn er es mit ganzer Kraft versucht.)
Was Walter und die, die er für seinen Kurs gewonnen hat, getan haben, ist nicht ganz so schlimm. Aber er hat die Basis für eine gemeinsame Arbeit der Fraktion zerstört. Wenn eine Fraktion bei allen Gesetzesvorhaben damit rechnen muss, dass die, die an der Ausarbeitung des Gesetzes mitgewirkt haben, nachher dagegen stimmen, wird sie regierungsunfähig. Wer ihn deswegen als „schmutzigen Parasiten“ bezeichnet, hat sich ganz erheblich im Ton vergriffen. Aber man wird Walter vorwerfen dürfen, dass er seine Fraktionskollegen und auch die ihm nahe stehenden Kollegen vom rechten Parteiflügel getäuscht hat und dass er so die Zusammenarbeit in der Fraktion von seiner Seite aus unmöglich gemacht hat.

Alles für die Freiheit des Andersdenkenden! Aber keine Unterstützung für die, die die Sache des politischen Gegners betreiben. Das sind die Spielregeln unserer Demokratie.

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