Der Titel der von Erdogan-Anhängern für heute angesetzten Großkundgebung "Ja zur Demokratie - Nein zum Staatsstreich" passt zwar nicht zu der von Erdogan arrangierten Veranstaltung, aber hervorragend zu den Protesten gegen die Demonstration.
Denn dass Erdogan die Demokratie beseitigen will und dafür den Staatsstreich in Raten durchführt, wird angesichts seiner Maßnahmen nach dem Putschversuch überdeutlich.
Was kann die Ausschaltung von (Erdogan) missliebigen Journalisten und Richtern gegen einen Militärputsch bewirken? Zur Aufrichtung einer Diktatur durch den ursprünglich demokratisch gewählten Präsidenten dagegen taugt sie sehr wohl.
Protest gegen eine Erdoganhuldigung ist insofern als Protest gegen die Beseitigung von Demokratie zu werten. Soweit er von Gruppen erfolgt, die ihrerseits Flüchtlingen die Grundrechte auf Asyl und Religionsfreiheit nehmen wollen, ist er freilich genauso heuchlerisch wie der Titel für die angesetzte Großkundgebung, die den Staatsstreich auf Raten im Vorhinein legitimieren soll.
Mein Mitgefühl gilt den Polizisten, die die Ausübung des demokratischen Grundrechts der Demonstrationsfreiheit sichern sollen, obwohl deutlich ist, dass für einen gefährlich hohen Anteil der Demonstranten auf beiden Seiten anderes weit wichtiger ist als die Wahrung dieses Grundrechts.
Sich er ist aber, dass beide Seiten ihrer Sache nicht mehr schaden können, als wenn sie dafür sorgen, dass die Demonstration in Gewalttätigkeit ausartet. Wenn das einer zureichend hohen Zahl der Demonstranten bewusst ist und nur dann, wird die Zahl von 2700 Polizisten bei dieser Demonstration von Zehntausenden ausreichen. Sie scheint mir aber erforderlich, damit nicht ein verschwindend kleiner Anteil der Demonstranten zum Anlass genommen werden kann, solche Demonstrationen in Zukunft zu verbieten.
Freilich, dass man Erdogan. ob anwesend oder nur zugeschaltet, nicht in der Bundesrepublik gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung hetzen lassen durfte, scheint mir ebenso klar.
Bericht über den Ablauf der Demonstration am 31.7.16
"[...] Die Kundgebung gleicht einem Volksfest - bei dem aus Tausenden Mündern zum Abschluss der Name des türkischen Präsidenten schallt."
Sonntag, 31. Juli 2016
Samstag, 30. Juli 2016
Hat Merkel einen Plan gegen den Terror?
Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel hat in einer Pressekonferenz betont, ihrem Kurs in der Flüchtlingspolitik treu zu bleiben. Angesichts der Anschläge in den vergangenen Wochen präsentierte sie einen Neun-Punkte-Plan gegen Terror.
Einige Kommentatoren loben Merkels Auftritt als mutig und beruhigend. Andere kritisieren, dass von einem Plan keine Rede seine kann.
Deutsche Coolness besser als Frankreichs Hektik
Die besonnene Reaktion Berlins auf die jüngsten Gewalttaten ist aus Sicht von Le Temps (Schweiz) angebrachter als die Pariser Panikmache:
„Der Auftritt der Kanzlerin ist sowohl mutig als auch beruhigend. Angesichts dieses ersten Terror-Stresstests - wagt man den Vergleich mit der Bankenwelt - im Zeitalter des globalen Dschihads hält Deutschland gut stand. ... Die Entwicklung der Debatte in Frankreich, das deutlich stärker getroffen wurde, offenbart ernsthafte Risiken, dass das Land in einen Ausnahmezustand abgleitet, in dem Hektik, Emotion und Hass über entschlossenem und vernunftgeleitetem Vorgehen gegen die Verbrecher stehen. Von einem Bürgerkrieg zu sprechen, wie es einige rechte Stimmen tun, ist gefährlich. Denn genau das ist das Ziel der Terroristen.“
Merkels hilfloses Beruhigen
Die Bundeskanzlerin kann im Moment nur abwarten und hoffen, dass in Deutschland bald wieder Ruhe einkehrt, glaubt Der Standard (Östereich):
„Es klingt wie singen gegen die Angst und die Hilflosigkeit. Selbstverständlich ist Merkel persönlich nicht für all das Schreckliche verantwortlich, was in Deutschland passiert - nicht einmal, wenn es die Tat eines Flüchtlings ist. Aber viele Menschen in ihrer Angst und Wut sehen es leider anders. Und auch Merkel weiß, dass sie im Moment nichts Konkretes tun kann. Die eine Stellschraube, an der zu drehen wäre, gibt es nicht und wird es nie geben - auch wenn es Populisten glauben machen wollen. Der deutschen Bundeskanzlerin bleibt fürs Erste nichts anderes übrig, als weiterzumachen, für mehr Polizei zu sorgen und zu hoffen, dass nach den schrecklichen Taten, die nun auch in Deutschland passiert sind, erst einmal wieder Ruhe einkehrt.“
Leider kein Signal des Aufbruchs
Wieder machte dieser Auftritt den Kontrast zwischen der Unruhe im Land und dem Stil der Kanzlerin mit Händen greifbar, meint die Frankfurter Rundschau (Deutschland) zu Merkels Auftritt:
„Ihre manchmal fast roboterhafte Sachlichkeit hat sich von der Realität noch weiter entfernt. Das Land spürt, dass es nicht mehr genügt, ein Sicherheitsgesetz hier und eine Asylverschärfung dort zu 'erarbeiten' (Merkel zählte sie reihenweise auf), damit wir alle so weiterleben können wie bisher. Deutschland ist mit einem gehörigen Schrecken aufgewacht, aber die Kanzlerin singt ihre Schlaflieder weiter. Und darin liegt ihr Scheitern. Dieser Moment der Terrorangst wäre der Anlass gewesen, das mit beruhigenden Worten verbundene Verwalten des 'Weiter so' durch ein Signal des Aufbruchs zu ersetzen. ... Es hätte auch dazu gehört, eine gemeinsame nationale Anstrengung für Konfliktprävention und Integration nicht nur zwischen einer langen Latte repressiver Maßnahmen zu erwähnen, sondern in den Mittelpunkt zu stellen.“
Wider die Logik der Angst
Merkels sendete auch eine klare Botschaft an Europa, analysiert die La Repubblica (Italien): „Mit ihrer Botschaft wendet sich Merkel explizit auch an Europa und seine Führungskräfte. Nach dem Brexit-Referendum ist die Krise der Politik und der Werte vor dem Hintergrund kaum verhohlener Ausländerfeindlichkeit an einem Punkt angelangt, der keinen Raum mehr für Kompromisse lässt. Einige Prinzipien, sagt Merkel, sind in der Demokratie nicht verhandelbar. Während an den Außengrenzen die großen Nachbarn Europas, Russland und die Türkei, eine besorgniserregende antidemokratische Rückentwicklung erleben, kann Europa der Logik der Angst innerhalb seiner Grenzen keine Zugeständnisse mehr machen. Eine Logik, die von den Populisten genährt wird. Und die Regierungen, die diesen Gespenstern folgen, von Polen über Ungarn nach Tschechien, können sich nicht länger im Glauben wähnen, in den anderen europäischen Hauptstädten auf Verständnis zu stoßen.“
Einige Kommentatoren loben Merkels Auftritt als mutig und beruhigend. Andere kritisieren, dass von einem Plan keine Rede seine kann.
Deutsche Coolness besser als Frankreichs Hektik
Die besonnene Reaktion Berlins auf die jüngsten Gewalttaten ist aus Sicht von Le Temps (Schweiz) angebrachter als die Pariser Panikmache:
„Der Auftritt der Kanzlerin ist sowohl mutig als auch beruhigend. Angesichts dieses ersten Terror-Stresstests - wagt man den Vergleich mit der Bankenwelt - im Zeitalter des globalen Dschihads hält Deutschland gut stand. ... Die Entwicklung der Debatte in Frankreich, das deutlich stärker getroffen wurde, offenbart ernsthafte Risiken, dass das Land in einen Ausnahmezustand abgleitet, in dem Hektik, Emotion und Hass über entschlossenem und vernunftgeleitetem Vorgehen gegen die Verbrecher stehen. Von einem Bürgerkrieg zu sprechen, wie es einige rechte Stimmen tun, ist gefährlich. Denn genau das ist das Ziel der Terroristen.“
Merkels hilfloses Beruhigen
Die Bundeskanzlerin kann im Moment nur abwarten und hoffen, dass in Deutschland bald wieder Ruhe einkehrt, glaubt Der Standard (Östereich):
„Es klingt wie singen gegen die Angst und die Hilflosigkeit. Selbstverständlich ist Merkel persönlich nicht für all das Schreckliche verantwortlich, was in Deutschland passiert - nicht einmal, wenn es die Tat eines Flüchtlings ist. Aber viele Menschen in ihrer Angst und Wut sehen es leider anders. Und auch Merkel weiß, dass sie im Moment nichts Konkretes tun kann. Die eine Stellschraube, an der zu drehen wäre, gibt es nicht und wird es nie geben - auch wenn es Populisten glauben machen wollen. Der deutschen Bundeskanzlerin bleibt fürs Erste nichts anderes übrig, als weiterzumachen, für mehr Polizei zu sorgen und zu hoffen, dass nach den schrecklichen Taten, die nun auch in Deutschland passiert sind, erst einmal wieder Ruhe einkehrt.“
Leider kein Signal des Aufbruchs
Wieder machte dieser Auftritt den Kontrast zwischen der Unruhe im Land und dem Stil der Kanzlerin mit Händen greifbar, meint die Frankfurter Rundschau (Deutschland) zu Merkels Auftritt:
„Ihre manchmal fast roboterhafte Sachlichkeit hat sich von der Realität noch weiter entfernt. Das Land spürt, dass es nicht mehr genügt, ein Sicherheitsgesetz hier und eine Asylverschärfung dort zu 'erarbeiten' (Merkel zählte sie reihenweise auf), damit wir alle so weiterleben können wie bisher. Deutschland ist mit einem gehörigen Schrecken aufgewacht, aber die Kanzlerin singt ihre Schlaflieder weiter. Und darin liegt ihr Scheitern. Dieser Moment der Terrorangst wäre der Anlass gewesen, das mit beruhigenden Worten verbundene Verwalten des 'Weiter so' durch ein Signal des Aufbruchs zu ersetzen. ... Es hätte auch dazu gehört, eine gemeinsame nationale Anstrengung für Konfliktprävention und Integration nicht nur zwischen einer langen Latte repressiver Maßnahmen zu erwähnen, sondern in den Mittelpunkt zu stellen.“
Wider die Logik der Angst
Merkels sendete auch eine klare Botschaft an Europa, analysiert die La Repubblica (Italien): „Mit ihrer Botschaft wendet sich Merkel explizit auch an Europa und seine Führungskräfte. Nach dem Brexit-Referendum ist die Krise der Politik und der Werte vor dem Hintergrund kaum verhohlener Ausländerfeindlichkeit an einem Punkt angelangt, der keinen Raum mehr für Kompromisse lässt. Einige Prinzipien, sagt Merkel, sind in der Demokratie nicht verhandelbar. Während an den Außengrenzen die großen Nachbarn Europas, Russland und die Türkei, eine besorgniserregende antidemokratische Rückentwicklung erleben, kann Europa der Logik der Angst innerhalb seiner Grenzen keine Zugeständnisse mehr machen. Eine Logik, die von den Populisten genährt wird. Und die Regierungen, die diesen Gespenstern folgen, von Polen über Ungarn nach Tschechien, können sich nicht länger im Glauben wähnen, in den anderen europäischen Hauptstädten auf Verständnis zu stoßen.“
Mittwoch, 27. Juli 2016
Die seriöse Presse ahmt neuerdings immer öfter den Shitstorm der sozialen Medien nach
An dieser Stelle stand ein mit heißer Nadel gestrickter Artikelentwurf. Die korrigierte Fassung findet sich bei Fontanefan.
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Dienstag, 26. Juli 2016
Kippt die Stimmung in Deutschland? (Europäische Pressestimmen)
Kippt die Stimmung in Deutschland?
In Ansbach hat sich am Sonntag ein Syrer vor einem Musikfestival in die Luft gesprengt und 15 Menschen verletzt. Die Ermittler gehen von einem islamistischen Motiv aus. Der Anschlag erschüttert Deutschland nach dem Angriff in einem Regionalzug und dem Amoklauf in München erneut – und Kommentatoren fragen sich, wie das Land nun mit Flüchtlingen umgehen wird.
Allein unsere Angst bedroht Europa
So nachvollziehbar die Angst ist, die sich in diesen Tagen breit macht - sie stellt die größte Gefahr dar, meint Mladá fronta dnes (Tschechien):
„Die Welle der terroristischen Attacken trifft uns so unvorbereitet wie die Welle der Flüchtlinge vor einem Jahr. Die erste Reaktion ist ein allgemeines Erschrecken. Angst aber war noch nie ein guter Ratgeber. Die Anschläge in Europa gehen in ihrer Mehrheit auf das Konto Einzelner, nicht auf das von Gruppen. Und auch wenn sie große Töne spucken, sind weder der IS noch Al Qaida allein fähig, das Leben in Europa zu verändern. Sie können nur Schrecken verbreiten und auf frustrierte Seelen warten, die ihrer Propaganda erliegen und Anschläge versuchen. Was Europa verändern könnte, ist allein unsere Angst, ausgenutzt von Populisten. Es würde den Erfolg der Islamisten und Terroristen bestätigen, wenn wir uns beeinflussen ließen und künftig Extremisten wählen.“
mehr dazu sieh euro|topics
In Ansbach hat sich am Sonntag ein Syrer vor einem Musikfestival in die Luft gesprengt und 15 Menschen verletzt. Die Ermittler gehen von einem islamistischen Motiv aus. Der Anschlag erschüttert Deutschland nach dem Angriff in einem Regionalzug und dem Amoklauf in München erneut – und Kommentatoren fragen sich, wie das Land nun mit Flüchtlingen umgehen wird.
Allein unsere Angst bedroht Europa
So nachvollziehbar die Angst ist, die sich in diesen Tagen breit macht - sie stellt die größte Gefahr dar, meint Mladá fronta dnes (Tschechien):
„Die Welle der terroristischen Attacken trifft uns so unvorbereitet wie die Welle der Flüchtlinge vor einem Jahr. Die erste Reaktion ist ein allgemeines Erschrecken. Angst aber war noch nie ein guter Ratgeber. Die Anschläge in Europa gehen in ihrer Mehrheit auf das Konto Einzelner, nicht auf das von Gruppen. Und auch wenn sie große Töne spucken, sind weder der IS noch Al Qaida allein fähig, das Leben in Europa zu verändern. Sie können nur Schrecken verbreiten und auf frustrierte Seelen warten, die ihrer Propaganda erliegen und Anschläge versuchen. Was Europa verändern könnte, ist allein unsere Angst, ausgenutzt von Populisten. Es würde den Erfolg der Islamisten und Terroristen bestätigen, wenn wir uns beeinflussen ließen und künftig Extremisten wählen.“
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Donnerstag, 21. Juli 2016
Irische Erfahrungen mit Terrorismus
Artikel von Fintan O’Toole aus der Irish Times
"[...] Terrorismus ist nicht sinnlos – er hat einen sehr ernsten Sinn: Einen apokalyptischen Bürgerkrieg oder globalen Konflikt anzufachen. Daher ist Abscheu nicht genug. Um auf Terroristen eine Antwort zu finden, müssen wir verstehen was sie bewegt, was ihre Ziele sind und wie wir diese Ziele vereiteln können – und das können wir eben nicht indem wir ständig in den Ruf nach „Krieg“ einstimmen.
"[...] Terrorismus ist nicht sinnlos – er hat einen sehr ernsten Sinn: Einen apokalyptischen Bürgerkrieg oder globalen Konflikt anzufachen. Daher ist Abscheu nicht genug. Um auf Terroristen eine Antwort zu finden, müssen wir verstehen was sie bewegt, was ihre Ziele sind und wie wir diese Ziele vereiteln können – und das können wir eben nicht indem wir ständig in den Ruf nach „Krieg“ einstimmen.
Die zweite wertvolle Erkenntnis in Irland ist, dass Terrorismus kein Virus ist, der nur Menschen außerhalb der weißen europäischen und amerikanischen Mainstream Bevölkerung befällt. Ganz speziell wissen wir, dass der gegenwärtige Versuch den Terrorismus als eine islamische Krankheit zu zeichnen Unsinn ist. Wir Iren wissen von verdammt viel Terrorismus, der sich auf biblische und protestantische Rhetorik und Identität beruft. Speziell „begreifen“ wir den Märtyrerkult – sollten Sie vergessen haben, schauen Sie sich die fesselnden neue Doku von Brendan Byrne über Bobby Sands und den Hungerstreik von 1981 an, 66 Days.
Warum kann diese Erfahrung der Welt helfen? Weil sie zeigt wie dumm es ist eine Religion zu verdammen, weil einige Wenige, die sich zu dieser Religion bekennen, Terroristen sind. Donald Trump und Newt Gingrich, z. B., könnten sehr von einem Schnellkurs über die „Unruhen“ profitieren, um sie zu erinnern, dass Isis genauso wenig gleich Islam ist wie UDA gleich Protestantismus und IRA gleich Katholizismus sind. [...]" (deutsche Übersetzung zitiert nach Nachdenkseiten)
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Dienstag, 19. Juli 2016
Hat die Demokratie noch Chancen in der Türkei?
Nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei hat die Regierung rund 6.000 Menschen festnehmen lassen sowie mehr als 2.700 Richter und Staatsanwälte abgesetzt. Dass sich ein großer Teil der Bevölkerung gegen den Coup stellte, war mitnichten ein Sieg der Demokratie, meinen einige Kommentatoren. Andere sind erleichtert, dass eine Militärdiktatur verhindert wurde und setzen Hoffnung in die Opposition. (euro|topics)
Deutschlandfunk: Schlägertrupps verteidigten die Regierung, 17.7.16
Mit ihrem Widerstand gegen die Panzer haben sich die Türken mitnichten zu demokratischen Grundprinzipien bekannt, warnt der Deutschlandfunk:
„Was auf den ersten Blick wie ein mutiger Widerstand von Demokraten aussah, entpuppte sich als eine Masse von Schlägertrupps, die bereit waren, für ihren Führer Erdoğan zu töten und, wenn es sein muss, zu sterben. Sie töteten Soldaten, urinierten vor laufenden Kameras auf ihre Leichname, und ganz in Manier des barbarischen IS enthaupteten sie sogar einen Soldaten. ... Erdoğans Gefolgschaft stürmte auf die Straßen, skandierte lauthals Allah-u Akbar, zeigte den Gruß der Islamisten und Faschisten. In Istanbul zogen sie durch Stadtteile, wo Aleviten leben und durch Viertel, wo junge Menschen in Cafés und Bars Alkohol trinken. Dieser Putschversuch, von wem und warum auch immer er organisiert wurde, hat ein klares Ergebnis hervorgebracht: Er verhalf Erdoğan zur Zementierung seiner Macht und zur Stärkung des Selbstbewusstseins seiner islamistischen Anhänger.“
HÜRRIYET DAILY NEWS (TR) / 18. Juli 2016
Erdoğan kleineres Übel als die Junta
Obwohl kein Fan der Erdoğan-Regierung, zeigt sich Kolumnist Yusuf Kanlı in der liberalen Hürriyet Daily News erleichtert, dass der Putschversuch in der Türkei gescheitert ist:
„Die schlechteste zivile Regierung ist besser als eine Putsch-Verwaltung. ... Die Regierung ist eine gewählte und muss an der Wahlurne ausgetauscht werden. Die Türkei sollte das dieses Mal zustande bringen. ... So seltsam und paradox es auch erscheint, die Erdoğan-Regierung wurde von den türkischen Medien gerettet, die sie in den letzten 14 Jahren so heftig attackierte. Hätten sich Sender wie CNN Türk, NTV und andere nicht den Putsch-Befehlen widersetzt, nicht ihre Sendungen fortgesetzt und Erdoğan und seinem Kabinett eine Plattform geboten, die Massen zu erreichen um sie aufzufordern, auf die Straßen zu gehen, wäre der Putsch höchstwahrscheinlich erfolgreich gewesen und statt der Junta und ihren Männern würden jetzt andere im Gefängnis sitzen.“
MEDIAPART (FR) / 16. Juli 2016
Opposition ist noch aktiv
Der Widerstand gegen Präsident Erdoğan ist auch nach dem vereitelten Putschversuch nicht vollständig verschwunden, zeigt sich der Journalist und Dichter Jean-Noël Cuénod auf seinem Blog bei Mediapart zuversichtlich:
„Erdoğan ist durch den Zuspruch an den Wahlurnen sowie auf der Straße gestärkt. Er wird nicht zögern, bei der Sultanisierung der Türkei aufs Gaspedal zu treten und das abzubauen, was in den Institutionen noch von der Laizität übrig ist. ... Die Türkei der Städte verfügt über eine Mittelschicht, der Glaubensfreiheit weiterhin wichtig ist. Die Medien werden zwar von der Regierung zurechtgewiesen, doch stehen den Türken die sozialen Netzwerke und ihre Verbindungen zum Ausland zur Verfügung, um sich zu informieren und auszutauschen. Die Reaktion eines Teils der Armee gegen das Demokratur-Regime Erdoğans zeigt, dass die Opposition noch nicht vollständig ausgerottet ist. Auch wenn sie durch den gescheiterten Putschversuch stark geschwächt ist.“
CYPRUS MAIL (CY) / 17. Juli 2016
Putschisten waren zu ungeduldig
Die Putschisten in der Türkei sind dem falschen Beispiel gefolgt, schreibt Cyprus Mail:
„Die Anführer der Putschisten machten denselben Fehler wie die ägyptischen Liberalen, als sie 2013 die Armee baten, dort den gewählten Präsidenten zu stürzen. Ägypten hatte einen Präsidenten, den die Bürger fürchteten und hassten. Sie hatten aber auch eine Demokratie, die ein friedliches Mittel vorsah, um ihn zu vertreiben. Erdoğans Popularität wäre mit der Zeit geschrumpft. Die türkische Wirtschaft stagniert, seine Syrien-Politik ist eine Katastrophe, und die offenkundige Korruption der Leute um ihn herum ist immer schwerer zu ignorieren. Früher oder später hätte er eine Wahl verloren. Aber wie die ägyptischen Liberalen hatten die Offiziere, die den türkischen Coup führten, nicht genug Vertrauen in die Demokratie, um abzuwarten.“
EL PAÍS (ES) / 18. Juli 2016
Drift in Richtung Autoritarismus stoppen
Erdoğan sollte nun die Demokratie stärken und das Land einen, appelliert El País:
„Jetzt, wo die größten Spannungen abgeklungen sind und wir einige bedauerliche Szenen von Lynchjustiz an aufständischen Soldaten mitansehen mussten, ist es wichtiger denn je, dass allein die Justiz, in aller Unabhängigkeit, gegen die Aufständischen und ihre Unterstützer ermittelt. Doch die Absetzung am Tag nach dem Putsch von tausenden Richtern und Staatsanwälten und die Verhaftung von zehn Richtern des Obersten Gerichtshofs macht uns Sorge. Das könnte die an sich schon zweifelhafte Gewaltenteilung noch mehr schwächen, die ohnehin schon von Erdoğans permanentem Drift in Richtung Autoritarismus unterwandert wird. Der gescheiterte Putsch sollte die Demokratie und den Rechtsstaat stärken und das Land einen, angesichts der großen Herausforderungen, vor denen es steht. Und es nicht noch mehr polarisieren.“
Deutschlandfunk: Schlägertrupps verteidigten die Regierung, 17.7.16
Mit ihrem Widerstand gegen die Panzer haben sich die Türken mitnichten zu demokratischen Grundprinzipien bekannt, warnt der Deutschlandfunk:
„Was auf den ersten Blick wie ein mutiger Widerstand von Demokraten aussah, entpuppte sich als eine Masse von Schlägertrupps, die bereit waren, für ihren Führer Erdoğan zu töten und, wenn es sein muss, zu sterben. Sie töteten Soldaten, urinierten vor laufenden Kameras auf ihre Leichname, und ganz in Manier des barbarischen IS enthaupteten sie sogar einen Soldaten. ... Erdoğans Gefolgschaft stürmte auf die Straßen, skandierte lauthals Allah-u Akbar, zeigte den Gruß der Islamisten und Faschisten. In Istanbul zogen sie durch Stadtteile, wo Aleviten leben und durch Viertel, wo junge Menschen in Cafés und Bars Alkohol trinken. Dieser Putschversuch, von wem und warum auch immer er organisiert wurde, hat ein klares Ergebnis hervorgebracht: Er verhalf Erdoğan zur Zementierung seiner Macht und zur Stärkung des Selbstbewusstseins seiner islamistischen Anhänger.“
HÜRRIYET DAILY NEWS (TR) / 18. Juli 2016
Erdoğan kleineres Übel als die Junta
Obwohl kein Fan der Erdoğan-Regierung, zeigt sich Kolumnist Yusuf Kanlı in der liberalen Hürriyet Daily News erleichtert, dass der Putschversuch in der Türkei gescheitert ist:
„Die schlechteste zivile Regierung ist besser als eine Putsch-Verwaltung. ... Die Regierung ist eine gewählte und muss an der Wahlurne ausgetauscht werden. Die Türkei sollte das dieses Mal zustande bringen. ... So seltsam und paradox es auch erscheint, die Erdoğan-Regierung wurde von den türkischen Medien gerettet, die sie in den letzten 14 Jahren so heftig attackierte. Hätten sich Sender wie CNN Türk, NTV und andere nicht den Putsch-Befehlen widersetzt, nicht ihre Sendungen fortgesetzt und Erdoğan und seinem Kabinett eine Plattform geboten, die Massen zu erreichen um sie aufzufordern, auf die Straßen zu gehen, wäre der Putsch höchstwahrscheinlich erfolgreich gewesen und statt der Junta und ihren Männern würden jetzt andere im Gefängnis sitzen.“
MEDIAPART (FR) / 16. Juli 2016
Opposition ist noch aktiv
Der Widerstand gegen Präsident Erdoğan ist auch nach dem vereitelten Putschversuch nicht vollständig verschwunden, zeigt sich der Journalist und Dichter Jean-Noël Cuénod auf seinem Blog bei Mediapart zuversichtlich:
„Erdoğan ist durch den Zuspruch an den Wahlurnen sowie auf der Straße gestärkt. Er wird nicht zögern, bei der Sultanisierung der Türkei aufs Gaspedal zu treten und das abzubauen, was in den Institutionen noch von der Laizität übrig ist. ... Die Türkei der Städte verfügt über eine Mittelschicht, der Glaubensfreiheit weiterhin wichtig ist. Die Medien werden zwar von der Regierung zurechtgewiesen, doch stehen den Türken die sozialen Netzwerke und ihre Verbindungen zum Ausland zur Verfügung, um sich zu informieren und auszutauschen. Die Reaktion eines Teils der Armee gegen das Demokratur-Regime Erdoğans zeigt, dass die Opposition noch nicht vollständig ausgerottet ist. Auch wenn sie durch den gescheiterten Putschversuch stark geschwächt ist.“
CYPRUS MAIL (CY) / 17. Juli 2016
Putschisten waren zu ungeduldig
Die Putschisten in der Türkei sind dem falschen Beispiel gefolgt, schreibt Cyprus Mail:
„Die Anführer der Putschisten machten denselben Fehler wie die ägyptischen Liberalen, als sie 2013 die Armee baten, dort den gewählten Präsidenten zu stürzen. Ägypten hatte einen Präsidenten, den die Bürger fürchteten und hassten. Sie hatten aber auch eine Demokratie, die ein friedliches Mittel vorsah, um ihn zu vertreiben. Erdoğans Popularität wäre mit der Zeit geschrumpft. Die türkische Wirtschaft stagniert, seine Syrien-Politik ist eine Katastrophe, und die offenkundige Korruption der Leute um ihn herum ist immer schwerer zu ignorieren. Früher oder später hätte er eine Wahl verloren. Aber wie die ägyptischen Liberalen hatten die Offiziere, die den türkischen Coup führten, nicht genug Vertrauen in die Demokratie, um abzuwarten.“
EL PAÍS (ES) / 18. Juli 2016
Drift in Richtung Autoritarismus stoppen
Erdoğan sollte nun die Demokratie stärken und das Land einen, appelliert El País:
„Jetzt, wo die größten Spannungen abgeklungen sind und wir einige bedauerliche Szenen von Lynchjustiz an aufständischen Soldaten mitansehen mussten, ist es wichtiger denn je, dass allein die Justiz, in aller Unabhängigkeit, gegen die Aufständischen und ihre Unterstützer ermittelt. Doch die Absetzung am Tag nach dem Putsch von tausenden Richtern und Staatsanwälten und die Verhaftung von zehn Richtern des Obersten Gerichtshofs macht uns Sorge. Das könnte die an sich schon zweifelhafte Gewaltenteilung noch mehr schwächen, die ohnehin schon von Erdoğans permanentem Drift in Richtung Autoritarismus unterwandert wird. Der gescheiterte Putsch sollte die Demokratie und den Rechtsstaat stärken und das Land einen, angesichts der großen Herausforderungen, vor denen es steht. Und es nicht noch mehr polarisieren.“
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Donnerstag, 14. Juli 2016
Mays Kabinettsumbildung
May’s regime change: a sulphurous hiss, and the Notting Hill set is gone
von
Polly Toynbee im Guardian, 14.7.16
Spiegel online über die neue Regierung
Spiegel online über die neue Regierung
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May
Mittwoch, 13. Juli 2016
Nach dem Brexit: Lösungen für Europa
Navid Kermani: Europa nach dem Brexit. Auf Kosten unserer Kinder FAZ 29.6.16
Eine Aufsatzserie bei Spiegel online:
"Wie sollte sich die Europäische Union nach dem Brexit-Schock reformieren? Zu dieser Frage beginnt SPIEGEL ONLINE eine neue Serie. Ökonomen, Wissenschaftler und Intellektuelle schreiben dabei in loser Folge Gastbeiträge. Den Autoren stellen wir jeweils drei Fragen:
Eine Aufsatzserie bei Spiegel online:
"Wie sollte sich die Europäische Union nach dem Brexit-Schock reformieren? Zu dieser Frage beginnt SPIEGEL ONLINE eine neue Serie. Ökonomen, Wissenschaftler und Intellektuelle schreiben dabei in loser Folge Gastbeiträge. Den Autoren stellen wir jeweils drei Fragen:
1. Was ist das Problem?
2. Wie könnte eine Lösung aussehen?
3. Wer müsste dafür was tun?
2. Wie könnte eine Lösung aussehen?
3. Wer müsste dafür was tun?
Den Auftakt macht Dennis J. Snower."
Snower: Neue Hoffnung für die Abgehängten 29.6.16
DGB-Chef R. Hoffmann: Die EU muss weltoffener, solidarischer, sozialer werden 7.7.16
N. Minkmar: Wir brauchen eine echte Europäische Republik 13.7.16
Folgeaufsätze
N. Minkmar: Wir brauchen eine echte Europäische Republik 13.7.16
Folgeaufsätze
EU hart zu Defizitsündern Portugal und Spanien
Erstmals in der Geschichte der Währungsunion sollen Mitgliedstaaten wegen ihres Haushaltsdefizits belangt werden. Nachdem die Entscheidung über Sanktionen gegen Spanien und Portugal mehrmals verschoben wurde, haben sich die EU-Finanzminister am Dienstag darauf geeinigt. Wie hoch die Strafe ausfällt, entscheidet nun die Kommission. Ist diese Maßregelung sinnvoll?
Deutsche Stimmen dazu aus den Hinweisen des Tages der Nachdenkseiten
daraus:
„Wie soll ein Haushalts-Defizit abgebaut werden, wenn man dem „Defizitsünder“ Milliarden wegnimmt?“ Merkt eigentlich niemand wie völlig idiotisch das ist? Nur seltsam, dass Deutschland, das den Grenzwert bezüglich des Exportanteils am den Bruttoinlandsproduktes von dauerhaft mehr als sechs Prozent seit Jahren überschreitet und damit wesentlich für das Defizit anderer Länder verantwortlich ist, dafür bisher keinerlei Konsequenzen zu fürchten hatte.
Siemens-Schmiergeldprozess in Athen vertagt
Ein Schmiergeldprozess in Athen gegen den früheren Siemens-Chef von Pierer und weitere Ex-Manager ist erneut auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Die Anklageschrift sei nicht ins Deutsche übersetzt worden, behauptete ein Verteidiger am Dienstag, zehn Jahre nach der Einleitung der Untersuchung. Das griechische Außenministerium weist den Vorwurf zurück. Für Griechenlands Medien ist die Angelegenheit ein Skandal.
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Freitag, 8. Juli 2016
Verpflichtungserklärungen und Asyl
„ENDET DIE VERPFLICHTUNGSERKLÄRUNG MIT DER ASYLANERKENNUNG?“
Dies ist derzeit umstritten: Viele Bundesländer – etwa NRW, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Thüringen – haben ausdrücklich erklärt, dass die Haftung für den Lebensunterhalt endet, sobald die mit Hilfe von Verpflichtungserklärungen „Eingeladenen“ in Deutschland einen Flüchtlingsstatus erhalten haben, d.h. das BAMF einen Asyl- oder Flüchtlingsstatus erlassen hat. Die Haftung aus der Verpflichtungserklärung (§ 68 AufenthG) beschränkt sich hiernach auf den Zeitraum bis zur förmlichen Anerkennung – beinahe 100% der hier angelangten Syrer erhalten diesen Schutzstatus.
In einer ersten einschlägigen Entscheidung hat dies jüngst auch das Sozialgericht Detmold bestätigt: „Im Bereich der anerkannten Asylberechtigten“, heißt es dort, „kann § 68 AufenthG aus systematischen Erwägungen für die Zeit des berechtigten Asyls gar nicht zur Anwendung kommen“ (Az. S 2 SO 102/15 ER).
Demgegenüber sind die Bundesregierung, die Bundesagentur für Arbeit und die meisten Bundesländer einschl. Berlin derzeit noch der Auffassung, dass die Verpflichtungserklärung auch nach der Anerkennung fortwirke. Der Aufenthaltszweck der Syrer bleibe auch nach Anerkennung als Flüchtling humanitär, so dass die Haftung aus der Verpflichtungserklärung erst mit einem anderen Aufenthaltsstatus, etwa einer Niederlassungserlaubnis aufgrund der Integration in den Arbeitsmarkt ende. Die meisten – in der Trägerschaft der Bundesagentur für Arbeit liegenden – Jobcenter folgen dieser Auffassung. Dies wiederum hat zur Folge, dass eine fortwirkende Haftung für den Lebensunterhalt auch in jenen Bundesländern nicht völlig ausgeschlossen werden kann, in denen diese mit der Asylanerkennung eigentlich enden soll. (Flüchtlingspaten Syrien, 30.6.16)
Dies ist derzeit umstritten: Viele Bundesländer – etwa NRW, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Thüringen – haben ausdrücklich erklärt, dass die Haftung für den Lebensunterhalt endet, sobald die mit Hilfe von Verpflichtungserklärungen „Eingeladenen“ in Deutschland einen Flüchtlingsstatus erhalten haben, d.h. das BAMF einen Asyl- oder Flüchtlingsstatus erlassen hat. Die Haftung aus der Verpflichtungserklärung (§ 68 AufenthG) beschränkt sich hiernach auf den Zeitraum bis zur förmlichen Anerkennung – beinahe 100% der hier angelangten Syrer erhalten diesen Schutzstatus.
In einer ersten einschlägigen Entscheidung hat dies jüngst auch das Sozialgericht Detmold bestätigt: „Im Bereich der anerkannten Asylberechtigten“, heißt es dort, „kann § 68 AufenthG aus systematischen Erwägungen für die Zeit des berechtigten Asyls gar nicht zur Anwendung kommen“ (Az. S 2 SO 102/15 ER).
Demgegenüber sind die Bundesregierung, die Bundesagentur für Arbeit und die meisten Bundesländer einschl. Berlin derzeit noch der Auffassung, dass die Verpflichtungserklärung auch nach der Anerkennung fortwirke. Der Aufenthaltszweck der Syrer bleibe auch nach Anerkennung als Flüchtling humanitär, so dass die Haftung aus der Verpflichtungserklärung erst mit einem anderen Aufenthaltsstatus, etwa einer Niederlassungserlaubnis aufgrund der Integration in den Arbeitsmarkt ende. Die meisten – in der Trägerschaft der Bundesagentur für Arbeit liegenden – Jobcenter folgen dieser Auffassung. Dies wiederum hat zur Folge, dass eine fortwirkende Haftung für den Lebensunterhalt auch in jenen Bundesländern nicht völlig ausgeschlossen werden kann, in denen diese mit der Asylanerkennung eigentlich enden soll. (Flüchtlingspaten Syrien, 30.6.16)
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Donnerstag, 7. Juli 2016
euro|topics: Irak-Krieg holt Tony Blair ein
Irak-Krieg holt Tony Blair ein (07.07.2016)
"Der Einmarsch britischer Truppen in den Irak 2003 war voreilig. Zu diesem Schluss kommt die Chilcot-Untersuchungskommission, die die Rolle Großbritanniens im Feldzug gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein aufgearbeitet hat."
Tony Blair sagte nach der Veröffentlichung des Berichts, dass er es nicht bereut, damals den irakischen Machthaber entfernt zu haben. Doch das spiegelt nur einen Teil der Realität, kritisiert Sydsvenskan:
„Richtig ist, dass die Welt ohne den Diktator und Tyrann Saddam Hussein besser dran ist. Aber das enthebt Blair nicht der Kritik. Der Chilcot-Bericht sagt klar, dass der Premier Geheimdienstinformationen 'mit einer Sicherheit präsentierte, die keine Grundlage hatte'. ... Die Ursachen eines großen Teils der Flüchtlingsströme unserer Tage und des globalen Terrors können in den Kriegen in Afghanistan und im Irak gefunden werden. Sicher wussten das weder US-Präsident George W. Bush noch Tony Blair, als sie sich für die Offensive entschieden. Aber Staats- und Regierungschefs können gar nicht vorsichtig genug mit Informationen umgehen, die Grundlage für entscheidende militärische Beschlüsse sein sollen.“
LA REPUBBLICA (IT) / 07. Juli 2016 Eine verantwortungslose Entscheidung
Auch La Repubblica bezweifelt die Aussage Tony Blairs, damals im "besten Interesse des Landes" gehandelt zu haben: „Wie der Chilcot-Bericht hervorhebt, wurden die Folgen des Kriegs nicht adäquat abgewogen. An diesem Punkt ist nicht klar, weder im Fall von Busch noch von Blair, ob böswilliger Glaube oder der Mangel an politischer Weitsicht überwogen. Vermutlich eine Kombination aus beidem. Sicher ist, dass mit einem Minimum an Verantwortungsbewusstsein, sowohl politischem als auch moralischem, sie von der unheilvollen Entscheidung hätten absehen müssen. Wir sollten nicht vergessen, dass in jener Phase in Washington wie auch in London hingegen eine geringschätzige Haltung dem gegenüber vorherrschte, was US-Verteidigungsminister Rumsfeld damals das 'alte Europa' nannte, nämlich Deutschland und Frankreich, die sich wiederwillig zeigten, dem Plan des Angriffs Folge zu leisten.“ Roberto Toscano
DE VOLKSKRANT (NL) / 07. Juli 2016 Inkompetenz der regierenden Eliten
Der Chilcot-Bericht über die Invasion im Irak beweist die Unfähigkeit der regierenden Eliten, urteilt De Volkskrant:
„Bei der Vorbereitung des Kriegs folgte Blair blind den Informationen der Geheimdienste. Es gab Chilcot zufolge kaum Diskussionen im Kabinett. Es war eine Mission von Blair und seiner Clique. ... Der Irak-Krieg beendete die Hoffnung, die Blairs New-Labour-Revolution sechs Jahre zuvor geweckt hatte. Das Debakel sorgte für Misstrauen gegenüber der etablierten Ordnung - ein Gefühl, das sich auch heute im Ergebnis des EU-Referendums widerspiegelt. Deutlich wird auch die Unfähigkeit, einen Plan für den 'befreiten' Irak zu machen. Aber vor allem ist der Chilcot-Bericht ein neuer Beweis für die Inkompetenz der regierenden Elite. Der einzige Plan von Blair bestand offenbar in seinem Versprechen an Bush: 'I will be with you, whatever.' Diese sechs Worte sagen mehr als die 2,6 Millionen anderen [in dem Bericht].“
"Der Einmarsch britischer Truppen in den Irak 2003 war voreilig. Zu diesem Schluss kommt die Chilcot-Untersuchungskommission, die die Rolle Großbritanniens im Feldzug gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein aufgearbeitet hat."
Tony Blair sagte nach der Veröffentlichung des Berichts, dass er es nicht bereut, damals den irakischen Machthaber entfernt zu haben. Doch das spiegelt nur einen Teil der Realität, kritisiert Sydsvenskan:
„Richtig ist, dass die Welt ohne den Diktator und Tyrann Saddam Hussein besser dran ist. Aber das enthebt Blair nicht der Kritik. Der Chilcot-Bericht sagt klar, dass der Premier Geheimdienstinformationen 'mit einer Sicherheit präsentierte, die keine Grundlage hatte'. ... Die Ursachen eines großen Teils der Flüchtlingsströme unserer Tage und des globalen Terrors können in den Kriegen in Afghanistan und im Irak gefunden werden. Sicher wussten das weder US-Präsident George W. Bush noch Tony Blair, als sie sich für die Offensive entschieden. Aber Staats- und Regierungschefs können gar nicht vorsichtig genug mit Informationen umgehen, die Grundlage für entscheidende militärische Beschlüsse sein sollen.“
LA REPUBBLICA (IT) / 07. Juli 2016 Eine verantwortungslose Entscheidung
Auch La Repubblica bezweifelt die Aussage Tony Blairs, damals im "besten Interesse des Landes" gehandelt zu haben: „Wie der Chilcot-Bericht hervorhebt, wurden die Folgen des Kriegs nicht adäquat abgewogen. An diesem Punkt ist nicht klar, weder im Fall von Busch noch von Blair, ob böswilliger Glaube oder der Mangel an politischer Weitsicht überwogen. Vermutlich eine Kombination aus beidem. Sicher ist, dass mit einem Minimum an Verantwortungsbewusstsein, sowohl politischem als auch moralischem, sie von der unheilvollen Entscheidung hätten absehen müssen. Wir sollten nicht vergessen, dass in jener Phase in Washington wie auch in London hingegen eine geringschätzige Haltung dem gegenüber vorherrschte, was US-Verteidigungsminister Rumsfeld damals das 'alte Europa' nannte, nämlich Deutschland und Frankreich, die sich wiederwillig zeigten, dem Plan des Angriffs Folge zu leisten.“ Roberto Toscano
DE VOLKSKRANT (NL) / 07. Juli 2016 Inkompetenz der regierenden Eliten
Der Chilcot-Bericht über die Invasion im Irak beweist die Unfähigkeit der regierenden Eliten, urteilt De Volkskrant:
„Bei der Vorbereitung des Kriegs folgte Blair blind den Informationen der Geheimdienste. Es gab Chilcot zufolge kaum Diskussionen im Kabinett. Es war eine Mission von Blair und seiner Clique. ... Der Irak-Krieg beendete die Hoffnung, die Blairs New-Labour-Revolution sechs Jahre zuvor geweckt hatte. Das Debakel sorgte für Misstrauen gegenüber der etablierten Ordnung - ein Gefühl, das sich auch heute im Ergebnis des EU-Referendums widerspiegelt. Deutlich wird auch die Unfähigkeit, einen Plan für den 'befreiten' Irak zu machen. Aber vor allem ist der Chilcot-Bericht ein neuer Beweis für die Inkompetenz der regierenden Elite. Der einzige Plan von Blair bestand offenbar in seinem Versprechen an Bush: 'I will be with you, whatever.' Diese sechs Worte sagen mehr als die 2,6 Millionen anderen [in dem Bericht].“
Dienstag, 5. Juli 2016
Freitag, 1. Juli 2016
Missachtet die Kommission die Rechte der EU-Mitgliedstaaten?
Der Plan der EU-Kommission ist besorgniserregend. Sie will die Handelsabkommen CETA und TTIP im Eilverfahren durchwinken, ohne dass Bundestag und Bundesrat mit entscheiden. Die nationalen Parlamente sollen offenbar entmachtet werden.
Campact ruft Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, die Pläne der Kommission zu stoppen.
Wer diese Aktion unterstützen will, hat hier die Gelegenheit:
https://www.campact.de/CETA- TTIP-Aktion
mehr dazu
Internationale Stimmen dazu:
Parlamente dürfen über Ceta entscheiden eurotopics 6.7.16
"Die nationalen Parlamente der EU-Staaten sollen jetzt doch das Freihandelsabkommen mit Kanada ratifizieren. Zuvor wollte die Kommission nur das EU-Parlament über Ceta mitentscheiden lassen. Ein kluger Schachzug in diesem Konflikt um die Machtverteilung in Europa, loben einige Kommentatoren. Andere werten den Schritt gerade im Hinblick auf wachsende Europaskepsis als Fehler."
https://www.campact.de/CETA-
Internationale Stimmen dazu:
Parlamente dürfen über Ceta entscheiden eurotopics 6.7.16
"Die nationalen Parlamente der EU-Staaten sollen jetzt doch das Freihandelsabkommen mit Kanada ratifizieren. Zuvor wollte die Kommission nur das EU-Parlament über Ceta mitentscheiden lassen. Ein kluger Schachzug in diesem Konflikt um die Machtverteilung in Europa, loben einige Kommentatoren. Andere werten den Schritt gerade im Hinblick auf wachsende Europaskepsis als Fehler."
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