Sonntag, 31. August 2014

Weshalb muss Putin ein Kriegstreiber sein?

Der EU bleibt nur eine Waffe, die dem Kriegstreiber Putin abschreckt: ihre Wirtschaftskraft. Doch bisher hat sie diese noch nicht ein einziges Mal richtig eingesetzt. Die EU hat – so wirkt es jedenfalls – noch nicht einmal erkannt, dass nur sie ist es, die Putin stoppen kann. Dieser Krieg ist primär ein europäischer, kein amerikanischer. (Das ist Krieg, Europas Krieg, ZEIT 28.8.14)
In der Ukraine tobt ein Machtkampf. Nachdem der gewählte Oligarch Wiktor Janukowytsch nach den Unruhen auf dem Maidan vertrieben und durch den gewählten Oligarchen Poroschenko ersetzt worden ist, ist die Hegemonie Russlands über die Ukraine beseitigt und Russland zur Wahrung seiner Interessen (nicht zuletzt auch der russisch sprechenden Bevölkerung) zur Etablierung manifester Hoheitsrechte (Besetzung der Krim) übergegangen. 
Die Ukraine hat auf diese Strategie nicht mit Verhandlungen über erweiterte Autonomie der Ostukraine und Zugeständnissen russischer Sonderrechte in diesem Gebiet reagiert, sondern mit militärischer Niederschlagung der gewaltsam vorgehenden Separatisten.
Da die russische Armee der ukrainischen weit überlegen ist, wäre dies Vorgehen selbstmörderisch, sobald Russland die Separatisten offen militärisch unterstützte. Den Weg aber will Putin offenbar nicht gehen, weil er auch ohne offizielle Annexion zum Ziele zu kommen hofft und die offene Konfrontation eine militärische Auseinandersetzung mit den USA heraufbeschwören könnte (die die USA allerdings wegen eines drohenden Weltkriegs auch vermeiden wollen). 
In dieser Situation glauben die gegenwärtig einflussreichsten politischen Kräfte in der EU Russland durch einen wirtschaftlichen Boykott zum Nachgeben zwingen zu können.

Für den gibt es freilich weder in der Wirtschaft noch in der Bevölkerung zureichende Unterstützung. Zu sehr sind vitale Interessen gefährdet.
Erst wenn eine allgemeine Stimmung aufkommt, Putin beabsichtige eine große militärische Auseinandersetzung, wird die Bevölkerung und angesichts einer solch nationalistischen Stimmung auch die Wirtschaft zu ernsthaften Sanktionen, die zu einer Wirtschaftskrise führen könnten, bereit sein. 
Also muss Putin ein Kriegstreiber sein. 

Wenn man lange genug davon redet, hat man einen zureichenden Keil zwischen die Bevölkerungen geschoben. Die alte Furcht von "den Russen" und "den Deutschen" wird dann wieder Verständigungsdiplomatie unmöglich machen. Von der 1990 erhofften Friedensdividende ganz zu schweigen.

Freitag, 29. August 2014

Kriegstreiber, Volksverhetzer?

Die Wörter Kriegstreiber und Volksverhetzer wollen nicht recht passen, wenn die Frankfurter Rundschau mit Balkenlettern fragt: "Zieht Putin in den Krieg?"

Aber man hat mit einer solchen Überschrift von vornherein die Kriegsschuldfrage geklärt, wenn es tatsächlich zum Krieg zwischen der Ukraine und Russland kommen sollte. Und Waffenlieferungen an die Ukraine wären nach wochenlanger Berichterstattung in diesem Sinn kaum noch abzuweisen.

Nibelungentreue wäre das noch nicht; aber es wäre gewiss kein Beitrag dazu, die ukrainische Regierung verhandlungsbereiter zu machen.

Mehr zu Waffenlieferungen

Mittwoch, 13. August 2014

Peschmerga und die Frage nach Waffenlieferungen an die Kurden

Dazu SPON, 13.8.14

So wichtig es scheint, dem IS Einhalt zu gebieten, so fragwürdig scheint es, einer zerstrittenen Bevölkerung Waffen zu liefern. Ein ernst zu nehmendes Dilemma.
Zur Diskussion in der Linken sieh: FR vom 12.8.14

Statt Waffen auszuteilen sollten die möglichen Waffenlieferanten besser miteinander sprechen und Lösungen suchen, die für alle Seiten besser sind als Völkermord. Der ist nämlich weder im Interesse von Saudi-Arabien noch des Iran. In dem von Israel und den USA und der europäischen Staaten doch wohl auch nicht.
Wohl aber macht es sich gut, wenn man einem äußeren "Feind" die Schuld zuschieben kann, mag er Putin oder Iran heißen.

Dazu Jakob Augstein auf SPON, 14.8.14: Krieg in Gaza, der Ukraine und im Irak: Waffen! Waffen! Waffen!:
 Wo beginnt die "Verantwortung", von der jetzt immer die Rede ist?UkraineGazaIrak - niemand glaubt, dass Gewalt die Probleme in diesen Gegenden lösen wird. Die militärischen Interventionen des Westens sind nicht nur die Kapitulation der praktischen Politik, sondern auch die der politischen Fantasie. Deutschland will einen Beitrag leisten in der Welt? Dann sollte es zum Schöpfer einer neuen Friedenspolitik werden. Wir sollten aufhören, über den "gerechten Krieg" zu streiten - und lieber nach dem gerechten Frieden streben.
Sieh auch: Waffenlieferungen befürwortet, SPON 15.8.14

Konflikt um Grenzverletzung: Ukraine meldet Angriff auf russischen Militärkonvoi, SPON 15.8.14

Samstag, 2. August 2014

Die Wirtschaft erholt sich, die Börsenkurse stürzen ab

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Börsenkurse nichts mit wirtschaftlicher Entwicklungschancen, sondern nur mit Finanzmärkten zu tun haben, so wäre er jetzt erbracht:
"Die US-Wirtschaft ist auf einem robusten Erholungskurs", schreibt JP Morgan Asset Management. Starkes Wachstum, mehr Jobs, steigender Wohlstand sind eigentlich erfreuliche Entwicklungen - doch für Anleger bedeuten sie ein "ungewisses Ende", sagt Daniel Zindstein, Dachfondsmanager bei Gecam. War es doch vor allem das billige Geld, das die Börsen in den vergangenen Wochen trotz weltweiter Krisen auf immer neue Höhen peitschte. (manager magazin online, 1.8.14)
Der Dax, der die  Syrien-, Ukraine-, Nahostkrisen einfach wecksteckte, hat in den letzten Wochen rund 8 Prozent an Wert verloren, weil die Konjunktur sich erholt und deshalb das Zinsniveau voraussichtlich nicht weiter fallen wird.

Freitag, 1. August 2014

Bernie Ecclestone bietet 100 Millionen Dollar

Nicht um eine Firma zu kaufen, sondern um weiter Formel-1-Chef zu bleiben.
Offenbar ist auch das Gericht bestechungsanfällig, ja es hat selbst den Deal angeboten.

Nun ja, nicht jeder kann sich mit 100 Millionen vom Vorwurf der Bestechlichkeit freikaufen.

Aber selbstverständlich gilt die Gleichheit vor dem Gesetz.

Konflikt zwischen Israel und Hamas: Gazastreifen 2014

Zu den Vorgängen:
In der Nacht auf den 24. Juli kam es in Bethlehem zu Ausschreitungen, als palästinensische Jugendliche mit Steinen und Molotow-Cocktails israelische Soldaten attackieren. Diese antworteten mit Tränengas und dem Einsatz eines Wasserwerfers. In der Nacht griff die israelische Luftwaffe mehr als 30 Ziele in Gaza an. Wie palästinensische Offizielle am Morgen des 24. Juli bekanntgaben, hatte es in den letzten Stunden 18 Tote durch die Aktionen der israelischen Armee gegeben. Damit stieg die Gesamtverlustzahl in Gaza auf 714 Personen.[54] Unklar blieb zunächst, wer die Verantwortung für 15 Opfer trägt, die beim Einschlag eines Geschosses in einer UNRWA-Schule in Beit Hanun starben, nachdem die israelische Armee in der Umgebung Granaten verschossen und die Hamas mehrere Raketen in die Gegend gefeuert hatte.[55] UN-Generalsekretär Ban Ki-moon verurteilte scharf den Angriff auf das Gebäude, der sich um 14.50 Uhr Ortszeit ereignete. Bei der Attacke kamen laut Aussage des UN-Spitzendiplomaten Frauen, Kinder und auch UN-Mitarbeiter ums Leben,[56] bis zu 200 weitere Personen wurden außerdem verletzt.[54] Palästinensischen Rettungskräften zufolge hatten an diesem Tag insgesamt 98 Menschen im Gaza-Streifen ihr Leben durch israelische Luftangriffe verloren.[57] (Seite „Gaza-Konflikt 2014“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 1. August 2014, 07:16 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Gaza-Konflikt_2014&oldid=132682549 (Abgerufen: 1. August 2014, 07:44 UTC))
Kommentar in der FR vom 30.7.14
Verstörend ist aber auch diese lähmende, dröhnende Sprachlosigkeit, die die deutsche Regierung angesichts der Katastrophe befallen hat. In dürren Worten hat der Außenminister jetzt seine Sorge geäußert und die Einhaltung des humanitären Völkerrechts sowie eine sofortige Feuerpause gefordert. Es klang wie eine Kopie aus den zahlreichen gleichlautenden Erklärungen zu den Kämpfen in der Ost-Ukraine. Auf die Frage, ob die Bundeskanzlerin das Vorgehen Israels noch für angemessen hält, wusste ihre Sprecherin am Mittwoch nichts zu sagen. (http://www.fr-online.de/meinung/gaza-krieg-deutschlands-mitschuld,1472602,27990918.html)
Kommentar in der FR vom 31.7.14
Die meisten Deutschen waren in der Nazi-Zeit Mitläufer [...] Könnte es sein, dass diese Mitläufer.Mentalität die eigentliche Konstante in der deutschen Politik ist? (Rolf Verleger: Unrecht auf geraubtem Land, FR, S.10)
Rolf Verleger war Mitglied im Direktorium des Zentralrats der Juden in Deutschland. Offenbar setzt er sich gern ein und geht dabei das Risiko ein, sich unbeliebt zu machen.
Sich in Sachen der Politik des Staates Israel  zu positionieren, bringt Unannehmlichkeiten ein, aber keine Wählerstimmen. In Sachen Edward Snowden ist es genauso. Nicht Mitläufertum, Interessenpolitik ohne besondere Rücksicht auf Menschenrechte. Leider ist das "die eigentliche Konstante" nicht nur " in der deutschen Politik".
Immerhin noch besser, als Öl ins Feuer zu gießen. Aber nicht genug.