Dienstag, 28. März 2023

euro|topics: Verbrenner-Aus: Zwingt Berlin Europa in die Knie?

 


Den EU-Gipfel am Donnerstag dominierte ein Thema, das offiziell gar nicht auf der Tagesordnung stand: der Widerstand Deutschlands gegen die zuvor EU-weit erzielte Einigung, ab 2035 keine Neuwagen mit Verbrennungsmotor zuzulassen. Nach Angaben Berlins sollen mit E-Fuels aus Wasser und CO2 betriebene Autos nun davon ausgenommen werden. Kommentatoren blicken mehrheitlich kritisch auf Deutschlands Verhalten.

LES ECHOS (FR)

Den Gesetzgebungsprozess hintertrieben

Zwischen Empörung und Neid blickt das Wirtschaftsblatt Les Echos nach Deutschland:

„Berlins Forderung wurde bereits zweimal vom EU-Parlament und einmal von den Mitgliedsstaaten abgelehnt. Indem Deutschland den Gesetzgebungsprozess so hintertreibt, läuft es Gefahr, andere Länder in der Verteidigung ihrer Einzelinteressen zu enthemmen und die europäische Maschinerie noch stärker zu blockieren. Das kann man ihm übel nehmen. Man kann aber auch denken, dass das Kräftemessen gegen Deutschland ausgeglichener wäre, hätte Frankreich durch eine bessere Haushaltspolitik seine Finanzmacht bewahrt. Berlins Chancen, seine Industrie zu retten, stehen gut. Unsere nicht.“

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LIDOVÉ NOVINY (CZ)

Völlig neue Allianzen

Lidové noviny freut sich, dass sich ost- und westeuropäische EU-Länder zu einer Blockademacht gegen das Verbrenner-Aus zusammengefunden haben:

„Es hat sich das Klischee etabliert, dass die EU in Grundsatzfragen in West und Ost oder in progressive Europäer und schmutzige Postkommunisten gespalten ist. Jetzt können sich Länder wie Tschechien offenkundig zum ersten Mal in der EU bei der Bildung einer Sperrminorität auch auf Deutschland verlassen. Auch die Deutschen machen sich keine Illusionen, dass ihre Autos ewig wie zu Zeiten von Carl Benz mit Benzin fahren werden. Aber sie wollen die Technologie nicht wegwerfen, nur um dann Elektroautos aus China importieren zu müssen. Egal, wie das alles ausgeht - wir stehen an einem Wendepunkt.“

Zbyněk Petráček
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LA VANGUARDIA (ES)

Deutschlands Rückzieher sollte eine Warnung sein

La Vanguardia fordert maximalen Konsens bei der Klimapolitik:

„Berlins Positionswechsel ist unseriös und hat in mehreren Ländern Unbehagen ausgelöst. So ein Rückzug aus einem gemeinsamen Abkommen in letzter Minute könnte ein gefährlicher Präzedenzfall für künftige EU-Verhandlungen sein. ... Die Geschehnisse sollten den Gesetzgebern als Warnung dienen, die Auswirkungen von Maßnahmen auf Unternehmen und Beschäftigung sorgfältiger abzuwägen. Wir müssen Gleichgewicht anstreben. ... Das ist eine Erfolgsgarantie.“

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SALZBURGER NACHRICHTEN (AT)

Es ist Eile geboten

Frankreich und Deutschland stehen der Klimawende im Weg, kritisieren die Salzburger Nachrichten:

„Präsident Emmanuel Macron versucht geradezu besessen, die eigene Entscheidung für die Atomkraft der gesamten Europäischen Union aufzuzwingen. ... Und Olaf Scholz ... lässt seinen Koalitionspartner FDP gewähren, der nach fünf in Folge verlorenen Regionalwahlen in einer Art Torschlusspanik plötzlich ein Herzstück der europäischen Klimawende infrage stellt: den Abschied von klimaschädlichen Pkw-Motoren ab 2035. ... Es ist kaum mehr Zeit, die Weichen in eine karbonfreie und nachhaltige Zukunft zu stellen. Weder Atomkraftwerke noch Verbrennungsmotoren sind Teil von ihr.“

Martin Stricker
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