Mittwoch, 20. Mai 2020

euro|topiccs: Droht dem Merkel-Macron-Plan ein schnelles Aus?

Für den Wiederaufbau nach der Corona-Krise soll die EU nach dem Willen von Merkel und Macron 500 Milliarden Euro zur Verfügung stellen und dafür gemeinsame Schulden aufnehmen. Staaten im Süden begrüßen die Initiative, doch insbesondere aus Österreich, Dänemark, den Niederlanden und Schweden kommt Kritik. Bei vielen Kommentatoren weckt der Plan Hoffnungen, andere sehen ihn skeptisch.
LE COURRIER (CH)

So fährt Europa gegen die Wand

Das vorgeschlagene Wiederaufbauprogramm geht in die völlig falsche Richtung, warnt Le Courrier:
„Die nicht vorgesehene Rückzahlung der Fondszahlungen durch Empfänger des Fonds ist an 'ein klares Bekenntnis der Mitgliedstaaten zu solider Wirtschaftspolitik und einer ambitionierten Reformagenda' geknüpft. ... Die Wortwahl erinnert an den Neusprech und die neoliberalen Rezepte, die Griechenland unlängst aufgezwungen wurden. Schlimmer noch: Da das bisher einzige Zuweisungskriterium des künftigen europäischen Wiederaufbaufonds das ist, 'die am stärksten betroffenen Sektoren' zu stützen, kann man wetten, dass die von den europäischen Steuerzahlern an den Finanzmärkten geliehenen Milliarden dazu dienen werden, die Automobilindustrie, die zivile Luftfahrt und den Massentourismus wiederzubeleben. Das bringt uns wieder in Fahrt, gewiss, lässt uns aber voll auf die Wand zusteuern.“
Benito Perez
Teilen auf
Zum Originalartikel
 
DE VOLKSKRANT (NL)

Jetzt beginnt das große Feilschen

Die Niederlande werden den Vorstoß von Merkel und Macron so nicht hinnehmen, erklärt De Volkskrant:
„[Premier] Rutte hat potentiell zwei Brecheisen, um den deutsch-französischen Plan aufzubrechen. Das letzte Rettungsmittel ist, dass Erste und Zweite Kammer [des Parlaments] die Erweiterung der Kreditkapazität der Kommission ablehnen. Das ist die nukleare Option, effektiv, aber nicht ohne Folgen: Die Niederlande würden an den europäischen Pranger gestellt und müssten für eine Weile ohne Verbündete auskommen. ... Besser ist es - wie im Krieg - nur mit der Atomwaffe zu drohen, um Änderungen zu erzwingen. ... Der EU-Gipfel im Juni verspricht ein einziges großes Feilschen zu werden.“
Marc Peeperkorn
Teilen auf
Zum Originalartikel
 
POLITIKEN (DK)

Dänemark darf nicht bremsen

Die dänische Regierung sollte ihre Haltung überdenken, fordert Politiken:
„Dänemark hat auf nationaler Ebene klug mit Hilfspaketen agiert. Das sollten wir auch in der EU tun. Für den Zusammenhalt und um unser selbst willen. Als Exportnation haben wir ein enormes Interesse daran, dass die EU schnell wieder auf die Beine kommt. 'Wenn sich die Fakten ändern, ändere ich meine Einstellung.' Das soll John Maynard Keynes, der ideologische Vater der expansiven Finanzpolitik, einmal gesagt haben, um eine geänderte Meinung zu erklären. Die gleiche Offenheit sollte die dänische Regierung gegenüber den Plänen von Frankreich und Deutschland haben.“
Zum Originalartikel
Teilen auf
 
PÚBLICO (PT)

Silberstreif am Horizont

Público sieht die Pläne als Hoffnungsschimmer für Portugal:
„Noch ist nichts gewonnen, noch ist nichts sicher und es lohnt sich, hartnäckig zu bleiben. Es gilt noch, gegen die qualvollen Nationalismen des Ostens und die zynischen Egoismen des Nordens zu gewinnen. Aber für ein Land wie Portugal, das auf eine wirtschaftliche Verwüstung blickt, die in vollem Gange ist, und an seiner Kraft zweifelt, diese zu überwinden, sind die Nachrichten aus Europa heute ein echtes, wenn auch schwaches Zeichen der Hoffnung.“
Manuel Carvalho
Teilen auf
Zum Originalartikel
 
CORRIERE DELLA SERA (IT)

Guter Riese der Solidarität

Die EU-kritischen Parteien Lega und Fratelli d'Italia dürften es mit ihren Anfang Juni geplanten Protesten schwer haben, sollten die deutsch-französischen Wiederaufbaupläne bewilligt werden, freut sich Kolumnist Antonio Polito in Corriere della Sera:
„Wenn die deutsch-französische Initiative umgesetzt wird, wird nichts mehr so sein wie bisher. Wenn Europa kooperiert, indem es zum ersten Mal Ressourcen von einem Staat auf einen anderen überträgt und damit ein Tabu bricht, wäre für die öffentliche Meinung jede souveränistische Erhebung gegen dieses Europa schwer nachvollziehbar. Wenn sich aus den Nebeln der Pandemie die Gestalt eines neuen guten Riesen der Solidarität mit Italien abzeichnen würde, und der Riese nicht China oder Putin wäre, wie ein naiver Neuling der Außenpolitik [Außenminister Lugi Di Maio von den Cinque Stelle] hoffte, sondern Europa - wer würde dann mit Steinen nach ihm werfen wollen?“
Antonio Polito
Teilen auf
Zum Originalartikel

Keine Kommentare: