Die EU hat sich dieses Jahr gemeinsam gegen die Gesundheits- und Wirtschaftskrise gestemmt, einen Mechanismus zur Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit eingeführt und - kurz vor Toresschluss - noch das Brexit-Abkommen mit Großbritannien ausgehandelt. Ist 2020 der Auftakt zu mehr Einigkeit?
Gemeinsam gegen den Untergang
Die Pandemie hat die EU-Staaten gezwungen, Entscheidungen zusammen zu treffen, freut sich Kathimerini:
„Der Wiederaufbaufonds und die enormen Summen, die im Namen aller Mitgliedsländer von den Märkten aufgebracht werden, sind ein sehr wichtiger Schritt zur Stärkung und zum Überleben der Union und jedes ihrer Mitgliedsländer. Die neue Führung der wichtigen europäischen Institutionen (Kommission, Rat und Zentralbank) erweist sich als fähig, einen neuen Kurs einzuschlagen. Dies hängt selbstverständlich von der Führung der größeren Länder ab, insbesondere Deutschlands. Merkel hat mit dem Wiederaufbaufonds gezeigt, dass sie an die Notwendigkeit einer starken Union glaubt. Es bleibt nun, die gleiche Entschlossenheit im Umgang mit der Türkei zu zeigen.“
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Große Fortschritte dank Merkel
Einen immensen Durchbruch attestiert Le Soir der EU:
„Der Aufschwung wird durch Gemeinschaftsschulden finanziert, ein Solidaritätsbeweis, den man im März noch für unvorstellbar hielt. Die EU-Kommission hat die Impfstofflieferungen im Namen der Staaten ausgehandelt und diese sind sich der Mängel ihres Gemeinschaftsprojekts im Gesundheitsbereich sowie der Notwendigkeit, diese zu beheben, umfassend bewusst geworden. ... Wären all diese Fortschritte mit Großbritannien an Bord möglich gewesen? Wahrscheinlich nicht, aber darum geht es nicht mehr. Sie wären auf jeden Fall nicht möglich gewesen ohne Deutschland und seine Kanzlerin Angela Merkel, die die Intelligenz hatte, eines der alten Tabus (Gemeinschaftsschulden) zu brechen, um das Errungene zu schützen.“
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Gute Nachrichten für die Demokratie
Für Krytyka Polityczna ist der erzielte Kompromiss der EU mit Ungarn und Polen zum Rechtsstaatlichkeitsmechanimus ein Grund zur Freude:
„Letztendlich wird die Wirksamkeit des neuen Mechanismus durch die Entschlossenheit der Europäischen Kommission und der Mitgliedstaaten bestimmt, aber auch durch den Druck der Opposition und der Zivilgesellschaft, die die EU-Institutionen in der Vergangenheit wiederholt zum Handeln motiviert hat. ... Die Rechtsstaatlichkeit wird nicht durch einen magischen Ausspruch verteidigt, geschweige denn durch unaufhörliche Beschwerden darüber, dass man sich nicht an Werte hält, sondern durch einen harten Kampf an vielen Fronten. Der neue Mechanismus hat sicherlich keine Magie in sich, aber er gibt Verteidigern der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit eine zusätzliche Waffe im Kampf gegen Autokraten.“
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Geld darf kein Erziehungsmittel sein
Besorgt betrachtet hingegen Pravda die erneut aufgeflammten Spannungen zwischen der EU und den Visegrád-Staaten, insbesondere Polen und Ungarn:
„EU-Gelder sind keine Belohnung für gutes Benehmen, sondern dienen dazu, innereuropäische Ungleichheiten zu glätten. ... Wenn wir etwas aus Brüssel bekommen, dann deshalb, weil wir anderen erlaubt haben, immer größere Gewinne bei uns zu erzielen. Der Abfluss von Dividenden von uns an Investoren aus anderen EU-Staaten übersteigt erheblich alle europäischen Mittel, die zu uns fließen. ... Die ideologische Anreicherung ursprünglich politisch-wirtschaftlicher Vereinbarungen ist riskant. ... Bestrafte Mitglieder können sich nur wehren, indem sie den europäischen Partnern die Einnahmen entziehen, die diese aus unserer Bereitschaft zur Zusammenarbeit erhalten. ... Aber das ist der Weg zum Sturz all dessen, was Europa in den letzten 70 Jahren gelungen ist.“
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