Freitag, 15. November 2019

euro|topics: Türkei schiebt IS-Anhänger in Heimatländer ab - Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über Produktkennzeichnung

Die Türkei hat damit begonnen, mutmaßliche IS-Anhänger aus Europa abzuschieben. Neben sieben deutschen sollen elf französische und zwei irische Staatsbürger zurückgeführt werden. Ankara will die EU lediglich erpressen, empören sich einige Kommentatoren. Andere meinen, Europa sollte sich seiner Verantwortung stellen.
DE STANDAARD (BE)

Mit Dschihadisten lässt sich gut drohen

Ankara nutzt die IS-Kämpfer als Druckmittel gegen die EU, analysiert De Standaard:
„Die Türkei weiß, dass die Öffentlichkeit in Europa schaudert bei dem Gedanken, IS-Kämpfer wieder aufzunehmen. Indem sie mit diesem Schreckensbild droht, hofft sie, ihre Ziele zu erreichen. So will Ankara internationales Geld für Bauprojekte für Flüchtlinge in Nordsyrien. ... Die türkische Regierung hofft auch auf eine internationale Isolierung der kurdischen YPG-Miliz und der PKK. ... Außerdem stimmte die EU gerade jetzt einem gesetzlichen Rahmen zu für weitergehende Sanktionen wegen der türkischen Gasbohrungen bei Zypern. Darüber ist die Türkei wütend. ... Nach der militärischen Offensive ist die Botschaft an die EU deutlich: Nehmt Rücksicht auf uns, denn in Syrien habt ihr militärisch nichts zu sagen.“
Giselle Nath
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DER TAGESSPIEGEL (DE)

Europa darf den Kopf nicht in den Sand stecken

Auf die Türkei zu schimpfen, ist unangebracht, meint Der Tagesspiegel:
„Zwar geht die Führung in Ankara recht rabiat vor, indem sie die Europäer vor vollendete Tatsachen stellt - man hätte das Thema auch in Zusammenarbeit mit der EU behandeln können. Aber das sind letzten Endes nur Stilfragen ... . In der Sache hat die Türkei Recht: Es geht um europäische IS-Extremisten, nicht um türkische. Die Europäer können sich nicht einfach aus der Verantwortung stehlen, indem sie den Kopf in den Sand stecken und darauf hoffen, dass jemand anders das Problem löst, oder indem sie europäische IS-Mitglieder kurzerhand ausbürgern. Deshalb ist es an der Zeit, dass sich Deutschland und Europa einen Plan zurechtlegen.“
Susanne Güsten
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THEJOURNAL.IE (IE)

Rückkehrer bringen wertvolle Informationen mit

Die gebürtige Irin Lisa Smith, die vor drei Jahren nach Syrien gereist war, um sich der IS-Terrormiliz anzuschließen, soll in den kommenden Tagen von der Türkei nach Irland abgeschoben werden. Smiths Rückkehr ist eine Chance, meint TheJournal.ie:
„Aus Sicht der Geheimdienste ist Smith möglicherweise von großem Wert für die Behörden hier in Irland und in Großbritannien. Wie beim IS üblich, lebte Smith während ihrer Zeit im 'Kalifat' unter englischsprachigen Dschihadisten, die aus Irland und Großbritannien stammten. Sie könnte daher die Identität von Dutzenden Dschihadisten aus Irland und Großbritannien kennen, die wegen der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien aus Gefängnissen fliehen konnten. Viele konnten sich so wie Smith auf türkisches Staatsgebiet durchschlagen - doch anders als Smith werden sie in ihre Heimat zurückkehren, ohne dass es von Geheimdiensten bemerkt wird.“
Tom Clonan
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Türkei schiebt IS-Anhänger in Heimatländer ab
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EuGH: Kennzeichnung für Produkte aus israelischen Siedlungen
Produkte, die aus dem von Israel besetzten Westjordanland und den Golanhöhen stammen, müssen in der EU künftig als solche gekennzeichnet werden. Das entschied der Europäische Gerichtshof. Kommentatoren fürchten, dass das Urteil antisemitisch motivierte Boykott-Forderungen unterstützt.
BILD (DE)

EU-Irrsinn den Kampf ansagen

Bild ist empört über das Urteil:
„Bei weltweit über 200 weiteren umstrittenen Gebieten ist die EU weniger engagiert. Geht es am Ende (wieder einmal) nur darum, Israel an den Pranger zu stellen? ... Und das nur wenige Tage nach dem 9. November, der in Deutschland nicht nur Jahrestag des Mauerfalls war, sondern auch der Pogromnacht 1938, in der jüdische Geschäfte zerstört wurden und die Menschenjagd losbrach. Eine Zwangskennzeichnung für israelische Produkte in Berlin, Nürnberg und München? Eine entsetzliche Vorstellung. Wenn deutsche Politiker ihre Reden gegen Antisemitismus auch nur halbwegs ernst meinen, müssen sie diesem EU-Irrsinn den Kampf ansagen.“
Timo Lokoschat
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LIDOVÉ NOVINY (CZ)

Gericht spielt Antisemiten in die Hände

Das an sich nachvollziehbare Urteil kann in diesem konkreten Fall unerwünschte Nebenwirkungen haben, merkt Lidové noviny an:
„Wenn Produkte aus dem Westjordanland oder aus dem Gaza-Streifen kommen und damit nicht aus dem international anerkannten Gebiet Israels, können sie nicht als israelisch gekennzeichnet werden. Klare Sache. Das Problem liegt darin, dass es Organisationen gibt, die den Verkauf von Waren aus den Siedlungsgebieten und aus ganz Israel zu blockieren versuchen, um eine Änderung der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern zu erreichen. Diese Organisationen bedienen sich nicht selten antisemitischer Äußerungen und können jetzt besser Druck auf Importeure in den europäischen Ländern ausüben, die solchen Druck tolerieren. Man sollte den Hass gegen Juden nicht unterschätzen.“
Marek Hudema
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