Freitag, 10. August 2012

Weshalb ich im Todesfall Organspender sein wollte

Nachtrag vom 24.6.13 als Vorwort:
Ich habe meine hier begründete Bereitschaft zu freiwilliger Organspende nach ca. 30 Jahren, in denen ich einen Organspenderausweis bei mir getragen habe, jetzt beendet.
Dass Organtransplantationen unsozial sind, weil die Organspender nicht selten aus finanziellen Notlagen heraus spenden und die Empfänger hohe Summen für die Organe bezahlen, war mir bekannt. Mit meiner Spende wollte ich einen - zugegebenen minimalen - Beitrag dagegen leisten. Ein menschenunwürdiges Sterben zu provozieren bin ich dafür aber nicht bereit. (formuliert am 29.10.12)

In den Regionen und Lagern, wo die Menschen am verzweifeltsten sind, suchen Organaufkäufer ihre Lieferanten. Das sind zum Beispiel die Lager, wo noch heute Überlebende des Tsunamis der Jahreswende 2004/05 ohne jede Hoffnng, das Lager zu verlassen, leben. Organaufkäufer verschaffen ihnen die Mittel, sich eine kleine Existenz außerhab des Lagers aufzubauen (oder auch nur die Illusion, sie könnten das mit dem Geld erreichen), und lassen ihnen die Organe entnehmen, die am meisten gefragt sind.
Ein großer Teil geht an reiche US-Bürger mit - durch Übergewicht verursachter - Diabetes, deren Nieren auszufallen drohen oder die schon laufende Dialyse brauchen.
Aber es gibt auch andere Organlieferanten: Ein US-Bürger hat bei Einwanderern, die aus Osteuropa nach Israel gekommen sind, genügend Verzweifelte gefunden, die bereitwillig eine ihrer Nieren verkauften.
Er steht jetzt in den USA vor Gericht. Dabei hatte er sich noch mit einer vergleichsweise geringen Handelsspanne begnügt. 20 000 US-Dollar zahlte er für die Niere bei einem Verkaufspreis von ca. 120 000 US-Dollar. (Im Spiegel wurde berichtet, dass in Osteuropa eine Niere für 5000 € gekauft und für    80 000 weiterverkauft wurde. - Diese Angaben mache ich aus dem Gedächtnis. Wer präzise Belege will, liest besser in der Wikipedia unter Organhandel nach oder googelt danach.)
Wenn man, wie für den Kosovo überliefert, Menschen tötet und dann ihre Organe verkauft, ist die Gewinnspanne freilich am größten.

Wer keine Niere hergeben will und das richtige Geschlecht hat, kann sich freilich auch als Leihmutter verdingen. Am Rande von New Delhi finden sich genügend Matratzenlager, wo junge Frauen sich verstecken, um neun Monate fern von der Heimat gut versteckt ein eingepflanztes Baby auszutragen. Bezahlung freilich erst nach Lieferung. "Auf mein eigenes Kind habe ich nicht so viel Rücksicht genommen während der Schwangerschaft. Da habe ich weiter schwer gearbeitet. Aber jetzt hängt ja so viel davon ab", meint eine der Frauen. (Francis Elliott in der Times vom 10.4.2012, dem Sinne nach zitiert aus World and Press vom 2.8.12)
Wenn eine Frau eine Beziehung zu dem von ihr ausgetragenen Säugling entwickeln sollte, ist sie selber schuld. Denn schon vor der Geburt hat sie alle Rechte an dem Kind abzutreten.
Weshalb gibt sich eine Frau dafür her? Damit ihre eigenen Kinder nicht verhungern.

Tun deshalb Organhändler und Leihmuttervermittler ein gutes Werk?

Angesichts des Missverhältnisses von Angebot und Nachfrage und der Zahlungsfähikeit der Käufer aus den Industrieländern wird es wohl so weitergehen. Das heißt nicht, dass man nichts dagegen tun sollte.
Mein Beitrag wären im Todesfall meine Organe. Schlechte Ware im Vergleich zu der Niere eines zwanzigjährigen Flutopfers.
Wenigstens sollte ich gesünder leben, als ich es gegenwärtig tue. Da sollte mir die indische Leihmutter Vorbild sein.

Gegen Organspende spricht sich ein Gastbeitrag auf meinem Blog Fontanefan aus.
Auch ich bin gegen Organspende. Jedenfalls will ich kein Organ gespendet bekommen.
Habe ich recht in Erinnerung, dass alle 18 Minuten ein Antrag auf Organspende gestellt wird? Da wird mein Verzicht nicht viel bedeuten.

Als Steinmeiers Frau hätte ich seine Nierenspende wohl nicht abgelehnt. Aber das wäre ein ganz anderes Kapitel.

Link zu einem Leserartikel zum  Transplantationsgesetz 
Zu Kazuo Ishiguros Roman gegen die Instrumentalisierung von Menschen durch Organspende hier

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