Montag, 10. Oktober 2022

euro|topics: Verschärfung der Fronten im Ukrainekrieg

 

Kyjiw unter Beschuss

Nach dem Angriff auf die Krim-Brücke am Samstag hat Russland mit Raketenbeschuss auf Kyjiw und andere ukrainische Städte reagiert. Nach Behördenangaben wurden das Zentrum der Hauptstadt sowie unter anderem Lwiw, Dnipro, Chmelnyzkyj und Schytomyr getroffen. Fast landesweit gab es Luftalarm. Kommentatoren analysieren die Lage.

JUTARNJI LIST (HR)

Vergeltung gegen zivile Infrastruktur

Russland wird jetzt noch mehr Schläge auf zivile Ziele ausführen, befürchtet Jutarnji list:

„Diese Angriffe läuten eine neue Phase des Krieges ein, in der Russland Zivilisten fernab der Frontlinie angreift, Panik und Angst sät, während der Winter naht und die Bürger mit Überschwemmungen und kalten Nächten kämpfen müssen. Im letzten Monat traf die russische Artillerie die Kraftwerke in Charkiw, Smijiw, Pawlohrad und Krementschuk, weshalb hunderttausende in den östlichen und mittleren Teilen der Ukraine ohne Strom waren. Russische Truppen zerstörten auch den Damm in Krywyj Rih, der Heimatstadt von Präsident Selenskyj, und schnitten mehrmals die nordöstliche Region Charkiw von Strom und Wasser ab.“

Iva Badanjak
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THE SUNDAY TIMES (GB)

Schwerer Schlag für Putin

Die stark beschädigte Brücke ist ein Symbol, meint der Experte für russische Sicherheitspolitik, Mark Galeotti, in The Sunday Times:

„Die Brücke symbolisierte die Wiedervereinigung der Krim mit Russland. Sie wurde zwar nicht zerstört, aber Putin hatte sich stark mit dem Bauwerk identifiziert und bei dessen Eröffnung persönlich die erste Überfahrt mit einem Lastwagen gemacht. Das ist also nicht nur ein Schlag gegen den russischen Nationalstolz, sondern ganz konkret auch einer gegen Putin. ... Noch mehr als der Untergang des russischen Schwarzmeer-Flaggschiffs 'Moskwa' im April ist sie ein sehr sichtbares Zeichen für die Rückschläge des Kremls.“

Mark Galeotti
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NV (UA)

Aus der "ewigen Verbindung" wird wohl nichts

Refat Tschubarow, Sprecher des Medschlis der Krimtataren [Selbstverwaltungsorgan], gibt auf NV seine Einschätzung zu den Folgen ab:

„Diejenigen, die sich illegal auf der Krim niedergelassen haben, geraten in Panik, denn es handelt sich nicht um irgendwelche Explosionen, sondern um eine Brücke, die, wie Putin und andere sagten, ein Symbol für die 'ewige Verbindung' der ukrainischen Krim mit Russland ist. Daraus ist wohl nichts geworden. ... Bis gestern hatte man auf der gesamten Krim eine zweite Mobilisierungswelle erwartet. Jetzt werden wir sehen, was nach dieser Explosion passieren wird. Denn die Logistik in alle Richtungen ist jetzt sehr kompliziert. Und das gilt insbesondere für die militärische Logistik aus dem Gebiet des Besatzungslandes in das Gebiet der besetzten Krim.“

Refat Tschubarow
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ILTA-SANOMAT (FI)

Nicht kriegsentscheidend

Ilta-Sanomat analysiert die Bedeutung der Krim-Brücke:

„Neben den emotionalen Auswirkungen ist der Anschlag auf die Brücke mit ziemlicher Sicherheit auch von großer militärischer Bedeutung, da sie für Russland eine strategisch wichtige Versorgungsverbindung von Russland zur Krim und zu den Kriegsgebieten in der Südukraine darstellt - oder zumindest dargestellt hat. … Aber die Zerstörung selbst einer wichtigen Brücke wird nicht dazu führen, dass die Ukraine wieder die Kontrolle über die Krim gewinnt, und auch die Kämpfe in der Region Cherson werden dadurch nicht entschieden, geschweige denn der Ausgang des Krieges.“

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NÉPSZAVA (HU)

Immer näher zum Atomkrieg?

Der zunehmende Druck auf Putin macht die Gefahr des Einsatzes einer nuklearen Waffe immer realer, befürchtet Népszava:

„Putin gehen langsam die militärischen Möglichkeiten aus: Er hat weder genug Waffen noch genug Soldaten. Nun ist offensichtlich, dass die russische Armee die Ukraine mit traditionellen Mitteln nicht besiegen wird - sogar die Beibehaltung der bisher eroberten Gebiete steht infrage. Der Misserfolg hat eine hyper-nationalistische Opposition ins Leben gerufen, die eine Atombombe fordert - noch zwei Wochen und Putin wird im Vergleich zu jenen eine Friedenstaube sein.“

Gábor Horváth
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PÚBLICO (PT)

Verhandlungsbrücken nicht kappen

Público warnt davor, alle Chancen auf Friedensverhandlungen zunichte zu machen:

„Die Krim könnte ein mögliches Zugeständnis sein bei der schwierigen Aufgabe, einen Weg zum Frieden zu finden, der keine totale und vernichtende Demütigung für Putin darstellt. Im Übrigen ist die Diskussion über die Notwendigkeit, einen Ausweg zu finden, in den letzten Tagen wieder aufgekommen, angeheizt durch das Wiederaufleben von Putins nuklearer Drohung. ...Wir dürfen dieses zunehmend isolierte Russland nicht als die 'Inkarnation des Bösen' betrachten, sonst wird es unmöglich sein, Verhandlungsbrücken für einen Ausweg zu bauen.“

David Pontes
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