Dienstag, 30. April 2019

euro|topics: Triumph und Niederlage in Spaniens rechtem Lager


Erstmals seit dem Ende der Franco-Diktatur wird wieder eine rechtsextreme Partei im spanischen Parlament sitzen: Vox, die sich für einen starken Zentralstaat und die "Verteidigung des Spaniertums" einsetzt, erreichte aus dem Stand rund zehn Prozent der Stimmen. Die Volkspartei PP muss hingegen die Zahl ihrer Abgeordneten halbieren. Wie kommt es zu den Erschütterungen in Spaniens konservativem Lager?
EL PAÍS (ES)

Was ist mit der Volkspartei passiert?

El País sucht nach Gründen, warum viele bisher treue PP-Wähler zu neuen Parteien des rechtskonservativen Spektrums abgewandert sind:
„Erstens schadeten die Korruptionsfälle dem Partei-Image. ... Zweitens gab die Katalonien-Krise den Mitbewerbern (Ciudadanos in der Mitte, Vox am extremen rechten Rand) die Chance, sich als legitime Repräsentanten in diesem für die PP-Wählerschaft wichtigsten Thema, der Territorialfrage, zu profilieren. Schließlich trug die starke Ideologisierung der neugewählten Parteiführung dazu bei, einen weiteren Stützpfeiler zu schwächen, der die verschiedenen Strömungen der Basis zusammengehalten hatte: eine 'weiche' Ideologie, die den Begriff konservativ im eigentlichen Sinne des Wortes verstand.“
Zum Originalartikel
Teilen auf
L'ECHO (BE)

Wähler ziehen Original der Kopie vor

Die PP hat mit einem Stimmverlust von 16,7 Prozent eine herbe Niederlage erlitten. Kein Wunder, hat sie doch einen bei Europas Konservativen verbreiteten Fehler wiederholt, erinnert L'Echo:
„In Großbritannien hat David Cameron aus Furcht vor Ukip den Brexit erfunden. In Ungarn hat sich Premier Viktor Orbán aus Angst, von Jobbik eingeholt zu werden, zum Verteidiger des Christentums und scharfen Kritiker des Islam ernannt, sich dabei jedoch in einer grotesken Rolle verfangen. In Brüssel hat die EU-Kommission während der Flüchtlingskrise auf Schließung und Verstärkung der Grenzen gesetzt und dabei ihre menschlichen Werte kaltblütig vernachlässigt. Diese ungeschickte Nachahmungsstrategie stärkt am Ende die extreme Rechte. Das ist die Regel, denn die radikalsten Wähler werden das Original immer der Kopie vorziehen.“
Vincent Georis
Teilen auf
Zum Originalartikel
IRISH EXAMINER (IE)

Enttäuschte Überläufer

Das Erfolgsrezept von Vox analysiert Irish Examiner:
„Das Wiedererwachen des spanischen Nationalismus ist Hand in Hand mit einer Wiederauferstehung des traditionellen spanischen rechtsextremen sozialen Konservatismus gegangen. Vox macht nicht nur gegen katalanische Separatisten und illegale Einwanderer, sondern auch gegen die Rechte von Frauen und Homosexuellen mobil. Und doch ist die extreme Rechte in der spanischen Demokratie nichts Neues. Die konservative spanische Volkspartei hat stets dem ganzen Spektrum rechter Wertvorstellungen eine politische Heimat geboten - von der gemäßigten bis zur extremen Rechten. Viele, die nun für Vox gestimmt haben, kommen vom rechtsextremen Flügel der Volkspartei, von der sie sich enttäuscht fühlen.“
Caroline Gray
Teilen auf
Zum Originalartikel
PÚBLICO (PT)

Extremismus als Ventil

Dass extremistische Parteien eine wichtige Funktion für ein politisches System erfüllen, glaubt Público:
„Was, wenn die sogenannten Extremismen, sowohl im linken als auch rechten Teil des politischen Spektrums, nicht notwendigerweise ein Angriff auf die Demokratie sind? Was, wenn sie eher ein Fluchtventil für die demokratischen Systeme selbst sind, das die Integration einer immer größeren Zahl unzufriedener Bürger in ihre Dynamik ermöglicht? ... Wenn wir uns die Stimmen anschauen, die Vox erhalten hat, ist es nur schwer vorstellbar, dass Spanien schlagartig von zehn Prozent diktaturbegeisterten Franco-Anhängern überrannt wurde. Denn viele von ihnen sind Jugendliche, die in diesem Jahrtausend geboren wurden.“
João Miguel Tavares
Teilen auf
Zum Originalartikel

Sonntag, 28. April 2019

Die Bundesregierung und ihr Umgang mit den Beschlüssen der Klimakonferenz von 2015

Die Bundesregierung wiederholt gegenwärtig den Fehler der deutschen Kfz-Industrie.
Statt zuzugeben, dass sie die Auflagen der Regierung nicht erfüllen konnte (oder wollte), hat die Kfz-Branche Betrugssoftware eingeführt und notwendige Veränderungen verschoben, bis sie in Rückstand gegenüber der Konkurrenz geriet.
Die Bundesregierung hat ihrerseits 2015 eine Abmachung unterschrieben, die sie jetzt nicht erfüllen kann (oder will). Jetzt so lange zu warten, bis es für erfolgreiche Änderungen zu spät ist, ist nicht Betrug, sondern Selbstbetrug. Jede Art von Betrug aber ist auf die Dauer keine erfolgreiche Strategie.

Dienstag, 23. April 2019

Greta Thunberg: Gebt uns unsere Zukunft zurück

"I was fortunate to be born in a time and place where everyone told us to dream big; I could become whatever I wanted to. I could live wherever I wanted to. People like me had everything we needed and more. Things our grandparents could not even dream of. We had everything we could ever wish for and yet now we may have nothing.
Now we probably don’t even have a future any more.
Because that future was sold so that a small number of people could make unimaginable amounts of money. [...]
You don’t listen to the science because you are only interested in solutions that will enable you to carry on like before. Like now. And those answers don’t exist any more. Because you did not act in time."

euro|topics: Was kann Selenskyj für die Ukraine erreichen?

Nach seinem deutlichen Sieg bei der Präsidentschaftswahl in der Ukraine mit 73 Prozent der Stimmen hat Wolodomyr Selenskyj angekündigt, die Korruption zu bekämpfen und den Konflikt im Donbass zu befrieden. Der politisch unerfahrene Selenskyj war als Schauspieler einer Comedy-Serie bekannt geworden. Kommentatoren reagieren mit gemischten Gefühlen auf die Wahl des Polit-Neulings.
TAZ, DIE TAGESZEITUNG (DE)

Der richtige Mann für den Frieden

Das Wahlergebnis ist eine Chance für den festgefahrenen Konflikt im Donbass, analysiert die taz:
„Der neue russischsprachige Präsident, dessen Ukrainischkenntnisse ausbaufähig sind, könnte das Freund-Feind-Schema durchbrechen und zum Versöhner und Brückenbauer in seinem Land werden. Sollte dieses - zugegebenermaßen recht ambitionierte - Unterfangen gelingen, böte sich vielleicht endlich auch ein Weg, um den Donbass dauerhaft zu befrieden. ... Zumindest die vage Möglichkeit einer Friedensperspektive für den Osten der Ukraine sollte für Brüssel Grund genug sein, sich auf Selenskyj einzulassen und ihn bis zum Beweis des Gegenteils zu unterstützen.“
Barbara Oertel
Teilen auf
Zum Originalartikel
 
ECHO MOSKWY (RU)

Von so einer Demokratie können Russen nur träumen

Die russische Radiosender Echo Moskwy äußert Respekt für die Reife des demokratischen Prozesses in der Ukraine, die im eigenen Land fehle:
„Bei uns wird es keine Debatten im Stadion geben - weil es überhaupt keine gibt. Und keinen zweiten Wahlgang. Und fraglich, ob wir jemals einen anderen Menschen im Kreml erleben werden als den gegenwärtigen. ... Das sollte uns in erster Linie Sorgen bereiten. Die Ukraine kommt schon alleine klar. Stellt sich Selenskyj als schlecht heraus, wählen sie eben jemand anderes. Sie sind das schon so gewohnt, dort geht das offenbar gar nicht anders. Aber für uns bleibt das weiterhin ein Traum und völlige Phantasterei.“
Anton Orech
Teilen auf
Zum Originalartikel
 
EVENIMENTUL ZILEI (RO)

Der nächste Erfolg eines Polit-Neulings

Der 41-jährige Schauspieler hat gewonnen, weil er bislang nichts mit Politik zu tun gehabt hatte, meint Evenimentul Zilei:
„Wir haben es mit einer Illusion zu tun, die große Verführungskraft besitzt und bislang noch nicht geplatzt ist, weil sie sich in der Realität noch nicht beweisen musste. ... Die unbedarfte Wählerschaft wird durch eine Antisystem-Kampagne verführt. Der Präsident der ukrainischen TV-Serie, den Wolodymyr Selenskyj gespielt hat, entspricht genau dieser neuen Illusion. Er ist ein Mann fernab des Systems, der von diesem ganz und gar zurückgewiesen wird, weil er nicht zur Clique gehört. Und nun kann er das machen, was die traditionellen Politiker nicht konnten. ... Der neue Typus Postpolitiker wird auch im Fall von Donald Trump in Amerika sichtbar, bei Beppe Grillo in Italien und bei Zuzana Čaputová in der Slowakei.“
Ion Cristoiu
Teilen auf
Zum Originalartikel
 
EESTI PÄEVALEHT (EE)

Wer nichts verspricht, kann nicht enttäuschen

Der Wahlsieg Selenskyjs wird die Ukraine kaum verändern, fürchtet Eesti Päevaleht:
„Selenskyj, der bislang nach dem Rezept 'keine Versprechen, keine Enttäuschungen' handelte, präsentierter bislang keine Ideen zur Lösung von Problemen wie Krieg, Korruption oder Auswanderung. Man kann nur ahnen, in welche Richtung sich die Ukraine unter Selenskyj bewegen wird. Die optimistische Version ist, dass der Druck der Kriegsveteranen aus dem Donbass und der Bürgerbewegung gegen Korruption Selenskyj in eine Entwicklung in Richtung Westen zwingen könnte. Aber darauf wetten, würde sich nicht lohnen.“
Zum Originalartikel
Teilen auf
 
DE VOLKSKRANT (NL)

Putin wittert seine Chance

Seine Unerfahrenheit ist Selenskyjs größtes Manko, glaubt De Volkskrant:
„Die wichtigste Frage ist, ob Selenskyj Putin gewachsen ist. Dieser hofft, dass er den Komiker dazu verführen kann, im Tausch für Investitionen in die schwächelnde ukrainische Wirtschaft einen Deal über den Status des Donbass abzuschließen, die von den prorussischen Separatisten kontrollierte Region. Auf diese Weise möchte Moskau die Sanktionen loswerden, die westliche Länder 2014 gegen Russland verhängt hatten. Selinskyj hat im Gegensatz zu Putin, der bereits mehrere hinterhältige militärische Operationen verantwortete, keinerlei militärische und diplomatische Erfahrung. Es besteht also die Gefahr, dass er sich täuschen lässt von dem gerissenen Herrscher des Kreml.“
Bert Lanting
Teilen auf
Zum Originalartikel
 
TAGES-ANZEIGER (CH)

Oligarchen-TV brachte Selenskyj den Sieg

Die fehlende Medienfreiheit in der Ukraine hat Selenskyj den Sieg geschenkt, glaubt der Tages-Anzeiger:
„Er war nur möglich, weil ukrainische Medien von Oligarchen dominiert werden, die bestimmen, wer in ihre Fernsehsender kommt - und wer nicht. Ex-Verteidigungsminister Anatolij Grizenko zum Beispiel, der ebenfalls Präsidentschaftskandidat war und seit Jahren glaubwürdig für Korruptionsbekämpfung und gegen die Interessen der Oligarchen auftrat, kann ein Lied davon singen: Er kam jahrelang praktisch nicht ins Fernsehen und bekam in einem Land, in dem sich 85 Prozent der Bevölkerung ausschliesslich über das Fernsehen informieren, nie eine nationale Bühne. Das Gleiche gilt für echte Reformparteien, die es in der Ukraine immer wieder gibt, über die aber in den Oligarchensendern kaum berichtet wird und die auch deshalb kaum je über den Rang von Kleinparteien hinauskommen.“
Florian Hassel
Teilen auf
Zum Originalartikel